Vortrag über Brustkrebs in Meran

Qualität ist besser als billig

Mittwoch, 28. November 2018 | 13:27 Uhr

Meran – Vorsorge und Früherkennung sind zusammen mit der Therapie, die Pfeiler auf denen die Krebs-Bekämpfung ruht. Die Südtiroler Krebshilfe investiert viel in Aufklärung und Information: über neue Medien, Radiospots, Pressekonferenzen und Vorträge. Die Krebstherapie in Südtirol entspricht modernsten Standards, aber noch immer zu wenige Südtiroler nehmen das Angebot der Vorsorgeuntersuchen wahr. Ein Vortragsabend in Meran Ende November, organisiert von der Südtiroler Krebshilfe, befasste sich mit dem Thema Brustkrebs und Ernährung sowie mit den neuesten Erkenntnissen für Diagnose und Therapie. Referenten waren die niedergelassene Bozner Internistin Cristina Tomasi, die sich nach 20 Jahren Schulmedizin nun auch alternativen Formen der Medizin widmet und Dr. Herbert Heidegger, Primar der Gynäkologie am Krankenhaus Meran und Direktor des Brustkrebszentrums Brixen-Meran. Der volle Saal zeigte, wie sehr das Thema Krebs im Brennpunkt steht.

Ein Schulmediziner und eine frühere Schulmedizinerin, die sich mit orthomolekularer Medizin, Ernährungstherapie u. ä. m. beschäftigt. Das Publikum durfte sich auf einen spannenden Abend freuen. Der Vortrag von Dr. Tomasi, die wie sie vorausschickte, selbst auch Tumorpatientin war, sorgte denn auch für einige Überraschungen. Sie stellte einige Dogmen der Schulmedizin zumindest in Frage, wie z. B. die Regel der fünf Mahlzeiten täglich oder als sie zum (vernünftigen) Verzehr von rotem Fleisch, allerdings nur aus artgerechter Haltung riet oder im Rahmen möglicher therapiebegleitender Ernährungstheorien auch die ketogene Diät vorstellte. Diese beruht auf dem Konzept, einerseits den Zuckerkonsum auf ein Minimum zu reduzieren und gleichzeitig viel Fett zu konsumieren. Krebspatienten sollten sich auf jeden Fall immer mit ihrem Onkologen und einem Ernährungsspezialisten beraten.

Das Um und auf bei der Ernährung – und das nicht nur, wenn man erkrankt ist – sei in jedem Fall die Qualität der Lebensmittel. “Hirn einschalten beim Einkaufen”, rief Dr. Tomasi die Anwesenden auf. Frische und natürliche Produkte ohne Lebensmittelzusätze, Konservierungsstoffe, Farbstoffe oder unnötigen Zucker aus regionaler Herstellung seien unbedingt den Produkten der multinationalen Lebensmittelhersteller vorzuziehen. Fleisch aus artgerechter Haltung sollte auf dem Speisezettel ebenso wenig fehlen wie Fisch, vornehmlich sogenannte Fettfische aus kalten Meeren wie Makrelen, Heringe oder Lachs, die aufgrund ihres Gehalts an Omega-3-Fettsäuren und Vitamin D als ernährungsphysiologisch besonders wertvoll gelten. Kaltgepresstes Olivenöl sei ein authentischer Gesundmacher, zum Kochen könne auch Kokosfett oder Schmalz verwendet werden. Abzuraten sei von Mais-, Samen- und Sonnenblumenöl. Leinöl, Sesamöl und Kürbisöl sollten laut Dr. Tomasi hingegen nur kalt gegessen werden und im Kühlschrank aufbewahrt werden. “Nach sechs Monaten aber bitte entsorgen!”

