Glückliche Wende – und doch viele Fragezeichen

Seniorin von ihrer Familie isoliert – Wiedersehen mit der Tochter

Montag, 26. November 2018 | 11:01 Uhr

Meran – Die RAI-Sendung „Chi l´ha visto?“ hat sich im Oktober mit einem Fall aus Südtirol befasst, der unglaublich klingt. Weil sich eine Frau aus Meran mit dem Personal einer Pflegeinrichtung angelegt und bestimmte Methoden in Zweifel gezogen hat, konnte sie ihre 82-jährige Mutter nicht mehr sehen. Die Seniorin wurde in ein anderes Heim verlegt und praktisch vor ihrer Tochter versteckt. Niemand teilte der Tochter mit, wo sich ihre Mutter aufhielt. Wie die Tageszeitung Alto Adige berichtet, ist es nun jedoch zu einer glücklichen Wendung gekommen.

Christine aus Meran, die an einer Oberschule Deutsch und Latein unterrichtet, darf ihre Mutter wieder umarmen. Bei der letzten Ausgabe der Sendung „Chi l´ha visto?“ wurde gezeigt, wie die 82-Jährige ihre Tochter wiedersieht – ein sehr emotionaler Moment. Die Seniorin hat offenbar nicht damit gerechnet.

Christine wusste nicht, wo ihre Mutter Regina in den vergangenen Monaten untergebracht worden war.

Doch wie ist es so weit gekommen? In der Vergangenheit hatte es immer wieder – auch lautstarken Auseinandersetzungen – zwischen Christine und dem Personal in der ersten Pflegeeinrichtung gegeben, in der sich ihre Mutter aufgehalten hatte, die schließlich in einem Rechtstreit mündeten. Per Gericht wurde darauf das Besuchsrecht der Tochter eingeschränkt – zum Wohle der Mutter, und um die Ruhe im Pflegeheim zu wahren.

Nachdem die Tochter diese Einschränkungen mehrmals missachtet hatte und es zu weiteren Auseinandersetzungen gekommen war, hat das Gericht angeblich eine weitaus drastischere Maßnahme beschlossen. Die Mutter wurde einfach in eine andere Pflegeeinrichtung verlegt, von der die Familie nicht in Kenntnis gesetzt wurde. Dadurch blieb die Seniorin praktisch vor ihren eigenen Angehörigen versteckt. Die Akten seien unter Verschluss, sodass die Tochter nicht einmal Rekurs einreichen kann, erklärte Christines Anwältin.

Dass Christine sich nicht um ihre Mutter kümmern oder sie gar verletzen würde, wurde in vergangenen Ermittlungen bereits widerlegt. Im Gegenteil: Die Frau aus Meran scheint sich große Sorgen um ihre Mutter zu machen und eine enge Beziehung zu ihr zu pflegen.

Auch die Pflegerinnen in der neuen Einrichtung bestätigten vor laufender Kamera, dass Regina immer wieder nach Christine gefragt habe. Drei Monate lang war die Seniorin von ihrer eigenen Familie isoliert. Der 82-Jährigen wurde auch das Handy abgenommen, sodass sie ihre Angehörigen nicht informieren konnte.

Die Reportage zeigte, wie Christine ihrer Mutter unter Tränen zu erklären versucht, warum sie die ganze Zeit nicht da sein konnte. Offenbar hatten sich einige Zuschauer gemeldet und den Verantwortlichen von „Chi l´ha visto?“ Hinweise geliefert, wo sich Regina aufhalten könnte.

Darauf rief die Journalistin auch Reginas Schwester Rossana an, die ebenfalls verzweifelt war, weil sie nicht wusste, wo sich Regina aufhielt.

Wegen der Kameras tauchte schließlich auch ein Carabiniere auf. Für den endgültigen Überraschungseffekt sorgte allerdings der Verantwortliche der zweiten Struktur selbst. Dieser erklärte – ebenfalls vor laufender Kamera –, dass es im Moment kein Dekret gebe, dass das Besuchsrecht der Tochter einschränke. Christine kann demnach ihre Mutter sehen, wann immer sie will.

Trotz der Freude bleibt die beunruhigende Frage: Wie kann eine ältere wehrlose Frau von Institutionen eigenmächtig von ihrer Angehörigen isoliert werden, ohne dass sie sich etwas zu Schulden kommen ließ? Die Hoffnung besteht nun, dass Christine und ihre Tante erfahren, auf welcher gesetzlichen Grundlage so etwas möglich ist.

Von: mk

Bezirk: Burggrafenamt