Von: ka
Bari – Die Professorin und Leiterin der Abteilung für molekulare Epidemiologie und Hygiene an der Poliklinik von Bari, Maria Chironna, will dem trotz der steigenden Anzahl von Neuansteckungen weitverbreiteten Corona-Leichtsinn nicht länger tatenlos zusehen und ließ in einem Facebook-Post ihrem Ärger über ihre Zeitgenossen, die so tun, als ob Covid-19 nie existiert hätte, freien Lauf. „Alle ans Meer und in die Diskothek, als ob Covid nicht existieren würde: Sind wir wahnsinnig?“, so Maria Chironna auf Facebook.
Die Expertin Maria Chironna, die an der Universität von Bari Epidemiologie lehrt und die Abteilung für molekulare Epidemiologie und Hygiene an der Poliklinik von Bari – Apuliens größtem Coronatestanalysezentrum – leitet, zeigt sich über einige unbedachte und leichtsinnige Verhaltensweisen besorgt, die riskieren, auch in der süditalienischen Region Apulien die Anzahl der Ansteckungen ansteigen zu lassen.
„Wir befinden uns im August. Nach den harten Monaten März und April erwarten uns in diesem unglaublichen Jahr 2020 zwei bis drei weitere kritische Wochen. Lange Autoschlangen drängen in Richtung der üblichen Tourismusorte. Die Menschen haben aber verdrängt oder vergessen, dass sie, um einige ruhige Tage am Meer verbringen zu können, zur Vermeidung von neuen Corona-Infektionsherden achtsam und vorsichtig sein sowie angemessene Verhaltensweisen an den Tag legen müssen. Das Virus ist auch im Sommer im Umlauf“, meint die Epidemiologin auf ihrer Facebook-Seite.
„Stattdessen werden Feste gefeiert oder man geht mit Unbekannten in die Diskothek. Aber bei einer Entfernung von nur 20 Zentimetern ist das Ansteckungsrisiko auch im Freien groß. Wir strömen auf die Strände und versuchen, unseren Sonnenschirm so nah wie möglich am Meer in den Sand zu stecken, obwohl wir von den anderen Strandgästen dann nur mehr einen halben Meter entfernt sind. Aber was soll’s, wir sind ja im Freien, meinen die Leichtsinnigen“, fährt Maria Chironna fort.
„Im Namen des gesamten Krankenhauspersonals möchte ich noch auf einige weitere beklagenswerte Verhaltensweisen hinweisen. Wenn wir Freunde oder Verwandte, die wir seit Langem nicht mehr gesehen haben, treffen, was passiert dann? Man umarmt und küsst sich und ladet die Gäste zu einem Fest im eigenen Haus ein. Aber was soll’s, wir kommen aus dem Süden und können nicht darauf verzichten, uns mit einer kräftigen Umarmung und Küssen zu begrüßen“, kritisiert die Epidemiologin.
„Die Gesichtsmaske führen wir vielleicht noch mit uns, aber wir ziehen sie immer häufiger hinunter. Auch die Handhygiene und die Benutzung von Desinfektionsmitteln scheinen eine längst vergangene Erinnerung zu sein. Die Flaschen mit Desinfektionsmittel, die am Eingang der Strandbäder und der Läden aufgestellt sind, werden nicht benutzt und weisen immer dieselbe Menge auf. Sind wir verrückt? Ich ziehe es vor, von Freunden, die ich seit einiger Zeit nicht mehr gesehen habe und die mich ‘verändert’ und ‘übertrieben’ finden, wenn ich die Stirn runzle und meine Hand nach vorne strecke, um die üblichen Umarmungen und Küsse zu verhindern, ausgelacht und verspottet zu werden. Es ist nicht vorbei. Ein asymptomatischer Virusträger hat dies nicht auf der Stirn geschrieben. Außerdem habe ich die Szenen vom März und dem April, als die Straßen leer und nachts nur die Sirenen zu hören waren, noch immer im Kopf“, so die Meinung von Maria Chironna.
„Ich wünsche euch einen schönen Sommer, aber dankt all jenen, die weiter arbeiten werden, um die von verantwortungslosen Verhaltensweisen verursachten Schäden zu begrenzen“, schließt Maria Chironna ihre Kritik und ihre Warnung.
Angesichts des Fortbestehens fragwürdiger Verhaltensweisen und der immer häufigeren Demonstrationen gegen Corona-Auflagen bestehen aber berechtigte Zweifel, ob die Warnungen der apulischen Expertin Gehör finden werden.