Von: luk
Bozen – Was mit einer scheinbar harmlosen Online-Begegnung begann, endete vor Gericht. Ein 20-jähriger Südtiroler musste sich verantworten, weil er während einer erotischen Videochat-Unterhaltung heimlich Aufnahmen einer minderjährigen Jugendlichen machte. Der Prozess wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die Gefahren der digitalen Welt, sondern auch auf die Lücken in der Aufklärung über Sexualität und Internetnutzung.
Ein Südtiroler (20) ist vom Landesgericht Bozen wegen Besitzes und Herstellung von kinderpornografischem Material zu einer Freiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten verurteilt worden. Die Strafe wird nicht im Gefängnis vollzogen.
Der Angeklagte hatte während der Pandemie über eine Online-Plattform für Erwachsene Kontakt zu einem 15-jährigen Mädchen aufgenommen, das außerhalb Südtirols lebt. Nach ersten Chats über die Kamera beschlossen die beiden, sich auszuziehen. In diesem Moment fertigte der junge Mann heimlich Fotos der Minderjährigen an und speicherte diese auf seinem Laptop.
Monate später stieß die Postpolizei bei einer Überprüfung einschlägiger Internetseiten auf den Bozner. Bei einer Hausdurchsuchung wurden auf seinem Rechner dutzende Dateien mit kinderpornografischen Inhalten entdeckt. Darunter war auch die Aufnahme der 15-Jährigen.
Der Fall ging vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft forderte sieben Jahre Haft wegen Produktion und Besitz von kinderpornografischem Material. Das Gericht erkannte jedoch strafmildernde Umstände an und stufte den Fall als weniger gravierend ein. So blieb es bei einer Strafe von unter zwei Jahren.
Die Verteidigung unter Anwalt Nicola Nettis betonte, es habe weder Zwang noch Drohungen gegeben und sprach von einem einmaligen Vorfall, nicht von einem „Lebensstil“. Die Anklage hatte hingegen auf die besondere Schwere der Tat hingewiesen, da der Mann aktiv Bilder produziert habe.
„Naivität und fehlende Aufklärung“
Der Fall zeigt laut der Zeitung Alto Adige einmal mehr die Gefahren, die im Netz lauern. Antonella Brighi, Professorin an der Fakultät für Bildungswissenschaften der Freien Universität Bozen und Expertin für Cybermobbing, warnt: „Viele Jugendliche zeigen eine große Naivität, wenn sie sensible Daten oder ihr Gesicht Fremden preisgeben. Ihnen ist nicht bewusst, dass das, was online passiert, reale Folgen hat.“
Ein zentrales Problem sei der Mangel an Aufklärung. „Über Sexualität zu sprechen, gilt immer noch als Tabu, in der Schule wie zu Hause. So entsteht ein erschreckendes Bildungsdefizit“, so Brighi. Eltern wollten die Privatsphäre ihrer Kinder respektieren, Schulen scheuten sich vor dem Thema. „Am Ende bleibt ein gefährliches Vakuum, das Jugendliche ungeschützt ins Netz gehen lässt.“
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