Von: ka
Mailand – Nicht nur die Südtiroler Sanität hat mit einem Korruptionsskandal zu kämpfen. In Mailand kam in zwei orthopädischen Kliniken ein weit größerer Skandal ans Licht. Nach umfangreichen Ermittlungen wurden eine Sanitätsdirektorin, vier Primare und ein Unternehmer verhaftet. Die vier Primare und die Sanitätsdirektorin werden beschuldigt, für die Lieferung von orthopädischen Prothesen von einem Unternehmer Schmiergelder, Geschenke oder andere geldwerte Leistungen angenommen zu haben.
Auf den reichen Kuchen der lombardischen Sanität – insgesamt 18 Milliarden Euro – richteten sich schon immer gierige Blicke. Um an dieser Torte mit naschen zu können, so lauten die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft und der Finanzwache von Mailand, soll der Unternehmer Tommaso Brenicci, der mehreren Gesellschaften vorsteht, die orthopädische Kliniken mit Prothesen beliefern, mithilfe von Schmiergeldern Lieferverträge ergattert haben.
Im Krankenhaus „Gaetano Pini“ soll Brenicci zwei Ärzte, den Primar der reparativen orthopädischen Chirurgie, der 61-jährige Giorgio Calori, und den Primar der korrigierenden traumatologischen Orthopädie, der 62-jährige Carmine Cucciniello, und eine Sanitätsdirektorin, die 59-jährige Paola Navone, gefunden haben, welche gegen entsprechendes Entgelt bereit gewesen sein sollen, seine Unternehmen und Gesellschaften zu bevorzugen. Laut den Ermittlungen der Finanzpolizei lieferte Brenicci zwischen 2012 und 2017 dem Krankenhaus “Gaetano Pini” Prothesen und medizinisches Material für die Erneuerung der Knochen im Wert von 5,6 Millionen Euro.
Und das soll nicht zuletzt dank der tätigen Hilfe der beiden Primare geschehen sein. Calori soll laut der Anschuldigung in Form von fingierten Beraterverträgen 200.000 Euro erhalten haben. Zudem sollen dem Arzt 33 Prozent einer englischen Gesellschaft, welche die Patentrechte an einem der orthopädischen Systeme hält, zugeschanzt worden sein. Gerechtfertigt als eine Transaktion soll Calori 128.000 Pfund Sterling bekommen haben. Außerdem sollen dem Primar die Teilnahme an einem Kongress in Paris im Wert von 5.000 Euro und seiner Frau eine Handtasche der Marke Luis Vuitton im Wert von 1.000 bezahlt worden sein.
Cucciniello hingegen soll Beraterverträge für 16.000 Euro erhalten haben. Weitere 16.000 Euro sollen als Lizenzgebühren geflossen sein, weil er 475 Hüftprothesen, welche eine Gesellschaft des Unternehmers vertreibt, implantiert hatte. Zudem soll dem Sohn des Primars ein Arbeitsplatz mit einem Jahresgehalt von 65.000 Euro verschafft worden sein.
Sanitätsdirektorin Paola Navone soll hingegen ein Kongress in Paris und ein weiterer Kongress in Südtirol bezahlt worden sein.
Im der orthopädischen Klinik „Galeazzi“ hingegen sollen zwei Primare, der 55-jährige Lorenzo Drago und der 54-jährige Carlo Romanò, Beraterverträge im Wert von jeweils 25.000 Euro erhalten haben. Zudem wurde ihnen eine Beteiligung von 25 Prozent an einer englischen Gesellschaft, welche Diagnosesysteme für Knochen- und Gelenkinfektionen vertreibt und die in der Klinik verwendet wurden, vermittelt.
Paola Navone, die vier Primare sowie der Unternehmer wurden wegen des Verdachts auf Korruption festgenommen und mit Ausnahme von Brenicci, der weiterhin in Untersuchungshaft sitzt, in den Hausarrest überstellt.