16-Jährige wandte sich an die Polizei

Gewalt wegen Lebensstils der Tochter? – Freispruch in Bozen

Donnerstag, 13. Oktober 2016 | 11:00 Uhr

Bozen – Der Vater jenes 16-jährigen Mädchens aus dem Ausland, der wegen gewaltsamer Züchtigung seiner Tochter vor Gericht stand, ist freigesprochen worden. Wie berichtet, hatte sich die Jugendliche in den vergangenen Jahren mehrmals an die Polizei gewandt.

Weil sie gegen die strengen Vorschriften einer muslimischen Erziehung rebelliert habe, sei sie von ihrem Vater geschlagen worden, lautete der Vorwurf. Nun konnte der Anwalt des Vaters, Alessandro Tonon, einen Sieg einfahren.

Der Vater hatte die Vorwürfe stets bestritten. Sein Anwalt lehnte auch einen Vergleich ab, weil er überzeugt war, dass es nicht ausreichend Beweise gebe. Auch die stellvertretende Staatsanwältin Donatella Marchesini plädierte letztendlich für den Freispruch. Dem hat das Bozner Landesgericht nun stattgegeben.

WAS BISHER BERICHTET WURDE (5.10.2016)

Weil sich eine 16-Jährige aus dem Ausland wegen ihres Vaters an die Polizei gewandt hat, steht dieser nun in Bozen vor Gericht. Der Mann, der praktizierender Moslem ist, soll angeblich nicht damit klar gekommen sein, dass seine Tochter einen westlichen Lebensstil bevorzugt, und sie deshalb mehrmals geschlagen haben. Der Vorwurf lautet auf Missbrauch der Erziehungsmittel.

Der Fall ist heikel – einerseits, weil es offenbar um einen Kampf der Kulturen innerhalb einer Familie geht und anderseits, weil viel von der Glaubwürdigkeit der Minderjährigen abhängt.

Medienberichten zufolge ist die mittlerweile 16-Jährige vor vier Jahren zum ersten Mal zur Polizei gegangen, anschließend noch einmal. Weil sie gegen die strenge Erziehung ihres Vaters rebelliert habe, sei sie fast täglich geschlagen worden. Mittlerweile lebt das Mädchen auf eigenem Wunsch wieder bei ihrer Familie, nachdem sie eine Zeit lang in einer geschützten Einrichtung der Sozialdienste untergekommen war.

Am gestrigen Dienstag wurde die Jugendliche im Spiegelsaal von Richter Carlo Busato am Bozner Landesgericht vernommen. Derzeit scheint es wenig objektive Belege dafür zu geben, dass sie Opfer von Gewalt wurde. Der Vater hat die Vorwürfe stets abgestritten. Sein Rechtsanwalt Alessandro Tonon lehnte auch einen Vergleich ab, da er überzeugt ist, dass die Staatsanwaltschaft zu wenige Beweise in der Hand hat.

Die Untersuchung war von der stellvertretenden Staatsanwältin Donatella Marchesini in die Wege geleitet worden. Bei einer Gelegenheit hatten auch die Nachbarn die Polizei verständigt. Offenbar war es gegen 1.00 Uhr in der Früh in der Wohnung der Familie zu einem furchtbaren Streit zwischen Vater und Tochter gekommen, weil die Tochter angeblich weiter mit ihrem Smartphone spielen wollte – auch auf die Gefahr hin, zu wenig Schlaf abzubekommen.

Im Verlauf der Untersuchung hatte die Minderjährige von einer belastenden familiären Situation gesprochen, weil sie westliche Kleidung vorzog und etwa auch den Schleier ablehnte. Außerdem soll der Vater ihr verboten haben, sich mit ihren Freunden zu treffen.

Bei der Anhörung am Dienstag hat die Jugendliche die Vorwürfe etwas abgeschwächt. Auch die Mutter hat bei ihrer Zeugenaussage bestritten, von ihrem Mann geschlagen worden zu sein.

Eine Lehrerin, die das Mädchen von der Schule her kannte, bestätigte zwar, dass die Jugendliche immer wieder von den Prügeln zu Hause erzählt habe. Allerdings seien nie blaue Flecken oder Striemen zu sehen gewesen. Ein Urteil könnte bereits in der kommenden Woche fallen.

Von: mk

Bezirk: Bozen