„Teufelskreis“ aus steigenden Zahlen und geringerer Testfähigkeit – VIDEO

Andrea Crisanti warnt: „Weihnachts-Lockdown steht im Raum“

Donnerstag, 15. Oktober 2020 | 07:02 Uhr

Padua – Angesichts der hochschnellenden Zahlen der Neuansteckungen – mit 7.332 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden wurde am Mittwoch ein neuer Höchststand erreicht – steigt in Italien die Nervosität.

Während sich in Rom immer stärker die Ansicht durchsetzt, dass die gerade erst am Montag beschlossenen deutlichen Corona-Einschränkungen nicht ausreichen könnten, beginnen angesehene Virologen und Epidemiologen vor einem Szenario zu warnen, das in wenigen Wochen einen neuerlichen gesamtitalienischen Lockdown unausweichlich machen könnte.

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Eine besonders angesehene Stimme ist dabei jene von Andrea Crisanti.

Der bekannte Mikrobiologe der Universität von Padua gilt seit seiner Funktion als Berater der venezianischen Regierung während der Corona-Notlage als hauptverantwortlich dafür, dass im Gegensatz zur Lombardei in Venetien ein Corona-Desaster verhindert werden konnte. Unter seiner Leitung wurden in Venetien die Bewohner ganzer Dörfer sowie alle Kontaktpersonen von positiv Getesteten einem Corona-Test unterzogen. Dies erwies sich als richtige Entscheidung, weil so Infektionsketten rechtzeitig unterbrochen und asymptomatische Covid-19-positive Personen zeitnah entdeckt und umgehend unter Quarantäne gestellt werden konnten. Zudem gelang es auf diese Art und Weise, Corona-Patienten im Frühstadium der Krankheit zu therapieren, was die Krankenhäuser wesentlich entlastete.

Reuters

Heute plagen den gefragten Experten dunkle Vorahnungen. „Ich glaube, dass ein weihnachtlicher Lockdown im Raum steht. Diesen könnte man dazu nutzen, den Reset-Knopf zu drücken, um das System zurückzusetzen. In dieser Zeit könnte man die Übertragung des Virus verringern und die Rückverfolgung der Kontakte der Covid-19-positiven Personen erhöhen. Zum heutigen Zeitpunkt ist das System bereits gesättigt“, meint Andrea Crisanti, der als Beispiel die Entscheidung der britischen Behörden nennt, die beschlossen, während der Schulferien einen Lockdown zu verhängen.

„Die Auswirkungen der von der Regierung beschlossenen Maßnahmen werden wir erst in ein paar Wochen wissen. Es handelt sich dabei um vernünftige Maßnahmen, die sich auf die Lebensqualität auswirken. Ich denke aber, wir sollten uns stattdessen auf die Fähigkeit konzentrieren, der Übertragung des Virus im normalen Umfeld Einhalt zu gebieten“, so Andrea Crisenti, der anschließend ein Beispiel aus Venetien nennt.

Ansa/Telenews

„In Venetien hatten wir 366 Fälle entdeckt und 360 Personen in die häusliche Isolation überstellt. Da erfahrungsgemäß jeder Fall mit mindestens zehn bis fünfzehn Kontakten in Verbindung steht, hätten wir eigentlich rund 5.000 Personen unter Quarantäne stellen müssen“, so Crisenti.

„Das System ist bereits zusammengebrochen. Mit der steigenden Anzahl der Corona-Fälle nimmt die Fähigkeit, alle Kontakte von positiv Getesteten zurückzuverfolgen und eine ausreichende Anzahl von Abstrichen zu analysieren, ab. Ab diesem Moment gerät man in einen Teufelskreis, der die Übertragung des Virus begünstigt“, so der angesehene Experte.

Andrea Crisenti, der eine „Explosion“ der Fälle fürchtet, warnt vor den Risiken dieser neuen Phase der Coronaepidemie. „Mehr als Maßnahmen, die das Verhalten der Menschen regeln, brauchen wir Mittel, die das Virus stoppen. In fünfzehn Tagen möchte ich nicht über 10.000 bis 12.000 Fälle pro Tag diskutieren“, fasst Andrea Crisenti die wenig optimistischen Aussichten zusammen.

Nicht zuletzt auch mit Blick auf ganz Europa ziehen über Italien dunkle Corona-Wolken zusammen.

Von: ka