Erster Fall nach dem neuen Gesetz: War es Notwehr?

29-Jähriger schießt auf Einbrecher: 16-Jähriger verletzt

Montag, 29. April 2019 | 08:04 Uhr

Von: ka

Monterotondo/Rom – Wenige Tage nachdem das Gesetz, das die Notwehr neu regelt, vom Parlament beschlossen und vom Staatspräsidenten unterschrieben worden war, kam es in Monterotondo – einer Kleinstadt nördlich von Rom – zu einem Einbruch, bei dem auf die Diebe geschossen wurde. Dabei wurde einer der Einbrecher, ein 16-jähriger Albaner, schwer verletzt. Über die Frage, ob es sich um Notwehr handelte oder ob die Reaktion des 29-jährigen Schützen überzogen war, wird in der italienischen Öffentlichkeit heftig diskutiert.

ANSA/MASSIMO PERCOSSI

Es war am Freitagabend gegen 19.00 Uhr, als sich eine Bande von drei Einbrechern sich gewaltsam Zugang zum Grundstück einer zweistöckigen Villa im Zentrum der Kleinstadt Monterotondo verschaffte. Auch von der Tatsache, dass es zu dieser Zeit noch hell war und sich auf der Straße Passanten aufhielten, ließ sich das Trio nicht von ihrem kriminellen Vorhaben abhalten. Vermutlich gingen die Einbrecher davon aus, dass sich niemand im Haus befand.

Das war aber ein Irrtum. Nachdem sie im Erdgeschoss ein metallenes Gitter aus der Verankerung gerissen hatten, drangen die Diebe in das Haus ein. Im Haus, das seinen derzeit im Urlaub weilenden Eltern gehört, befanden sich jedoch der 29-jährige Andrea Pulone und seine Verlobte. Von verdächtigen Geräuschen aufgeschreckt, begab sich Andrea Pulone in das Wohnzimmer. Dort ertappte er drei Gestalten dabei, wie sie auf der Suche nach Schmuck und Bargeld die Schränke und Schubladen des Zimmers durchstöberten. Was dann geschah, ist nun Gegenstand von Ermittlungen. Gesichert ist, dass der 29-Jährige eine sich im Haus befindliche Waffe – eine ordnungsgemäß gemeldete, halb automatische Pistole des Typs Glock 21 des Kalibers 40 – zog und auf die drei Kriminellen insgesamt vier Schüsse abgab.

Die Einbrecher, von denen einer von einer Kugel verletzt worden war, ergriffen die Flucht. Der Angeschossene, ein 16-jähriger Albaner, wurde aufgrund der Schwere seiner Verletzung von seinen „Kollegen“ am Eingang der Ersten Hilfe des Krankenhauses „Gemelli“ von Rom zurückgelassen. Der junge Albaner wurde umgehend operiert, wobei ihm in der Leistengegend ein Projektil entfernt wurde. Den behandelnden Ärzten zufolge besteht für den Albaner keine Lebensgefahr mehr.

Den über Notruf alarmierten Carabinieri konnte Andrea Pulone nicht mit Sicherheit sagen, ob er einen der Einbrecher getroffen hatte. Die Carabinieri von Monterotondo kamen aber bald zur Ansicht, dass zwischen dem Fall des Einbruchs mit folgender Schießerei und dem „mysteriösen Schussverletzten“ im römischen Krankenhaus ein Zusammenhang bestehen müsse. Gegen den 29-Jährigen wurde zwar vonseiten der zuständigen Staatsanwaltschaft von Tivoli noch kein Verfahren eröffnet, aber es wird nicht ausgeschlossen, dass er bald von Amts wegen in das Ermittlungsregister eingetragen wird.

ANSA/MASSIMO PERCOSSI

„Das, was geschehen ist, hat ihn sehr geschockt und mitgenommen. Andrea ist ein sanftmütiger und anständiger Junge. Solche Vorfälle hatte er nur aus den Fernsehnachrichten gekannt und er hätte nie gedacht, eines Tages selbst davon betroffen zu sein“, so ein Freund der Familie.

Die Bürger der Kleinstadt stellten sich hinter dem jungen Mann und seiner Verlobten. Die Einwohner von Monterotondo beklagen bereits seit Langem das durch die häufigen Einbrüche verloren gegangene Sicherheitsgefühl. Ob Andrea Pulone von den Einbrechern bedroht wurde und ob der Gebrauch der Schusswaffe angemessen war, ist nun Gegenstand genauer Untersuchungen. Über die Frage, ob es sich um Notwehr handelte oder ob die Reaktion des 29-jährigen Schützen überzogen war, wird in der italienischen Öffentlichkeit heftig diskutiert.