Von: mk
Bozen/Bruneck – Staatsanwalt Axel Bisignano spricht von einem „signifikanten Alarmsignal“. Wie im Rahmen einer Pressekonferenz am heutigen Montag bekannt gegeben wurde, haben die Carabinieri von Bruneck einen 29-jährigen Südtiroler festgenommen, nachdem ein Mann nach dem Konsum von Drogen ums Leben gekommen war. Nach Einschätzung der Ermittlungsbehörden handelt es sich um den ersten in Italien registrierten Todesfall durch eine Überdosis des hochgefährlichen, synthetischen Opioids Nitazen. Der 29-Jährige gilt als mutmaßlicher Drogendealer.
Das Opfer, ein 28-jähriger Mann aus Bruneck, starb bereits vor rund einem Jahr. Die wahre Todesursache und die daraufhin erfolgte Festnahme wurden jedoch erst jetzt bekannt.
Zunächst keine Hinweise auf Drogenkonsum
Wie der Bozner Staatsanwalt Axel Bisignano erklärte, gab es zunächst keinen Verdacht auf eine Überdosis. Am Fundort der Leiche fehlten jegliche Spuren wie Spritzen, Zigarettenstummel oder andere Hinweise, die auf den Konsum von Drogen hingedeutet hätten. Die Ermittler gingen daher zunächst von einem natürlichen Tod durch ein Herz-Kreislauf-Versagen aus.
Es folgte eine äußerst aufwendige und komplexe Untersuchung, in die auch die Abteilung für Spurensicherung RIS der Carabinieri aus Rom involviert war. Demnach wurden auch chemische Analysen durchgeführt. Die Ermittlungen wurden zudem auf europäischer Ebene koordiniert, da es sich um eine neuartige Droge handelt, die auch international Aufmerksamkeit erregt hat.
„Eine Bombe, viel stärker als Fentanyl“
Für Südtirol sieht Staatsanwalt Axel Bisignano in dem Fall ein „signifikantes Alarmsignal“. Er berichtete von bereits 35 gemeldeten Vorfällen im Zusammenhang mit dieser Substanz in der Region, die oft über das Darknet erworben werde.
Bisignano warnte bei der Pressekonferenz eindringlich vor der extremen Gefährlichkeit dieser neuen synthetischen Drogen. „Es handelt sich um eine Bombe – viel stärker als Fentanyl“, betonte der Staatsanwalt.
Alufolie als Spur
Wie die Carabinieri bekanntgeben, ist der 28-Jährige in Bruneck am 10. September 2024 innerhalb des Geländes einer Firma gestorben. Im Zuge der Tatortbesichtigung waren Fragmente von Alufolie sichergestellt worden, die der junge Mann zum Konsum von Betäubungsmitteln verwendet hatte. Die anschließenden Analysen ergaben, dass die gefundenen Drogenspuren einem synthetischen Opioid zuzuordnen waren.
Nachfolgende Ermittlungen der Carabinieri von Bruneck unter der Koordination von Staatsanwältin Federica Iovene sowie Staatsanwalt Axel Bisignano ermöglichten es, den Beschuldigten zu identifizieren. Dieser wurde aufgrund eines Vollstreckungsbefehls festgenommen, da er dem Verstorbenen die Droge überlassen und in ungewollter Folge dessen Tod verursacht haben soll. Zudem wird der Mann in zahlreichen Fällen des Ankaufs und Imports von synthetischen Opioiden aus dem Ausland beschuldigt – mit der Absicht, diese später zu verkaufen.
Extrem hohes Risiko
Für Strafbestanderhebung war das technische Gutachten der Spurensicherer des RIS in Rom von Bedeutung. Dieses belegte im Blut des Opfers die Anwesenheit von N-Pyrrolidinoprotonitazepin (Protonitazepin), einem synthetischen Opioid. Dies führte zu der Annahme, dass der Konsum einer geringen Menge dieser Substanz kurz vor dem Tod erfolgt war, zumal die gleiche Substanz auf einem Aluminiumfragment nahe der Leiche gefunden wurde. Diese Substanz birgt selbst in geringen Konzentrationen ein extrem hohes Risiko, an einer Überdosis ums Leben zu kommen. Jüngste wissenschaftlichen Studien ist der Konsum mit einer signifikanten Veränderung der elektrischen Herzaktivität und Arrhythmien verbunden. Den Ermittlern zufolge ist dies mit der Todesursache des Mannes vereinbar.
Reger Import über das Darknet
Neben der Aufklärung vom Tod des 28-jährigen Arbeiters aus Bruneck beschlagnahmten die Carabinieri von Bruneck auch mehrerer Postsendungen. Diese enthielten synthetische Opioide der Nitazen-Kategorie, die im Darknet aus verschiedenen europäischen Ländern vom 29-Jährigen erworben worden waren. Somit verhinderten die Carabinieri, dass diese hochgefährlichen und potenziell tödlichen Substanzen weiter in den Umlauf geraten und eventuell konsumiert werden.
Im Zuge der Ermittlungen beschlagnahmten die Carabinieri insbesondere die folgenden, dem Beschuldigten zuzuordnenden synthetischen Opioide, die selbst bei geringen Konzentrationen ein extrem hohes Risiko einer Überdosis aufweisen und in Postpaketen sichergestellt wurden:
· 0,178 Gramm und 1,60 Gramm des synthetischen Benzimidazol-Opioids (Nitazen) vom Typ N-Pyrrolidino Isotonitazen – eine Substanz, die in europäischen Datenbanken nicht erfasst ist und somit der erste Fund und die erste Meldung dieser Art darstellt. Die Postsendung stammte aus Griechenland.
· 4,990 Gramm, 0,941 Gramm, 0,485 Gramm, 0,73 Gramm und 0,050 Gramm des synthetischen Benzimidazol-Opioids (Nitazen) vom Typ N-Pyrrolidino Protonitazene – eine Substanz, die in der europäischen Datenbank „intensiv überwacht“ wird und der erste Fund sowie die erste Meldung auf nationaler Ebene ist – ebenfalls aus Griechenland stammend.
· 0,050 Gramm und 0,474 Gramm des synthetischen Benzimidazol-Opioids (Nitazen) vom Typ N-Desetyl Isotonitazen – wieder aus Griechenland.
· 50,0 ml des synthetischen Benzimidazol-Opioids (Nitazen) vom Typ Fluoro Etonitazen.
· Ein transdermales Pflaster des Typs Durogesic mit 100 mcg/h des Wirkstoffs Fentanyl aus Polen.
· 0,192 Gramm und 0,981 Gramm des synthetischen Benzimidazol-Opioids (Nitazen) vom Typ N-Pyrrolidino Protonitazene aus Griechenland.
· 10 Tabletten Oxydolor à 80 mg des synthetischen Opioids Oxycodon aus Polen.
· 30 Tabletten, die das synthetische Opioid Mitonitazen enthalten, aus Großbritannien.
· 1,015 Gramm Heroin aus Griechenland.
Im Rahmen der Ermittlungen erfolgte zudem die Festnahme eines 27-jährigen Bruneckers, dem der Hauptbeschuldigte fünf Haschischkuchen mit einem Gesamtgewicht von 500 Gramm überlassen hatte. Dieser wurde hingegen am 13. Oktober verhaftet.
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