Kritik der Ärzte-Gewerkschaften an neuer Privacy-Regel

Krankenhaus: “Patienten müssen öfter kommen und länger warten”

Sonntag, 14. Mai 2023 | 16:16 Uhr

Bozen – Die Gewerkschaften des öffentlichen Gesundheitsbereichs und die Ärztekammer üben Kritik an einer sich anbahnenden Regelung im öffentlichen Sanitätsbetrieb. Der Grund: Der Zugriff für Ärzte zur Elektronischen Patientenakte wird aufgrund des Datenschutzes eingeschränkt. Ab 31. Mai können die Mediziner nur noch einen Blick in diese Akte werfen, wenn ihre Patienten physisch zugegen sind oder stationär aufgenommen sind. Das habe auch Auswirkungen für die Patienten.

“Arbeit erschwert sich”

Laut der Zeitung Alto Adige erklärt Monica Oberrauch, Vizepräsidentin der Ärztekammer, dass mit dieser Maßnahme die Arbeit der Ärzte für ihre Patienten massiv erschwert werde. Die Elektronischen Patientenakte enthalte wichtige Informationen über jeden Patienten, auf die die Mediziner nun nicht mehr in Abwesenheit ihrer Schützlinge zugreifen können. Das sei eine Ausweitung der ohnehin schon überbordenden Bürokratie.

“Viel Arbeit geschieht hinter den Kulissen”

Auch vonseiten den Gewerkschaften wie der Anaao oder der Bsk hagelt es Kritik. Dr. Ivano Simioni (Bsk – Gewerkschaft der Krankenhausärzte) zeigt auf, was seiner Ansicht nach mit der Änderung geschehen werde: “Wir verlieren viel Zeit. Visiten dauern dann mindestens doppelt so lange, weil sich der Spezialist erst dann einlesen kann. Außerdem können die Ärzte einen Fall nicht mehr im Team besprechen – etwa bei der Therapie von Krebspatienten.” Simioni schildert weiter, dass ein Teil der Ärzte-Arbeit hinter den Kulissen geschehe, wenn der Patient eben nicht anwesend sei.

Angst vor Klagen?

Dr. Edoardo Bonsante von der Ärztegewerkschaft Anaao äußert sich ähnlich. Der Kardiologe geht davon aus, dass die Direktion die Regelung aus Angst vor Privacy-Klagen einführt. Er spricht von einem Rückschritt. “So wird unsere Arbeit komplizierter und die Patienten müssen häufiger vorstellig werden, weil man künftig Sachverhalte nicht mehr über Telefon oder E-Mail erledigen kann. Dinge, wie die Kontrolle von Befunden oder die Erstellung eines Therapieplans können nicht mehr einfach so vom Arzt erledigt und dem Patienten am Telefon weitergegeben werden”, so Bonsante. Das gehe nur mehr in Anwesenheit des Patienten.

“Patienten müssen öfter kommen und länger warten”

Bonsante weiter: “Patienten werden länger im Wartesaal warten. Bei der Visite hat der Arzt dann mehr Druck mit dem Risiko, dass sich dadurch Fehler häufen.” Es sei in dieser ohnehin schwierigen Phase so ziemlich das Letzte, was man brauche, meint der Arzt und Gewerkschafter.

Sanitätsbetrieb: “Datenschutz muss beachtet werden”

Sanitätsdirektor Josef Widmann ist sich bewusst, dass sich dadurch in bestimmten Fällen eine zusätzliche Auflage ergibt, allerdings sei den Vorgaben des Datenschutzes Rechnung zu tragen. „Um den Übergang möglichst gut zu gewährleisten“, so Josef Widmann, „hat die Direktion eine Arbeitsgruppe einberufen, die in diesen Tagen allfällige auftretende Problematiken bespricht, um schnellstmöglich Lösungen zu erarbeiten.“

Von: luk

Bezirk: Bozen