Von: luk
Bozen – Vor dem Bozner Landesgericht wird am Donnerstagnachmittag um 14.45 Uhr eine Demonstration gegen Gewalt an Frauen stattfinden. Der Anlass ist die Fortführung eines Prozesses gegen einen 41-jährigen Mann, der vor zwei Jahren in Bozen versucht hat, seine Frau auf offener Straße mit zehn Messerstichen zu töten.
Die Frau hat die Attacke glücklicherweise überlebt, muss seitdem mit ihren drei Kindern aber an einem geheimen Ort leben. Der Täter befindet sich derzeit auf freiem Fuß. Auch gegen diesen Umstand richtet sich der heutige Protest vor dem Gerichtsgebäude.
“Wir verlangen, dass ein greifbares Zeichen gegen männliche Gewalt an Frauen gesetzt wird, für M.C. und alle anderen Frauen, die von Gewalt betroffenen sind”, so der Verein GEA “Gegen Gewalt an Frauen”. Und weiter: “Zwei Jahre nach dem versuchten Mord soll nun endlich und ohne weitere Aufschiebung ein Urteil gefällt werden. Es ist an der Zeit, dass der verdrehten Welt in der das Opfer abgeschieden und versteckt leben muss, der Täter hingegen seine Freiheit genießt, ein Ende gesetzt wird. Der Angeklagte lebt frei, ohne jegliche Aufenthalts- oder Unterschriftspflicht, ohne elektronische Kontrolle. Auch für viele andere Frauen, die den Mut aufgebracht haben, ihren Peiniger anzuzeigen, ist all das leider traurige Realität.”
Die Verteidigung des Täters wollte aufgrund der Demonstration die Verhandlung verlegen lassen. Die Richter kamen aber zu dem Schluss, dass die Proteste keinen Einfluss auf die Entscheidungsfindung des Gerichts haben.
Der Hintergrund im Detail
Am 1. März 2019 wurde eine junge Frau, Mutter von drei Töchtern, am helllichten Tag in Bozen vor den Augen ihrer jüngsten Tochter mit Messerstichen in den Hals, ins Gesicht und in den Unterleib attackiert.
Die Frau hatte ihren Mann bereits wegen häuslicher Gewalt angezeigt und um Schutz gebeten. Diesen fand sie in einer geschützten Einrichtung. Bereits einen Monat vor dem Angriff hatte sie mit ihren Töchtern Zuflucht in einem Frauenhaus mit geheimer Adresse gefunden.
Als Folge des Angriffs befand sich die Mutter lange Zeit zwischen Leben und Tod, ihr Körper drohte zu kollabieren. Nach einem langen Krankenhausaufenthalt war sie bis zum Sommer 2019 in einer Reha-Einrichtung. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde sie wieder mit ihren drei Töchtern vereint und lebt seitdem an einem geschützten Ort.
Ihr Ehemann, der kurz nach der Tat verhaftet und wegen des versuchten Mordes angeklagt wurde, wurde am 17.09.2019, also sechs Monate nach der Tat, aus der Haft entlassen. Er hatte zunächst eine Aufenthaltspflicht, ist nun aber auf freiem Fuß, da die Fristen der Vorbeugemaßnahmen abgelaufen sind.
Bis heute lebt die Mutter mit ihren Töchtern versteckt an einem geschützten Ort. Der Ex-Ehemann ist frei.