Von: ka
Rom – Die geplante Reform des italienischen Kondominiumsrechts sorgt für viel Diskussionsstoff. Der von der Fratelli-d’Italia-Abgeordneten Elisabetta Gardini unterzeichnete Gesetzentwurf enthält einen äußerst umstrittenen Passus. Demnach gehen Zahlungsrückstände einzelner Mitglieder zu Lasten aller. Das bedeutet, dass auch diejenigen, die alle Raten überwiesen haben, erneut zur Kasse gebeten werden können.
Der Vorschlag, der eigentlich dazu gedacht ist, Dienstleister – etwa Handwerker – vor Zahlungsausfällen zu schützen, entpuppt sich laut Kritikern als Passus, der „die Ehrlichen zu Deppen macht und es Schlaumeiern ermöglicht, ihren Zahlungsrückstand auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben”.
Der Gesetzesentwurf zur Reform des italienischen Kondominiumsrechts wäre normalerweise eine von vielen unauffälligen Neuregelungen gewesen, die im Parlament begutachtet und verabschiedet werden. Bei der Durchsicht des sperrigen Textes mit der Bezeichnung AC 2692 fiel jedoch sofort auf, dass die Reform einen zwar gut gemeinten, für pünktliche und ordnungsgemäße Zahler jedoch sehr nachteiligen Passus enthält.
Einige der Neuerungen erscheinen durchaus sinnvoll. So ist künftig beispielsweise ein dreijähriges Hochschulstudium für Verwalter erforderlich, die sich in ein beim Ministerium für Unternehmen und Made in Italy hinterlegtes Register eintragen müssen. Zudem ist die Ernennung eines Wirtschaftsprüfers für Wohnungseigentümergemeinschaften mit mehr als 20 Personen obligatorisch. Zudem müssen Zahlungen „auf ein spezielles Girokonto, Postkonto oder Bankkonto, das auf den Namen der Wohnungseigentümergemeinschaft lautet”, erfolgen.
Doch ein Vorschlag hat es in sich. Sollte der Gesetzentwurf verabschiedet werden, könnten Gläubiger im Falle von Zahlungsrückständen „auf die auf dem Konto der Wohnungseigentümergemeinschaft verfügbaren Beträge für die gesamte Forderung und subsidiär auf das Vermögen der Wohnungseigentümer im Umfang der jeweiligen Zahlungsrückstände zugreifen”. Diese Regelung, die eigentlich dazu dienen soll, Dienstleister – etwa Handwerker – vor Zahlungsausfällen zu schützen, hätte zur Folge, dass Zahlungsrückstände im Wesentlichen von denjenigen gedeckt würden, die ihre Zahlungen ordnungsgemäß geleistet haben. Den Kritikern zufolge handelt es sich um eine Regelung, die „die Ehrlichen zu Deppen macht und es Schlaumeiern in der Praxis erlaubt, ihren Zahlungsrückstand auf den Sankt-Nimmerleins-Tag zu verschieben”.

Selbst in der römischen Regierungskoalition fliegen wegen dieses Passus die Fetzen. Forza Italia und insbesondere die Lega lehnen diesen sowie andere Passagen, die für „erheblichen bürokratischen Aufwand und höhere Kosten sorgen würden”, rundweg ab. „Keine neuen Vorschriften, keine noch größere Bürokratie für Wohnungseigentümergemeinschaften und Mieter”, betont Lega-Chef Matteo Salvini.
Für die römische Opposition ist der Streit in der Regierungsmehrheit ein gefundenes Fressen. „Wir teilen die Bedenken und Kritikpunkte, da durch diese Reform Menschen benachteiligt werden, die finanziell knapp kalkulieren müssen und dennoch stets ihren Verpflichtungen gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft nachkommen“, meint Ubaldo Pagano, Abgeordneter und Fraktionsvorsitzender der Demokratischen Partei im Haushaltsausschuss der Kammer.

Auch der Vorsitzende der Fünf-Sterne-Bewegung, Giuseppe Conte, übte heftige Kritik. „Der brillante Gesetzesvorschlag der Partei Fratelli d’Italia zu Wohnungseigentümergemeinschaften setzt Mieter, die ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen, dem Risiko aus, auch die Rechnungen säumiger Mieter an Lieferanten und Wartungsunternehmen bezahlen zu müssen“, schrieb er in den sozialen Medien.
Alarm schlägt auch die A.N.AMM.I., die nationale europäische Vereinigung der Immobilienverwalter. Die Vereinigung ist der Ansicht, dass die Reform „die Verwaltertätigkeit nur noch kostspieliger machen würde, ohne realistische Lösungen für die Verwaltungsprobleme von Gebäuden zu bieten“.

Fratelli d’Italia rudert inzwischen zurück. Für den Fraktionsvorsitzenden von Fratelli d’Italia in der Kammer, Galeazzo Bignami, handelt es sich um „einen Vorschlag von vielen, der im Abgeordnetenhaus diskutiert wird und dessen Ziel es ist, ehrliche Eigentümer und Wohnungseigentümergemeinschaften vor unsachgemäßer Verwaltung zu schützen”. Bignami fügte hinzu, dass dieser Vorschlag noch nicht reif für ein Gesetz sei.
Forza Italia will hingegen demnächst einen eigenen Gesetzestext vorlegen. „Im Januar werden wir einen Reformvorschlag zur Regelung von Wohnungseigentümergemeinschaften vorlegen”, kündigte Senator Roberto Rosso an. Die Schlagworte lauten dabei „Vereinfachung, gute Verwaltung und Kostensenkung”.
Es bleibt abzuwarten, wie die Vorschläge aussehen werden, um „Schlaumeier” zum Zahlen zu zwingen. Denn die derzeit gültige und alles andere als zufriedenstellende Gesetzgebung ermöglicht es säumigen Zahlern, die Begleichung der Rechnungen dank der Langsamkeit der italienischen Justiz sehr lange hinauszuschieben.




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