Welttag zur Bekämpfung der Armut

Wenn die Kälte kommt, bleibt im Dormizil das Licht an

Donnerstag, 16. Oktober 2025 | 09:17 Uhr

Von: Ivd

Bozen – Morgen, am Welttag zur Bekämpfung der Armut, öffnet das Dormizil Nachtquartier in der Vintlerstraße 9 in Bozen zum fünften Winter seine Türen. 17 Menschen ziehen ein, weitere folgen in den kommenden Tagen. 25 Plätze stehen bereit, um obdachlosen Menschen durch die kalte Jahreszeit Schutz, Wärme und Begleitung zu schenken. Rund 120 Freiwillige aus ganz Südtirol übernehmen Nacht- und Frühstücksdienste, halten das Haus lebendig und tragen, was den Verein Dormizil EO seit fünf Jahren ausmacht: Menschlichkeit auf Augenhöhe.

Morgen Abend empfangen Monika Stuefer, Magdalena Oberrauch und Paul Tschigg die obdachlosen Gäste im Nachtquartier mit Sack und Pack. Vier Frauen und dreizehn Männer finden dann ein Bett, Wärme und ein Stück Sicherheit. Sie kommen aus Italien (ein Drittel der Gäste), Ungarn, Polen, Kirgistan, Indien, Irak, Nigeria, Tunesien, Senegal und Afghanistan. Die jüngsten sind Ende zwanzig, der älteste siebzig. Am Wochenende ziehen weitere Menschen ein, bis in den nächsten Tagen alle 25 Betten belegt sind.

Sozialbetreuerin Monika Stuefer hat in den vergangenen Wochen die Aufnahmegespräche geführt. Sie kennt jede:n beim Namen, hat von Hoffnungen und Ängsten gehört: „Hinter jedem obdachlosen Menschen steht eine Geschichte, die gehört werden sollte und nicht ignoriert“, sagt sie. „Ich bin hier, um zuzuhören, wenn die Menschen reden möchten.“ Seit 1. September arbeitet sie hauptamtlich für den Verein Dormizil EO und begleitet unter anderem die Freiwilligen. Magdalena Oberrauch ist erstmals im Team Nachtquartier tätig. Sie kümmert sich um Fragen der Gäste und schlichtet, wenn es zu Spannungen kommt. „Das Dormizil Nachtquartier soll auch in seinem fünften Winter ein sicherer und würdevoller Ort für Gäste und Freiwillige sein“, sagt sie. „Wir empfangen die Bewohner mit einem Lächeln und einem offenen Ohr. Und wenn jemand aus der Nachbarschaft noch eine warme Suppe vorbeibringt, freuen wir uns sehr.“

Über 120 Freiwillige stehen in diesem Winter im Einsatz. Sie übernehmen Nächte, bereiten Frühstück vor und halten das Haus in Gang. Christian Anderlan teilt die Dienste ein, Helmuth Niedermayr und Manfred Bauer kümmern sich um Technik und Reparaturen, Karen Stocker und ihr Team zeigen den Gästen, wie sie ihre Zimmer sauber halten und gemeinsam das Haus pflegen. Vera Falkensteiner organisiert gemeinsam mit einer Gruppe den Wäschedienst in Zusammenarbeit mit der Sozialgenossenschaft Eureka. Kathrin Lintner und Anna Rastner sorgen für Lebensmittel und Hygieneartikel. Alles geschieht in enger Absprache, jeder Dienst hängt vom anderen ab.

„Unsere Freiwilligen tragen das Nachtquartier“, sagt Maria Lobis, die im Vereinsvorstand die Kommunikationsarbeit koordiniert. „Sie kommen aus ganz Südtirol, nehmen weite Wege auf sich und erleben aus nächster Nähe, was es heißt, obdachlos zu sein. Viele erzählen davon dann in ihren Familien und sensibilisieren so ihr Umfeld.“ Der Verein Dormizil EO, der am 20. Oktober sein fünfjähriges Bestehen begeht, begleitet seit fünf Wintern Menschen ohne Dach über dem Kopf durch die kalte Jahreszeit. Obdachlosigkeit ist in dieser Zeit weiblicher und jünger geworden, immer mehr Menschen haben Arbeit, aber keine Wohnung. „Im reichen Bozen darf niemand erfrieren“, sagt Maria Lobis. „Wir begegnen den Menschen respektvoll. Obdachlose Menschen sind Menschen wie du und ich. Es kann jede und jeden treffen.“

Das Dormizil Nachtquartier in der Vintlerstraße ist die einzige Einrichtung in Südtirol, die fast zur Gänze von Freiwilligen geführt und ausschließlich durch Spenden finanziert wird. Die Gäste wohnen in Ein-, Zwei- und Dreibettzimmern und können, wenn sie die Hausregeln achten, den ganzen Winter bis Mitte April durchgehend bleiben. Morgens gibt es Frühstück, um halb neun verlassen alle das Haus, gar einige gehen zur Arbeit oder sind auf der Suche nach einer Beschäftigung. Abends öffnet sich die Tür um 19 Uhr. Eine Notfallnummer bleibt rund um die Uhr aktiv. Für die Freiwilligen ist demnächst ein Deeskalationstraining geplant, damit Sicherheit und Würde im Haus gewahrt bleiben.

Es zeichnet sich ab, dass in Bozen in diesem Winter zu wenig Schlafplätze angeboten werden. „Wir wissen, dass es ein harter Winter wird“, sagt Monika Stuefer. In der Stadt leben viele Menschen ohne festen Wohnsitz: Einheimische, Migranten, Geflüchtete, Menschen in Übergangssituationen. Außerhalb von Bozen öffnen mit 1. November in Leifers, Brixen, Bruneck und Meran weitere Winternachtquartiere. Der Zugang erfolgt zentral über den Infopoint in Bozen, der von Volontarius geführt ist und alle Plätze in Südtirol koordiniert.

Spenden

Das Haus in der Vintlerstraße 9 in Bozen ist angemietet. Anpassungen, Heizung und Reinigung verursachen Kosten. Der Betrieb trägt sich allein durch Spenden und Freiwilligenarbeit.

Nachtpaket: 10 Euro – Übernachtung und Frühstück für eine Person

Wochenpaket: 70 Euro – Übernachtung und Frühstück für eine Woche

Mietpaket: 220 Euro – Tagesmiete des Gebäudes

Wärmepaket: 550 Euro – Heizung, Strom, Reinigung und Müll für einen Monat

Konto des Vereins Dormizil EO bei der Raiffeisenkasse Bozen

IBAN: IT22 I 08081 11601 0003 0100 4930

Spenden sind steuerlich absetzbar. Wer seine Spende verschenken möchte, kann per Mail an thanks@dormizil.org einen Geschenkgutschein anfordern.

Obdachlose Menschen in Bozen

Der Verein Dormizil EO schätzt, dass in Bozen rund 200 Menschen wohnungslos sind, etwa 140 davon mit Migrationshintergrund. Frauen machen etwa zehn Prozent der Betroffenen aus.

Für Fragen stehen Monika Stuefer (Tel. +39 339 563 8815), Magdalena Oberrauch (+39 349 498 6183) und Maria Lobis (+39 340 726 9138) bereit.

Bezirk: Bozen

Kommentare

Aktuell sind 0 Kommentare vorhanden

Kommentare anzeigen