Allein im neuen Jahrtausend über 20 Attacken auf den Menschen

Wirklich keine Gefahr vom Wolf in Südtirol?

Mittwoch, 27. Juli 2016 | 08:58 Uhr

Bozen/Tisens/Deutschnonsberg – Am Nonsberg im Trentino und am Deutschnonsberg haben sich in den vergangenen drei bis vier Jahren insgesamt vier männliche Wölfe als Einzeltiere aufgehalten. Stößt ein Weibchen dazu, könnte es in ein paar Jahren zur Rudelbildung kommen. In Tisens wurden erst kürzlich zehn Schafe von einem Wolf gerissen. Für den Menschen stelle der Wolf hingegen keine Gefahr dar, weil er zu scheu sei, erklärte vor wenigen Tagen der Direktor des Landesamtes für Jagd und Fischerei, Luigi Spagnolli, gegenüber dem Tagblatt Dolomiten. Doch stimmt das wirklich?

Angriffe sind zwar selten, doch sie kommen vor. Allein im neuen Jahrtausend sind über 20 Attacken von Wölfen auf den Menschen bekannt.

Im Jahr 2000 wurde etwa der siebenjährige John Stenglein und der neunjährige Keith Gamble in Icy Bay in Alaska von einem Wolf attackiert, als die beiden Kinder am Waldrand spielten. Der Wolf habe nicht geknurrt, sondern ihn nur angestarrt, erklärte John später. Die Mutter von Keith glaubt, dass ihr Hund die beiden Jungen gerettet habe. Der Hund ist zwar dazwischen gegangen, doch der Wolf konnte das Haustier abschütteln und griff John an. Er erlitt 19 Platz- und Bisswunden, bevor Erwachsene kamen und den Wolf erschossen.

Der Wolf soll weder in schlechter gesundheitlicher Verfassung gewesen, noch vom Menschen gefüttert worden sein.

Im Jahr 2005 suchten Wölfe in einer Stadt im Nordosten vom Iran Zuflucht vor dem schlechten Wetter. Vor Zeugen sollen sie einen Obdachlosen angegriffen haben. Die Anwesenden versuchten, die Wölfe zu vertreiben, bis die Polizei kam. Doch diese tauchte nicht auf und der Obdachlose erlag seinen Verletzungen.

In Kanada wurde im selben Jahr ein Wanderer von einem Wolf getötet. Kenton Joel Carnegie arbeitete bei einer geologischen Überwachungsstation. Sein lebloser Körper wurde angefressen im Wald gefunden. Die Gegend war bekannt dafür, dass sich dort vier Wölfe von menschlichen Abfällen ernähren.

Wölfe waren in ganz Europa und Asien bis nach Nordafrika sowie in Nordamerika beheimatet. In weiten Teilen dieses einst riesigen Verbreitungsgebietes, besonders im westlichen Europa und in Nordamerika, wurde der Wolf durch den Menschen ausgerottet und steht seit Ende des 20. Jahrhunderts unter internationalem Schutz. Heute ist der Wolf nur in isolierten Beständen, die teilweise weniger als 100 Tiere umfassen, anzutreffen.

In Osteuropa, auf dem Balkan, in Kanada, Sibirien, der Mongolei, und zu einem geringeren Grade im Iran gibt es allerdings noch größere zusammenhängende Populationen.

In der Nähe von Südtirol gibt es vereinzelte Wölfe im Veneto, in der Lombardei, in der Schweiz und in Slowenien. Frei weidende Schafe sind für Wölfe eine leichtere Beute als Schafe in einer Herde. In Südtirol werden als Schutzmaßnahmen gegen den Wolf neben dem Bilden von großen Herden und dem Errichten von Zäunen und Hindernissen auch der Einsatz speziell abgerichteter Herdenhunde – wie etwa in der Schweiz – erwogen.

Doch auch Herdenhunde sind nicht unproblematisch. Während allein schon der Name romantische Vorstellungen weckt, schaut die Wirklichkeit oft anders aus. Wenn Herdenhunde einen Wolf verjagen, ist das kein spielerisches Vertreiben, wie man im Video sieht. Stattdessen gehen die Hunde dem schmächtigeren Wolf an die Gurgel, was durchaus Qualen für ihn bedeutet.

https://www.youtube.com/watch?v=OZdbLP2Emvw

 

Spagnolli will sich in Rom dafür einsetzen, dass die Entnahme von Wölfen bei Bedarf möglich sein wird, wenn sich eine Population etabliert hat. Ob sich Wölfe derzeit in Südtirol aufhalten, ist nicht bekannt.

 

 

Von: mk

Bezirk: Bozen, Burggrafenamt