Die Internistin warnte vor dem Verzehr von Billigprodukten. “Unter einem gewissen Preis kann ein Lebensmittel nicht nachhaltig und natürlich hergestellt sein!” Auch sogenannte “Light-Produkte” und Frittiertes aus Großküchen sollten nicht nur Krebspatienten von ihrem Speisezettel streichen, ebenso wie genmanipulierte Lebensmittel. Tomasi riet den Patienten sich ein Diät-Tagebuch anzulegen, um sich bewusst zu werden, was man tatsächlich Tag für Tag zu sich nehme. Zu achten sei außerdem auf eine gute Darmtätigkeit. Die Internistin warnte vor dem Konsum von zu vielen Kohlehydraten, die letztlich versteckte Zucker seien. Also weniger Brot, Gebäck, Cracker und Pasta und dafür mehr proteinhaltige Lebensmittel. “Für mich ist immer eine gute Regel, sich vor Augen zu halten, was unsere Großeltern gegessen haben. Sojajoghurt, Reismilch oder Tofuburger mit Sicherheit nicht!” Dafür aber Saisongemüse. Bei Obst rief sie aufgrund des Zuckergehalts zur Vorsicht auf. Eine ausgewogene und abwechslungsreiche und appetitanregende Ernährung sei während einer Krebserkrankung (und nicht nur) ebenso wichtig wie ausreichender, der eigenen biologischen Uhr entsprechenden gesunder Schlaf und regelmäßige Bewegung.

Dr. Herbert Heidegger, Primar der Gynäkologie in Meran und Direktor des Brustkrebszentrums Brixen – Meran hatte seinen Vortrag unter den Titel, “Neue Wege – Neue Hoffnung” gestellt. Jeder zweite Mensch erkranke im Laufe seines Lebens an Krebs. Jede achte Frau in Europa an Brustkrebs und jede 70. an Eierstockkrebs. “Aber Krebs ist eigentlich eine Alterserkrankung und die Sterblichkeit sinkt seit Jahren,” betonte Heidegger. “In meiner Abteilung beträgt die Überlebensrate nach fünf Jahren 87 Prozent!” Allerdings erkrankten zunehmend junge Frauen, auch schon ab 30 oder jünger an Brustkrebs. “Deshalb müssen wir das Screening überdenken! Ab 50 ist zu spät!”

Eine frühe Diagnose sei die beste Voraussetzung, um einen Krebs zu heilen. “Aber in Südtirol ist Vorbeugung trotz aller Aufrufe immer noch unpopulär! Nur 55 Prozent der Frauen nehmen derzeit die Einladung zur Mammographie wahr. Wir brauchen heute eine individuelle und risiko-orientierte Früherkennung.” Dank moderner Geräte wie Computertomographie, PET CT und Magnetresonanz können mittlerweile schon früheste Krebsstadien erkannt werden.” Ein früh erkannter Krebs, der noch nicht gestreut habe, sei in den meisten Fällen heilbar. “Liegen Metastasen vor, wird Krebs zur chronischen Krankheit wie Diabetes oder Bluthochdruck.”

Chemotherapie und Strahlentherapie , führte Heidegger weiter aus, werden heute zunehmend unterstützt, wenn nicht gar ersetzt von Antikörpertherapie, Hormontherapie, von Pharmaka, die die Blutzufuhr des Tumors blockieren, stellte Primar Heidegger fest. “Wir haben immer mehr Möglichkeiten, das Identikit jedes einzelnen Tumors zu erstellen und ihn entsprechend zu behandeln. Die richtige Therapie für jede einzelne Patientin.” Wichtig sei es, bei der Behandlung auch auf die Kompetenz und das Bauchgefühl der Patientin zu setzen. Gesunde Ernährung, Kontrolle des Gewichts, sportliche Betätigung… es gibt vieles, was Patientinnen aktiv zu ihrem Heilungsprozess beitragen können. 70 Prozent der Krebsfälle hingen vom Lebensstil ab, rund 30 Prozent von genetischen Defekten, darunter auch BRCA1 und BRCA2. In diesem Zusammenhang gewinne das Thema der prophylaktischen Mastektomie und der Eierstockentfernung an Aktualität. Heidegger: “Wie auch immer sie ausfällt, es braucht Mut zur Entscheidung, es heißt individuell, risikoadaptierte Entscheidungen treffen.” Die Zukunft der Krebstherapie liege in einem interdispziplinären Ansatz mit dem Fokus der Lebensqualität und der Lebensverlängerung.

Von: mk

Bezirk: Burggrafenamt