Von: ka
Trebaselghe/Venetien – Grafica Veneta – ein bekanntes Druckereiunternehmen in Trebaselghe bei Padua in Venetien – sucht seit Monaten verzweifelt nach Arbeitskräften. Trotz eines gebotenen angemessenen Gehalts und vom Arbeitgeber selbst übernommener Ausbildung konnten von 25 Stellen bisher nur vier besetzt werden. Wer ist Schuld an der Misere?
Fabio Franceschi, Chef von Grafica Veneta, kann es kaum fassen. In einem Land wie Italien, in dem tagtäglich über die hohe Arbeitslosigkeit und dem Mangel an freien Stellen geklagt wird, gelingt es seinem bekannten Druckereiunternehmen nicht, 25 freie Stellen zu besetzen. Obwohl Grafica Veneta einen sicheren Arbeitsplatz sowie je nach Einstufung ein Anfangsgehalt von 1.300 bis 1.500 Euro bietet, konnte Fabio Franceschi für sein Unternehmen in drei Monaten bisher nur vier neue Mitarbeiter gewinnen.
„Ich kann es mir nicht erklären, warum kaum einer auf unser Angebot reagiert. Wir suchen keine spezialisierten Arbeitskräfte, auch wenn etwas Erfahrung in der Druckerei von Nutzen wäre, sondern Arbeitskräfte, die wir an unserer neuen Rotationsdruckerpresse, einer Investition von 10 Millionen Euro, einsetzen können. Der Mangel an Personal wird bei uns langsam zu einem Problem, weil er unseren Investitionsplan einbremst und wir eine 10 Millionen Euro teure Rotationspresse nicht nutzen können“, so Fabio Franceschi gegenüber einem Lokalblatt.
Fabio Franceschi versicherte gegenüber der Zeitung, dass er, um genügend Arbeitskräfte zu finden, nichts unversucht gelassen hatte. Die Personalabteilung von Grafica Veneta schaltete nicht nur klassische Annoncen in den Anzeigen- und Stellenangebotsseiten lokaler Tagblätter, sondern suchte auch über Arbeitsagenturen nach geeigneten Arbeitskräften. Zuletzt wurden sogar Angestellte, die früher bei Grafica Veneta gearbeitet oder ein Praktikum absolviert hatten, antelefoniert. Aber es war nichts zu machen. Einige hatten bereits eine neue Anstellung gefunden, während andere nicht dazu bereit waren, auch einen Turnusdienst zu versehen.
Andererseits gibt es auch Gründe für den Arbeitskräftemangel. In Venetien zieht die Konjunktur wieder kräftig an. Die Arbeitslosigkeit sank auf 5,9 Prozent, was den niedrigsten Wert seit 2012 darstellt und der Vollbeschäftigung recht nahekommt. Grafica Veneta verfügt über volle Auftragsbücher und darf sich über ein kräftiges Wachstum freuen. Auch wenn, wie Fabio Franceschi anmerkt, die neuen Rotationsdruckerpressen weniger Arbeitskräfte, als die früheren Anlagen benötigen, so braucht es doch Mitarbeiter, die die neue Maschine am Laufen halten.
Im Interview machte Fabio Franceschi seiner Verzweiflung Luft. „Ich frage mich, was das für eine Art von Land sei, in dem man sich über die Arbeitslosigkeit beklagt, aber in dem man die Arbeit ablehnt“, so der Chef von Grafica Veneta.
Und was meinen unsere Leserinnen und Leser? Soll der Chef sein Angebot nachbessern oder sind die Arbeitssuchenden einfach zu verwöhnt?