Nicht nur Schlamperei - War auch die Mafia im Spiel?

Erdbebenkatastrophe: Nach Zerstörung, Tod und Trauer bleiben viele Fragen

Montag, 29. August 2016 | 08:43 Uhr

Amatrice/Accumoli – Wenige Tage nach der Erdbebenkatastrophe in Italien und den ersten Beerdigungen mischen sich unter die Trauer immer mehr brennende Fragen. Das Beben hat zu viele Gebäude zerstört und zu viele, besonders viele junge, Leben ausgelöscht. Je mehr und länger sich die Experten mit dem Beben und den Zerstörungen beschäftigen, desto mehr kommen sie zur Einsicht, dass mit anderen baulichen Maßnahmen die Opferzahl viel kleiner gewesen wäre.
Besonders schlimm ist, dass selbst Neubauten und erst vor Kurzem restaurierte und angeblich erdbebensicher gebaute Gebäude einstürzten. Bei vielen Bauten wurde fahrlässig gehandelt oder, so der Verdacht, willentlich geschlampt. Besonders brisant ist der Fall der Schule von Amatrice, die erst 2012 restauriert worden war. Damals hatte eine Firma aus Sizilien die Ausschreibung gewonnen. Erste Recherchen des „Il Fatto Quotidiano“ ergaben, dass mehrere Gesellschafter der Baufirma Kontakte zur Cosa Nostra gepflegt haben sollen und bereits in der Vergangenheit negativ aufgefallen waren. Die Trümmer der Schule, die infolge des Bebens fast völlig eingestürzt war, offenbaren bauliche Mängel, wenn nicht sogar Betrug.
Besonders tragisch ist der Fall der Familie Tuccio im Nachbardorf Accumoli. Das Haus der Familie stand neben der Kirche und dem Kirchturm von Accumoli. Der acht Meter hohe Kirchturm, der erst vor Kurzem mit Mitteln aus dem Erdbebenfonds für die Abruzzen restauriert und, wie sich herausstellen sollte, nur auf dem Papier, erdbebensicher gemacht worden war, stürzte in dieser Nacht des Grauens direkt auf das Haus der Tuccios und löschte die ganze Familie aus. Den Rettern blieb nur die traurige Aufgabe die Leichen der Familie, des 35-jährigen Andrea, seiner 32-jährigen Ehefrau Graziella und ihrer beiden Kinder Stefano (sieben Jahre) und Riccardo (acht Monate), zu bergen. Freunde und Verwandte meinen, dass das Haus der Familie gut gebaut war und, wenn nicht der ganze Kirchturm auf das Dach des Hauses gestürzt wäre, das Haus dem Beben wahrscheinlich standgehalten hätte.
Für besonders großes Interesse und Aufsehen im Netz sorgen die Facebook-Einträge eines jungen Ingenieurs, dem 32-jährigen Gherardo Gotti aus Bologna, der anhand von Fotos versucht die strukturellen Mängel und baulichen Fehler der eingstürzten Gebäude zu analysieren.

Scuola di amatrice. Freccia rossa: muratura in pietrame su una parete esterna che si è sbriciolata verso l'esterno….

Posted by Gherardo Gotti on Friday, August 26, 2016

Er kommt zum Schluss, dass auch viele Hausbesitzer die seismischen Risiken unterschätzt und beim Bau ihrer Häuser mitunter gravierende Fehler gemacht hatten.

 

Von: ka