Von: ka
Cesiomaggiore – Bereits seit mehreren Monaten versetzt ein Psychopath, der sich in seinen Bekennerbriefen „Erostrato“ nennt, Cesiomaggiore – ein Dorf zwischen Belluno und Feltre in der Provinz Belluno in Venetien – in Panik. Als die Vandalenakte, Wandschmierereien, Drohbriefe und Brandschatzungen begannen, dachten die Bewohner zuerst an Racheakte und alte Rechnungen, die ein Unbekannter begleichen wolle. Aber mit der Zeit wurden die Bekennerbriefe und die Anschläge immer bedrohlicher und abstruser. Es wurden unter anderem ein Messer vor der Bank des Ortes hinterlegt sowie Briefe mit Milzbranderregern, die sich aber zum Glück als Talkumpuder erwiesen, verschickt. Die schlimmste Tat geschah im Jänner, als „Erostrato“, wie er in einem Brief bereits gedroht hatte, einen Anschlag auf die Kinder des Dorfes verübte. Vor dem Kindergarten des Ortes konnte ein Säckchen voller Bonbons, welche vom Unbekannten mit Nadeln präpariert worden waren, sichergestellt werden.
Nach den ersten Taten begann die Jagd nach „Erostrato“. Wegen der Andeutungen in den Briefen schlossen die Ermittler, dass der Unbekannte nur aus dem Dorf selbst oder der näheren Umgebung stammen könne. Aufgrund der Hakenkreuze, magischer Zeichen und Formeln sowie Zitaten aus antiken Werken in den Droh- und Bekennerbriefen sowie einer Schmiererei an der Friedhofsmauer glaubten die Behörden, dass es sich bei „Erostrato“ um einen rassistisch motivierten Rechtsextremen, der aber über eine hohe Bildung verfüge, handle. Auch der vom Täter gewählte Name „Erostrato“ – der Hirte Herostratos steckte den Tempel der Artemis in Ephesos, eines der Sieben Weltwunder der Antike, absichtlich in Brand, um dadurch seinen Namen unsterblich zu machen – ließ auf eine klassische Bildung schließen.
A #Cesiomaggiore (Belluno) da mesi un mitomane compie continui atti vandalici. L'episodio più grave: un sacchetto di caramelle con spilli rotti lasciato davanti a un asilo. Indagata un'intera famiglia.
(#Tg2 ore 13 del 17/02/2018) pic.twitter.com/fgizo2K5dM— Tg2 (@tg2rai) February 17, 2018
Nach dem versuchten Anschlag auf die Kindergartenkinder wurden die Ermittlungen noch einmal intensiviert. Die Schlinge um „Erostrato“ zog sich immer enger. Aufgrund einiger Verdachtsmomente wurden drei Mitglieder einer Familie, ein etwa 60-jähriger Mann, seine etwas jüngere Frau und ihr 30-jähriger Sohn in das Ermittlungsregister eingetragen. Die Familie, die sehr zurückgezogen lebt und laut Aussagen der Nachbarn Cesiomaggiore selten verließ, war bisher nie aufgefallen. Bei der Hausdurchsuchung stellten die Sicherheitskräfte eine Ausgabe von „Mein Kampf“, ein Buch über Mythen und Magie des Nationalsozialismus sowie verschiedene Werke, die sich mit Chemie und Esoterik beschäftigen, sicher. Zudem wurden im Haus vier Computer und eine Packung Nadeln beschlagnahmt. Derzeit sind minutiöse Untersuchungen wie DNA-Analysen und Vergleiche der Handschriften im Gange. Auch von der Auswertung der Computer und der Liste der abgerufenen Webseiten erwarten sich die Ermittler neue Erkenntnisse.
Nicht bestätigt wurde hingegen die Vermutung einer hohen Bildung des Täters. Der Ehemann besitzt nur eine dürftige Ausbildung und hält die Familie nur mit Gelegenheitsjobs über Wasser. Der Staatsanwalt meint, dass der Täter sich die Zitate aus dem Internet geholt hätte, um einen anderen Menschen vorzutäuschen oder sein Umfeld zu beeindrucken.
Steckte also hinter „Erostrato“ nicht nur ein Täter, sondern eine ganze Familie? In Cesiomaggiore will man nur das Ende des Albtraums. Und natürlich wollen die Bewohner des beschaulichen Bergdorfs wissen, welcher Geistesgestörte die abartige Bösartigkeit besaß, auf Kinder einen Anschlag mit Bonbons und Nadeln zu verüben.