"Demokratie ist kein perfektes Spiel, aber das beste, das wir kennen"

Cantautore Pippo Pollina: “Die Menschen wollen keinen Krieg”

Freitag, 12. Dezember 2025 | 05:00 Uhr

Von: apa

Das Thema Krieg ist wieder zentral in der sozialen und politischen Debatte in Europa geworden. Das brachte den in der Schweiz lebenden italienischen Singer-Songwriter Pippo Pollina ins Grübeln. “Da habe ich mir gedacht, vielleicht wäre es Zeit, einige Geschichten zu erzählen, die mit Krieg und Frieden zu tun haben”, sagt der 62-Jährige im APA-Interview. So entstand sein neues Album “Fra Guerra e Pace”, das er im Jänner bei drei Konzerten in Österreich vorstellt.

“Dieses Album steht auf der Seite der Menschen. Diese sind Opfer weniger mächtigen Leute, die über ihr Schicksal entscheiden”, betont Pollina. “Die Menschen wollen keinen Krieg! Ich bin mir sicher, viele Menschen in Israel sind überhaupt nicht einverstanden mit dem, was in Palästina passiert. In der Ukraine und in Russland gibt es Millionen von Menschen, die überhaupt keine Lust haben, sich zu bekriegen.” Denn eigentlich hält das Leben so viel Schönes bereit, darum heißt Pollinas kommende Tournee “La vita é bella cosi com’è”.

Lieder als Mutmacher

Lieder gegen den Krieg waren immer ein Thema in der Welt der Singer-Songwriter – “von Bob Dylan über Mikis Theodorakis bis Georg Danzer”, so der Cantautore. “Lieder können die Welt nicht verändern”, weiß er, “aber sie können das Leben eines Menschen beeinflussen. Ich habe durch bestimmte Lieder gespürt, dass mir gewisse Dinge wichtig sind. Diese Lieder haben mir Mut gemacht und meine Einstellungen verstärkt. Und das ist die Aufgabe der Kunst.”

Im Vergleich zur Friedensbewegung vergangener Jahrzehnte halten sich Anti-Kriegs-Lieder derzeit aber in Grenzen. “Künstler haben Angst, Fans zu verlieren, die vielleicht anders denken”, argumentiert Pollina. “Oder sie haben gar keine klare Idee. Viele Künstler sind ignorant, kennen die Geschichte nicht, haben keine fünf Bücher gelesen. Das sind Künstler, denen es um Berühmtheit geht und darum, von einer Masse geliebt zu werden. Das hat mit Kunst nichts zu tun. Erfolg wünscht man sich natürlich als Künstler. Aber Erfolg muss immer das Resultat einer Arbeit sein – und nicht das Ziel von dem, was du tust.”

Es darf auch dynamisch werden

Seine Songs über die Novemberpogrome 1938 – dabei singt Pollina zum ersten Mal gemeinsam mit seinem Sohn, dem Liedermacher Faber, und seiner Tochter Madlaina (vom Indie-Duo Steiner & Madlaina) -, über die Situation in Palästina, über die “Weiße Rose”, oder über einen ukrainischen Soldaten, der vom Leben nach dem Krieg träumt, hat der Musiker in wunderschöne, stimmige Arrangements gepackt. Und da darf es zwischen ruhigen Momenten auch mal dynamischer werden. “Man kann über ernsthafte Themen singen und trotzdem eine gewisse Vitalität beibehalten, den Liedern also Rhythmus geben”, sagt Pollina.

Jedes Lied habe bei der Umsetzung im Studio “seinen eigenen Weg gefunden”, erzählt Pollina. “Es kamen ganz unterschiedliche Instrumente zum Einsatz. Das Konzept des Albums ist klar definiert und musikalisch hat es einen roten Faden. Aber es gibt in meiner Arbeit immer eine gewisse Freiheit, die mir wichtig ist. Freiheit bedeutet ein Cello da, eine Trompete dort, hier ein bisschen rockiger, da eher eine Ballade und dort wiederum ein klassischer Einfluss.”

“Fra Guerra e Pace”(dt. “Zwischen Krieg und Frieden”) liegt eine Übersetzung der Texte bei. Bei seinen Konzerten am 27. Jänner in Wien (Konzerthaus), am 28. Jänner in Linz (Posthof) und am 29. Jänner in Salzburg (Szene) wird Pollina auf Deutsch über die Inhalte der Lieder und seine Beweggründe sprechen. Auf Tour geht er mit einem Quartett: “eine Cellistin aus Zürich, eine Pianistin und Akkordeonspielerin aus Parma, ein Saxofonist und Klarinettist aus Apulien, ein Perkussionist aus Sizilien und ich”.

“Demokratie ist kein perfektes Spiel”

Im Laufe des Gesprächs meint Pollina, dass man auch in schwierigen Situationen Hoffnung haben kann. Das schwingt auch in seinen Liedern mit, selbst wenn sie Grausamkeiten der Gegenwart und Vergangenheit thematisieren. Auf die Frage, ob er angesichts der Weltlage eher pessimistisch oder trotzdem noch optimistisch sei, antwortet er jedoch eindeutig: “Pessimistisch! Wir sind in eine Krisenzeit geraten, in die Krise der Demokratie. Demokratie ist kein perfektes Spiel. Ist aber das beste, das wir kennen. Wir haben dieses Spiel zu verbessern.”

 

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