Blasses Edelweiß hofft auf Anschub – ein Kommentar

KurzBesuch: Ein Österreicher als „Stargast“

Donnerstag, 20. September 2018 | 09:11 Uhr

Bozen – Die Industriehalle in Bozen Süd glich anlässlich des Wahlkampfauftakts der SVP eher der Location eines Popkonzerts als einem Ort einer politischen Veranstaltung. Aber der Star war weder Landeshauptmann Arno Kompatscher noch SVP-Parteisekretär Philipp Achammer, die als eingespieltes Duo seit mehreren Jahren dem Land und dem Edelweiß vorstehen, sondern der junge Kanzler der Alpenrepublik, der seinen Gegnern in Österreich und Europa zum Trotz inzwischen im Mittelpunkt europäischer Politik steht. Die Tausendschaft SVP-Anhänger jubelte ihrem eigentlichen Idol zu, als sei er ein Popstar.

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Und der „Stargast“ wusste sein Publikum zu streicheln. „Wir schauen oft neidig, bewundernd nach Südtirol, das uns immer ein echtes Herzensanliegen ist“, erklärte der Kanzler und verwies auf Vollbeschäftigung und einen boomenden Tourismus. Die SVP sei eine „starke Schwesterpartei“, zu der „wir aufsehen“, so Kurz in seiner Laudatio.

Die Rechnung der SVP-Granden scheint aufzugehen. Weit über die engen heimischen Grenzen hinaus gingen strahlende Bilder in die Welt. Die Hoffnung der Edelweißler, dass der KurzBesuch die Schattenseiten der letzten Jahre – Sanität, Migration und das manchmal etwas blasse Auftreten des Führungsduos – vergessen macht, lebt.

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Diese Hoffnung wird auch dadurch genährt, dass die Opposition auch nur mit Wasser kocht. Die stärkste Oppositionspartei – die skandalgebeutelten Freiheitlichen – wollen Kurz mit Strache und Hofer kontern. Allerdings stehen Strache und Hofer in Österreich selbst im Schatten des jungen und dynamischen Strahlemanns Kurz. Das politische Ende Haiders in der Ära Schüssel weckt bei den Freiheitlichen böse Ahnungen. Kurz, der es intelligent versteht, einmal als harter Mann und ein andermal als geschmeidiger Diplomat – nicht zuletzt in der Doppelpassfrage – aufzutreten, wirkt auf viele Österreicher vertrauenswürdiger.

Ob der „Star“ – Kurz – und die „Sternchen“ – Strache und Hofer – aus Österreich das Südtiroler Wahlduell mitentscheiden werden? Das zu glauben, wäre vielleicht zu vermessen, aber für einen kleinen Schub reicht es allemal.

Von: ka

Bezirk: Bozen