Der Flüchtling hätte legal weiterreisen dürfen

Tod von Abeil Temesgen [17] war völlig umsonst

Freitag, 25. November 2016 | 12:00 Uhr
Update

Bozen – Abeil Temesgen (17) aus Eritrea, der in Bozen auf einen Güterzug aufspringen wollte, um illegal über die Grenze nach Norden zu gelangen und dabei gestorben ist, hätte dies nicht tun müssen, berichtet das Tagblatt Dolomiten am Freitag.

Sein Tod war somit völlig umsonst. Denn als minderjähriger und unbegleiteter Flüchtling hätte er legal nach Deutschland einreisen dürfen. Ihm wäre das Recht auf Familienzusammenführung zugestanden.

Abeil wollte zu seinem Bruder nach Deutschland. Und die Aussichten auf einen positiven Asylbescheid als Flüchtling aus Eritrea – wo Folter, Sklarerei, Tötungen, Vergewaltigung und Verfolgung herrschen – wären gut gewesen.

Er hätte sich zusammen mit seinem Bruder in Deutschland eine neue, eine sichere Zukunft aufbauen können. Dieser wird heute in Bozen erwartet, gemeinsam soll dann auch entschieden werden, was mit der Leiche des Verunglückten passiert.

„Minderjährige Flüchtlinge darf man rein theoretisch an keiner Grenze abweisen“, sagt Rechtsberater Thomas Brancaglion. „Sie haben ein Recht auf Aufenthalt. Wenn es, wie in diesem Fall, in der EU einen nahen Angehörigen gibt, dann hat der minderjährige unbegleitete Flüchtling das Recht auf Familienzusammenführung. Er müsste sogar offiziell begleitet werden.“

„Ein Manko in Südtirol, auf das Freiwilligenorganisationen schon lange hinweisen“, sagt Brancaglion den „Dolomiten“ weiter. Immer wieder berichteten freiwillige Helfer von Minderjährigen auf der Straße, die einfach dem nächstbesten anvertraut würden. Abeil Temesgen hätte also in keinem Fall auf diesen Güterzug springen müssen, um nach Deutschland zu gelangen.

Staatsanwältin Luisa Mosna hat indes die Ermittlung eingestellt, eine Mitverantwortung Dritter am Tod von Abeil Temesgen gibt es nicht.

Von: luk

Bezirk: Bozen

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