Forza Nuova-Militantin von Bewegung suspendiert

„Auschwitzland“: Widerliches T-Shirt löst Entsetzen aus

Dienstag, 30. Oktober 2018 | 08:25 Uhr

Predappio – Wie jedes Jahr zogen auch heuer am 28. Oktober viele Alt- und Neofaschisten nach Predappio – dem Geburtsort von Benito Mussolini – um den Jahrestag des faschistischen Marsches auf Rom zu feiern. Der Marsch auf Rom am 28. Oktober 1922, mit dem „gläubige Faschisten“ ihre Ära beginnen lassen, jährte sich heuer zum 96. Mal.

Aber es gab am Sonntag auch Widerstand. Die italienische Partisanenvereinigung Anpi lud an diesem Tag alle zu einer Gegendemonstration ein, mit der der am selben Jahrestag – dem 28. Oktober 1944 – stattfindenden 74-jährige Wiederkehr der Befreiung Predappio’s vom Faschismus und Nationalsozialismus feierlich gedacht wurde. Die in Mannschaftsstärke ausgerückte Polizei sorgte dafür, dass sich Rechtsextreme und antifaschistische Demokraten nicht ins Gehege kamen.

Aber trotz des tapferen Engagements der Partisanenvereiningung „gehörte“ der Sonntag eindeutig den Faschisten. Mehrere Tausend Rechtsextreme marschierten zum Grab des Duce, um ihm die „Ehre“ zu erweisen. Eine Veranstaltung, die im Europa des 21. Jahrhunderts bereits an sich ein Skandal ist, barg in sich einen weiteren, besonders geschmacklosen und die Menschenwürde verletzenden, Skandal. Eine militante Aktivistin der neofaschistischen Bewegung Forza Nuova, Selene Ticchi, die an diesem Tag für die faschistische „Gedenkveranstaltung“ den Ordnungsdienst versah, trug ein schwarzes Hemd mit der Aufschrift „Auschwitzland“. Ein stilisiertes Eingangstor des nationalsozialistischen Vernichtungslagers mit zulaufendem Gleis vervollständigte den geschmacklosen, im Disneyland-Stil gehaltenen Schriftzug. Auf ihr T-Shirt angesprochen, besaß die Frau sogar die Unverfrorenheit, von „schwarzem Humor“ zu sprechen.

Selene Ticchi ist in ihrem Heimatort Budrio bei Bologna keine Unbekannte. Mit der rechtsextremen Liste Aurora Italiana hatte sich die militante Forza Nuova Militantin 2017 um das Bürgermeisteramt ihrer Heimatstadt beworben. Sie hatte damals 116 Stimmen erhalten, was 1,7 Prozent der Wähler bedeutet hatte.

Die Bilder der Frau mit dem unglaublich geschmacklosen, schwarzen T-Shirt lösten weit über Italien hinaus Abscheu und Entsetzen aus. Politiker und Organisationen im In- und Ausland verurteilten das schwarze Hemd mit dem die Opfer des Holocaust verhöhnenden Schriftzug. Auch im Netz verurteilten viele Nutzer den Vorfall. Einige Nutzer des sozialen Netzwerks Twitter regten an, rechtlich gegen die Frau vorzugehen. Sie baten auch die The Walt Disney Company – laut ihrer Ansicht Inhaber der Rechte am Schriftzug und des verwendeten Logos – gegen die Frau gerichtlich vorzugehen.

Auch die Rechtsextremen von Forza Nuova verurteilten Selene Ticchi und distanzierten sich vom geschmacklosen Vorfall in Predappio. Auf ihrer Facebook-Seite teilte Forza Nuova mit, dass die Mitgliedschaft von Selene Ticchi mit sofortiger Wirkung sowie auf unbestimmte Zeit suspendiert sei und dass Selene Ticchi nicht mehr im Namen von Forza Nuova sprechen dürfe.

https://www.facebook.com/ForzaNuovaPaginaUfficiale/posts/2721673114516856?__tn__=-R

Das eigentliche Problem aber ist – so viele Nutzer im Netz – dass trotz mehrerer Gesetze, wie unter anderem das Mancino-Gesetz, die die Apologie des Faschismus unter Strafe stellen, diese in Predappio und anderorts noch immer nicht angewendet werden. In diesem Sinne sind Frau Selene Ticchi und ihr geschmackloses, schwarzes Hemd nur die Spitze des (schwarzen) Eisbergs.

Von: ka