Von: mho
Kasserine – Der junge tunesische Reporter Abderrazak Zorgui vom lokalen Fernsehsender Telvza hat sich am Montag auf dem Märtyrerplatz in Kasserine selbst in Brand gesteckt. Wenige Stunden später verstarb er im örtlichen Krankenhaus. In einem kurz zuvor auf Facebook veröffentlichten Video erklärt der Journalist die Gründe für seine dramatische Geste: er wollte auf seine aussichtlose wirtschaftliche Lage aufmerksam machen und an die Arbeitslosen der Region appellieren, auf die Straße zu gehen.
Der junge Mann warf laut Medienberichten der Zentralregierung in Tunis vor, seine Stadt Kasserine vergessen zu haben und sich oft hinter dem Kampf gegen den Terrorismus in der Region zu verstecken. Nach dem Selbstmord des jungen Reporters zerstreute die Polizei gestern Abend mit Tränengas eine Gruppe junger Demonstranten, die seinem Appell folgten und auf die Straße gingen, um ihr Recht auf eine bessere Zukunft und Beschäftigung geltend zu machen.
Erinnerungen an “Jasminrevolution” im Jahre 2010
Die verzweifelte Tat des jungen tunesischen Reporters erinnert an die des Straßenhändlers Mohamed Bouazizi, der sich aus Protest gegen die Behörden, die seine Waren beschlagnahmt hatten, am 17. Dezember 2010 auf offener Straße anzündete. Seine Geste war der Ausgangspunkt für eine Reihe von Volksprotesten, die zur “Jasminrevolution” führten, die nicht einmal einen Monat später Präsident Ben Ali zur Flucht aus dem Land zwang.
Die sozioökonomische Situation der marginalisierten Regionen Mittel- und Südtunesiens ist nach acht Jahren gescheiterter Versprechungen nahezu unverändert geblieben, die Jugendarbeitslosenquote liegt weiterhin bei 30 Prozent.
Nach der Nachricht vom Tod des jungen Korrespondenten kündigte der Tunesische Journalistenverband (Snjt) in einer Erklärung die Möglichkeit an, einen Generalstreik der gesamten Kategorie durchzuführen. Für die Gewerkschaft ist es in der Tat der Staat, der “dazu beigetragen hat, Korruption und verdächtiges Geld im Mediensektor zu verbreiten, indem er die Medien bestimmten Interessen unterworfen hat”. Darüber hinaus habe der tunesische Staat es versäumt, die Medienbetriebe und ihre Einhaltung des Arbeitsrechts zum Nachteil der Journalisten zu überwachen.