Pfiffe und Schimpfwörter: Marco Giazzi nimmt Kindermannschaft vom Feld

Basketballtrainer verzweifelt an „Hooliganeltern“

Dienstag, 22. Januar 2019 | 07:23 Uhr

Carpenedolo – Nach einer unglaublichen Flut von Pfiffen und wüsten Schimpfwörtern zog es ein Basketballtrainer, Marco Giazzi, vor, seine Mannschaft 13-jähriger Jugendspieler vom Feld zu nehmen. Marco Giazzi gelang es nicht, die „Hooliganeltern“ davon abzuhalten, die jungen Spieler sowie den 13-jährigen Schiedsrichter der Basketballbegegnung auszupfeifen und auf übelste Art zu beleidigen. Obwohl seine Mannschaft Vorsprung hatte, beschloss Marco Giazzi, den widerlichen Vätern und Müttern eine Lehre zu erteilen und mit seiner Mannschaft das Spielfeld zu verlassen.

Schauplatz des unglaublichen Vorfalls war die Sporthalle der Mittelschule von Carpenedolo bei Brescia. Am Sonntagvormittag trafen für die Austragung einer Basketballpartie der Unter 13-Meisterschaft von Brescia die Heimmannschaft von Amico Basket Carpenedolo und die Spieler der Negrini Pallacanestro Quintello 1996 aufeinander. Die selbst in dieser Liga vollkommen unbedeutende Begegnung sollte eigentlich nur ein unterhaltsamer Sonntagvormittag werden, wo die jungen Basketballer lernen sollten, spielerisch mit dem Ball umzugehen und im Spiel ein Team zu bilden. Auch der 13-jährige Schiedsrichter, der das erste Mal ein Spiel leitete, passte gut in dieses Bild.

Facebook/Marco Jazz Giazzi

Aber die Zuschauer, allesamt Väter und Mütter der 13-Jährigen, sahen das vollkommen anders. Sie gehörten fast ausnahmslos zu jenem Typ „Spielereltern“, die alles über den Basketballsport zu wissen und hinter jedem Pfiff ein Komplott des Schiedsrichters zu erkennen glauben. Es dauerte nur wenige Minuten, bis die Väter und Mütter auf den Zuschauerrängen begannen, jede Schiedsrichterentscheidung des 13-Jährigen mit Pfiffen und wüstesten Beleidigungen zu quittieren.

„Das sind Schritte. Hast du das nicht gesehen? Schäme dich. Wie viel zahlen sie dir?“, so die „Hooliganeltern“ auf der Tribüne. Obwohl die jungen Spieler beider Mannschaften kein Problem darin sahen, vorbildhaft die Entscheidungen des jungen Spielleiters zu akzeptieren, wurde das widerliche Gebaren der Eltern für den 13-Jährigen bald zu einem großen Problem. Der junge „Minischiedsrichter“ wurde immer nervöser. Seine erste Partie geriet aufgrund der Pfiffe und Beschimpfungen für ihn immer mehr zum Albtraum. Vermutlich dachte er nur mehr daran, das Spiel irgendwie zu Ende zu bringen.

APA/APA (AFP)/JONATHAN DANIEL

Aber dann geschah das, was niemand erwartet hatte. Gegen Ende des dritten Viertels des Spiels wollte Marco Giazzi, Trainer der Heimmannschaft Amico, dem Treiben der „Hooliganeltern“ nicht mehr länger tatenlos zusehen. Er wendete sich zur Tribüne und richtete an die Väter und Mütter ein paar mahnende Worte.

„Ist euch bewusst, was hier passiert? Hier auf dem Feld spielen wir alle zusammen Basketball. Könnt ihr uns nicht in Frieden lassen? Könntet ihr bitte aufhören, uns zu beleidigen?“, so Marco Giazzi zu den „Hooligans“. Aber er erntete nur noch mehr Beleidigungen. „Schäme dich, du Idiot. Du brauchst uns nicht zu sagen, was wir tun sollen. Und übrigens, deine Mannschaft spielt nicht Basketball, sondern Rugby“, so die wenig vorbildlichen Eltern zum Trainer ihrer Söhne.

Nach diesen Worten hatte Marco Giazzi genug. Obwohl seine Mannschaft mit großem Vorsprung führte, ging er zuerst zu seinem Trainerkollegen des gegnerischen Teams und dann zum 13-jährigen Schiedsrichter, um beiden mitzuteilen, dass er seine Mannschaft aus dem Spiel nehmen werde.

„Ich nehme die Mannschaft vom Feld. Wir werden beantragen, wegen Verlassens des Spielfeldes 0:20 zu verlieren. Danke, dass sie für uns als Schiedsrichter tätig gewesen sind. Ich entschuldige mich für das Verhalten der Eltern auf der Tribüne“, so Marco Giazzi zum 13-jährigen Schiedsrichter.

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Später erklärte Marco Giazzi, der seinen ehrenamtlichen Trainerberuf auch als Erzieher versteht, den Spielern seiner Mannschaft den Grund seiner Entscheidung. Am Abend stellte er dann den gesamten Spielbericht auf seine Facebook-Seite. Der Trainer, der beruflich als Turnlehrer in einer Oberschule arbeitet, erntete für seine Entscheidung in der gesamten italienischen Sportwelt viel Lob und Anerkennung. Er sprach vielen Trainern – darunter besonders vielen Jugendtrainern – aus der Seele. Aufgrund der sogenannten „genitori ultrà“(„Hooliganeltern“, Anmerkung der Redaktion) – so die einhellige Meinung der Trainer – sind immer weniger Mitbürger dazu bereit, in ihrer Freizeit ehrenamtlich ein Trainer- oder Schiedsrichteramt auszuüben. Für die Vereine wird es daher immer schwieriger, für ihre Jugendmannschaften und Spielbegegnungen genügend Trainer und Schiedsrichter zu finden.

Darüber wundert sich keiner. In der vergangenen Zeit wurden in Italien sogar mehrmals Fälle von tätlichen Übergriffen von Eltern auf Schiedsrichter und Jugendtrainer bekannt. Wüste Beleidigungen und Beschimpfungen werden von vielen Schiedsrichtern gar nicht mehr gezählt oder erwähnt. In letzterer Hinsicht ist auch Südtirol keine Insel der Seligen.

Von: ka