Von: mk
Bozen/Meran – Das Terror-Schwurgerichtsverfahren in Bozen gegen Mullah Krekar und fünf mutmaßliche Getreue hat am Montag in Abwesenheit der Angeklagten begonnen, berichtet das Tagblatt Dolomiten. Das Gericht hat den Einwand von Amtsverteidigerin Enrica Franzini abgeschmettert, wonach der Mullah berechtigt sei, am Prozess teilzunehmen, aus Norwegen aber nicht ausreisen könne.
Franzini hatte beanstandet, dass der 60-jährige Mullah, der im Irak geboren ist, 2010 in Norwegen vom Terrorverdacht freigesprochen worden war. Krekar könne nicht in derselben Sache vor Gericht gestellt werden. Außerdem würden seine Rechte verletzt: Der Mullah sei zwar auf freiem Fuß, seit Italien im Herbst des Vorjahres auf eine Auslieferung verzichtete. Doch schon 2003 hätten die norwegischen Behörden seine Identitätskarte eingezogen. Er könne nicht ausreisen. Falls er das Land verlässt, könne er nicht zurück nach Norwegen, wo seine Familie lebt. Das hatte der norwegische Anwalt des Mullah Franzini erst am Sonntag per E-Mail mitgeteilt.
Für das Gericht in Bozen reichte das Schreiben allerdings nicht aus. Stattdessen wurden offizielle Dokumente über den Freispruch und die eingezogenen Reisepapiere verlangt. Krekar könne die Unterlagen zwar nachreichen, vorerst geht der Prozess aber weiter.
Ein Prozess, in dem bei so manchem Beteiligten ein mulmiges Gefühl vorherrschen dürfte. Die Geschworenen baten darum, nicht fotografiert zu werden. Die Gutachter, die bis zum nächsten Verhandlungstermin am 23. Oktober E-Mails und Abhörungen übersetzen, wurden hinter verschlossenen Türen vereidigt.
Aus dem Material gehen laut den Ermittlern eindeutige Kontakte zur gesprengten, mutmaßlichen IS-Zelle in Meran hervor. Neben dem mutmaßlichen Drahtzieher von „Rawti Shax“, Mullah Krekar, sind fünf Männer angeklagt, die dessen Führungsriege sein sollen. Alle befinden sich auf freiem Fuß.
Der 43-jährige Iraker Kamil Jalal Fatah, der in Norwegen wohnhaft ist, soll während Krekars Inhaftierung vom März 2012 bis März 2016 im Gefängnis „Kongsvinger“ in Oslo die Kontakte zu Adepten auf italienischem Staatsgebiet gepflegt haben. Unter ihnen war laut Anklage auch der 28-jährige Abdul Rahman Nauroz, der in Meran wohnte und sechs Jahre im Hochsicherheitsgefängnis absitzen muss. Er war erst kürzlich vom Bozner Berufungsschwurgericht verurteilt worden, drei Mitangeklagte wurden zu je vier Jahren Haft verurteilt.
Der 39-jährige Iraker Rahim Karim Twana, der ebenfalls in Norwegen wohnhaft ist, soll für die Ausbildung und Radikalisierung von Gefolgsleuten zuständig gewesen sein, der 34-jährige Iraker Hamasalih Wahab Awar, der in Großbritannien wohnhaft ist, habe sich um die finanziellen Belange der Organisation gekümmert. Der 33-jährige Iraker Rahman Abdul Zana Rahim, der in Norwegen wohnt, sei der „Pressemann“ des Mullah, er habe dessen radikales Gedankengut über Internetplattformen verbreitet. Auch der Wirkungskreis des 39-jährigen Irakers Bakr Hamads, der in Großbritannien wohnhaft ist, sei die virtuelle Propaganda gewesen, durch die bei Moslems mit brutalen Gewaltvideos Hassgefühle auf den Westen und Antisemitismus geschürt worden seien.