Südtiroler WM findet nur im Fernsehen statt – ein Kommentar

Müde Stimmung: Keine Fahnen und keine Autokorsos

Donnerstag, 21. Juni 2018 | 14:56 Uhr

Bozen – Der heiße Südtiroler Frühsommer treibt die Südtirolerinnen und Südtiroler in die Lidos, an die Ufer der Seen oder auf die Berge. Nur die ganz eingefleischten Fußballfans verbringen den Nachmittag vor dem Fernseher, um sich ein WM-Spiel anzusehen. Der Rest tut das bestenfalls am Abend und oft auch nur, weil es sonst nichts Sehenswertes gibt.

In der abendlichen Stadt ist der Kontrast zu früheren Europa- und Weltmeisterschaften noch eklatanter. Kein Public Viewing, keine Autokorsos, keine kleine Fanmeile, kaum Fahnen und noch weniger in Trikots gekleidete Fans. Da waren frühere WMs und EMs ganz anders. Besonders wenn Deutschland oder Italien spielten, gingen beim Public Viewing schnell die Plätze aus. Überall Fans, Fahnen und, wenn die „richtige“ Mannschaft gewann, „deutsche“ oder „italienische“ Autokorsos. Wenn nicht, zogen halt die Fans sich gegenseitig tröstend oder gar manch kleine Träne vergießend, traurig nach Hause. Aber wie auch immer es der Fußballgott mit „seinen“ Fans meinte, so waren doch immer große Emotionen dabei.

Alto Adige

2018 hingegen gibt der Südtiroler WM-Sommer ein trauriges Bild ab. Seit der vermasselten WM-Qualifikation gegen Schweden sind die Azzurri das erste Mal seit Menschengedenken zum Zuschauen verdammt, was italienweit die Stimmung zum Nullpunkt zog. Das „italienische“ Bozen ist da keine Ausnahme. Das bunte und nicht von allen gerne gesehene Fanspektakel der Tifosi bleibt heuer aus. Dabei sieht der Sommer der Landeshauptstadt aus, als fände die WM auf einen anderen Planeten ab. Die Deutschlandfans hingegen freuten sich riesig auf die WM. Nach dem Südtirolaufenthalt der „Mannschaft“, die der deutschen Elf immer noch Glück gebracht hatte, durfte gar von der Titelverteidigung geträumt werden. Aber aus dem ersten Autokorso wurde nichts. Lange Gesichter blickten in leere Biergläser. Nach der gerade spielerisch und kämpferisch enttäuschenden historischen Niederlage gegen Mexiko stehen die Deutschen bereits jetzt mit dem Rücken zur Wand.

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Mancher mag sich über die Ruhe und dem Ausbleiben der üblichen ethnischen Provokationen freuen, aber für viele ist es heuer einfach nur traurig und langweilig. Außer ein paar Polemiken ist nie etwas Ernsthaftes passiert und Südtirol hat es noch nie geschadet, wenn alle zwei Jahre drei oder vier Wochen Rambazamba herrscht.

Aber es nutzt nichts. Schalten wir den Fernseher ein und holen uns ein kühles Bier aus dem Kühlschrank. Heuer findet die Südtiroler WM halt leider nur in der Glotze statt.

 

Von: ka

Bezirk: Bozen