Von: mk
Eggental – An die 340 Zivilschützer aus dem Feuerwehrbezirk Bozen haben sich unlängst zu einem Vortragsabend in Holteg-Halle im Eggental getroffen, um sich über die Herausforderungen bei Notfällen auszutauschen und sich zu verschiedenen Themen wie der Notfallmedizin und der Notfallseelsorge in Südtirol, den Risiken für die Energieversorgung durch den Klimawandel und Umweltkatastrophen und die Wasserstoff- und Elektromobilität fortzubilden.
Die Freiwilligen Feuerwehren sind im Wandel, denn die Wehrmänner und -frauen werden immer seltener zu Bränden, sondern häufiger zu technischen Einsätzen gerufen – bei Unfällen, Unwettern und anderen Notfällen. „Aus diesem Grund ist es so entscheidend, dass unsere Feuerwehren sich laufend fortbilden können“, ist sich der Präsident der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern Albin Kofler bewusst. „Was tun, wenn ein Wasserstoffauto brennt? Welche Risiken für die Energieversorgung bergen Umweltkatastrophen? Das sind nur einige Fragen, die sich der Zivilschutz stellen muss“, betont Kofler, der selbst aktives Mitglied bei der Freiwilligen Feuerwehr Gummer ist. „Und nicht zuletzt: Wie kann ich einen schweren Einsatz verarbeiten?“
Freiwillige Feuerwehren auf Einsätze vorbereiten
In enger Zusammenarbeit haben die Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern und der Feuerwehrbezirk Bozen einen Fortbildungsabend organisiert, bei dem mehrere Experten und Expertinnen zu ausgewählten Themen informiert haben. „Wir organisieren eine solche Veranstaltung eigentlich jedes Jahr, um die Führungskräfte unserer Freiwilligen Feuerwehren zu informieren“, sagt Bezirksfeuerwehrkommandant Martin Künig. „Die Entwicklung geht weiter und es gibt immer wieder neue Herausforderungen, weshalb wir versuchen gezielte Informationen zu geben, damit unsere Feuerwehren bei ihren Einsätzen vorbereitet sind.“
Marc Kaufmann: Traumata häufigste Todesursache bei Kindern und jungen Erwachsenen
Beim diesjährigen Fortbildungsabend gab der Primar der Südtiroler Notfall-, Anästhesie- und Intensivmedizin Marc Kaufmann den Feuerwehrleuten einen Einblick in die Notfallmedizin in Südtirol mit besonderem Fokus auf das Trauma. „Traumata sind in den Industrienationen die häufigste Todesursache bei Kindern und jungen Erwachsenen“, erklärte Kaufmann. „Diese Unfälle passieren bei der Arbeit, im Verkehr oder beim Sport und in der Freizeit“, berichtete der Notfallmediziner. „Als kleines Land im Gebirge mit einem ausgeprägten Tourismus stellen die Outdoor-Aktivitäten im Sommer und im Winter mit ihrer großen Anzahl an Verletzten und Erkrankten eine große Herausforderung dar, denn Qualitätstourismus fordert auch eine hochqualitative Notfallmedizin“, ging der ein und betonte die Wichtigkeit der 2017 begonnenen Nachtflug-Option für Südtirol.
Luis Amort: Klimawandel bringt Stromverteilung und -produktion an ihre Grenzen
Auf die Herausforderungen im Zusammenhang mit dem Klimawandel ging der Direktor der Alperia AG Luis Amort ein. „Die Herausforderungen, die der Klimawandel an die Gesellschaft aber auch an Energieunternehmen stellt, sind zahlreiche. Ereignisse wie Vaia oder der Starkregen in diesem Sommer bringen die Stromverteilung und die Stromproduktion an die Grenzen ihrer Belastbarkeit“, berichtete der Alperia-Direktor. „Nicht selten sind wir mit Schäden an unseren Leitungen und Anlagen konfrontiert. Zumal uns das Thema Klimaschutz alle angeht, müssen wir auch alle unseren Teil leisten. Wir in Alperia sind uns der Verantwortung für Südtirol bewusst und wollen mit der Transformation unserer Dienstleistungen im Zeichen der Nachhaltigkeit und der Entwicklung neuer Geschäftsfelder die Dekarbonisierung vorantreiben, beispielsweise mit den Themen Wasserstoff, Biomethan, Energiegemeinschaften, Photovoltaik und Pumpspeicherwerke.“
Walter Huber: Wasserstoff- und Elektromobilität erfordern neues Wissen
Um die Wasserstoff- und Elektromobilität auf Südtirols Straßen ging es beim Vortrag von Experte Walter Huber, der den Feuerwehrleuten wertvolle Tipps im Umgang mit emissionsfreien Fahrzeugen gab. „Batterie- und wasserstoffbetriebene Fahrzeuge können bei Unfällen nicht so behandelt werden wie die traditionellen Autos“, erklärte Huber, „es braucht neues Wissen und eine neue Art der Bekämpfung, wenn so ein Fahrzeug brennt.“ Walter Huber versuchte in seinem Vortrag daher aufzuzeigen, wie sich die unterschiedlichen Treibstoffe bei Bränden verhalten und wie die Feuerwehrleute jeweils vorgehen können. „Meistens geht es gar nicht darum, den Brand zu löschen, sondern vielmehr darum, diesen in Zaum zu halten“, erläuterte der Experte, „und da gibt es wesentliche Unterschiede, ob das Auto mit Wasserstoff oder mit Batterie läuft.“
Marlene Kranebitter: Erste Hilfe für die Seele – hinschauen, hinhören und handeln
Nicht zuletzt stellte Marlene Kranebitter den Führungskräften der Freiwilligen Feuerwehren den Dienst der Notfallseelsorge vor und gab den Feuerwehrleuten einige Tipps für eine Erste Hilfe für die Seele mit auf dem Weg, die dem Leitspruch „hinschauen, hinhören und handeln“ folgt. „Im Grunde reicht es hinzuschauen und da zu sein, bis die Notfallseelsorge kommt“, unterstrich die Leiterin der Südtiroler Notfallseelsorge. „Dabei muss man gar nicht großartig reden, es reicht oft auch nur da zu sein, zu begleiten und zu schauen, was der Mensch in diesem Moment brauchen könnte: etwas zu trinken, eine warme Decke, einen geschützten, abgeschirmten Raum“, machte Kranebitter bewusst wie wichtig es ist, den Menschen in Notfallsituationen das Gefühl zu geben, dass jemand auf sie schaut.
Um ein solches „Aufeinander schauen“ geht es im Grunde auch bei der Veranstaltungsreiche „Gesunde Psyche – gesundes Land“, die von der Bezirksgemeinschaft Salten-Schlern initiiert und koordiniert wird und mit einer großen Auftaktveranstaltung zum Thema „Leben oder nicht“ am Samstag, 7. Oktober um 19.30 Uhr in der Holteg-Halle im Eggental eröffnet wird.