Von: apa
Der vierte Gipfel der Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (CELAC) und der Europäischen Union ist am Sonntag in der kolumbianischen Küstenstadt Santa Marta mit einer gemeinsamen Erklärung zu Ende gegangen. Die Vertreterinnen und Vertreter der 60 Staaten einigten sich auf eine Vertiefung der politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Zusammenarbeit. Kanzler Christian Stocker (ÖVP) wurde durch Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) vertreten.
Unter anderem wird die EU den Partnern Zugang zum Copernicus-Satellitensystem gewähren. Damit sollen sie sich über Wetterphänomene frühzeitig informieren können. Außerdem soll im Rahmen der Global Gateway-Strategie der EU das Supercomputer-Netzwerk gestärkt werden, um die wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern.
In der Abschlusserklärung bekräftigten die Staats- und Regierungschefs ihr Bekenntnis zu Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechten sowie zu einer regelbasierten internationalen Ordnung. Beide Seiten betonten die Bedeutung des Multilateralismus.
Die Regionen sehen eine Bedrohung durch die aktuelle Dynamik im internationalen System. Die Außenbeauftragte der EU, Kaja Kallas sagte mit Blick auf die gemeinsame Geschichte, das Ziel sei, “gemeinsam alte Abhängigkeiten zu überwinden, ohne neue zu kreieren.”
Gemeinsame Interessen verfolgen
Gemeinsam machen die Länder rund ein Drittel der UNO-Mitglieder aus. Bei dem Treffen ging es auch darum, zu zeigen, dass sie dieselben Interessen verfolgen. Immer wieder wurde die Relevanz des Gipfels betont, der zunächst vor allem durch die Abwesenheit vieler Akteure mediale Aufmerksamkeit erregte. Auf europäischer Seite unterstrich man allerdings die entscheidende Rolle bilateraler und subregionaler Treffen und Abkommen, die sich in der jüngeren Vergangenheit gemehrt haben und zu regelmäßigem Austausch und einer engeren Zusammenarbeit führen.
Gastgeber Gustavo Petro sieht das Treffen als großen Erfolg, auch wenn das Verständnis für die spezifischen Herausforderungen in der jeweiligen Region begrenzt bleibt. Kallas erklärt zum Abschluss noch einmal: “Russland ist eine existenzielle Bedrohung für die EU.” Sie bittet die Partner um politische Unterstützung. Gemeinsam fordern sie die Neutralität des Panamakanals als globales Gut und erneuerten ihre Unterstützung für eine Zwei-Staaten-Lösung im Nahostkonflikt.
Zusammenhalt wichtig
Meinl-Reisinger betonte, dass es in puncto Sicherheit wichtig sei, dass “wir uns neue, verlässliche Partner nicht nur suchen, sondern ihnen auch mehr Aufmerksamkeit widmen”. In der Partnerschaft mit Lateinamerika biete sich das an, da die Staaten dieselben Werte teilten wie die Mitglieder der EU: “Multilateralismus, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit – also eine regelbasierte Weltordnung, in der es nicht darum geht, sich mit Stärke und Größe durchzusetzen.” Meinl-Reisinger postulierte, dass es vor allem für kleine Staaten wie Österreich wichtig sei, dass Regeln eingehalten und respektiert würden.
Mit Blick auf die Partnerregion sagte sie: “Es ist spürbar, dass hier vor allem kleinere, karibische Staaten massiv unter Druck geraten. Umso wichtiger ist es, dass wir zusammenhalten.” Die Außenministerin sprach diesbezüglich mit Vertreterinnen und Vertretern aus Kolumbien, Brasilien, Grenada, Barbados, Costa Rica, Mexiko, Chile und Jamaika.
Beim Thema Migration wird Meinl-Reisinger ein Abkommen über Mobilität unterzeichnen. In diesem Zusammenhang wird sie in der kolumbianischen Hauptstadt Bogotá auch eine Sprachschule besuchen, in der Kolumbianerinnen und Kolumbianer Deutsch lernen, um anschließend in Österreich in Pflegeberufen arbeiten zu können. Diese Initiative steht im Einklang mit einem Pflegepakt, der im Rahmen des Gipfels zwischen der EU und den CELAC-Staaten besprochen wurde.
Gleichzeitig verwies Meinl-Reisinger auf die Instabilität in der Region. Das Abkommen beinhalte auch die Bereitschaft der Länder, ihre Staatsbürger zurückzunehmen, wenn sie in der EU keinen Aufenthaltstitel erhalten.
Außenministerin in Bogotá
In Bogotá wird die Ministerin in den kommenden Tagen außerdem Vertreterinnen und Vertreter österreichischer Unternehmen treffen, die in der Region aktiv sind. Für sie sei es besonders wichtig, Rechtssicherheit, Klarheit und Zugang zum Recht zu gewährleisten. Sie betonte, dass dies nur durch internationale Abkommen möglich sei – vor allem durch Handelsabkommen.
Seit dem 1. Jänner 2024 ist ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Andenstaaten Kolumbien, Ecuador und Peru in Kraft. Das Abkommen mit den Staaten des Mercosur könnte noch in diesem Jahr abgeschlossen werden. “Es ist kein Geheimnis, dass ich sehr stark dafür werbe, dass auch Österreich dieses Abkommen unterstützt – gerade jetzt, wo wir sehen, wozu eine zunehmende Politik der nationalen Abschottung führt. Mit dem Abkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten entsteht die größte Freihandelszone der Welt mit mehr als 700 Millionen Menschen. Gerade in einer veränderten Weltlage braucht Europa, braucht Österreich neue Möglichkeiten. Wenn andere Mauern aufziehen, müssen wir Brücken bauen”, erklärte die Außenministerin.
Kampf gegen organisierte Kriminalität im Fokus
Meinl-Reisinger betonte, dass man stolz sei, in Wien den Sitz des UNODC – des Büros der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung – zu haben. Der Kampf gegen kriminelle Organisationen und den illegalen Drogenhandel sei auch für Österreich sehr wichtig, insbesondere mit Blick auf den Schutz von Kindern. Sie zeigte Verständnis für die Sorgen der USA: “Aber dieser Schutz muss auf internationalem Recht basieren – durch internationale Zusammenarbeit und natürlich unter Wahrung von territorialer Integrität und Souveränität.”
Mit den kolumbianischen Behörden funktioniere die Kooperation sehr gut, wie zuletzt die Zerschlagung eines Menschenhändlerrings in Tirol gezeigt habe. Eine Lösung sieht Meinl-Reisinger vor allem in Investitionen in Alternativen – sowohl im Hinblick auf den Drogenanbau als auch auf die Abholzung des Regenwaldes. “Das Wichtigste, um Klimaschutz voranzutreiben, ist, ökonomische Perspektiven zu schaffen”, ergänzte die Ministerin.
Am Montag werden die Vertreter der EU eine neue bi-regionale Initiative im Rahmen von Global Gateway ankündigen, die 6,86 Milliarden Euro umfasst und 24 Projekte im Bereich grüner Energie fördern soll. Team Europa stellt außerdem 2,73 Milliarden Euro bereit – die Europäische Investitionsbank bis zu zwei Milliarden Euro – in die Zusammenarbeit mit Partnern wie CELAC, OLADE, BID, CAF und weiteren. Der nächste CELAC-EU-Gipfel soll 2027 in Brüssel stattfinden.
(Von Maren Häußermann/APA)




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