Von: ka
Mailand – Eine großangelegte Vergleichsstudie, an der nicht weniger als 7,3 Millionen Schüler und Studenten teilnahmen, ergab, dass es zwischen dem Präsenzunterricht und der Verbreitung des Coronavirus keine Korrelation gibt. Wie die Onlineausgabe des „Corriere della Sera“ berichtet, brachte die Studie, bei der die Daten des römischen Unterrichtsministeriums, der lokalen Sanitätsbetriebe und des italienischen Zivilschutzes miteinander verglichen wurden, unter anderem ans Tageslicht, dass weniger als ein Prozent der von den Schülern stammenden Abstriche positiv waren.
Anders als in vielen anderen europäischen Ländern blieben die italienischen Schulen abhängig von der Schulstufe wochen- und teilweise sogar monatelang geschlossen. Nun kam eine großangelegte Studie – der ersten dieser Art in Italien – zum Ergebnis, dass es keine signifikante Korrelation zwischen der Öffnung der Schulen für den Präsenzunterricht und dem Infektionsgeschehen gibt. Die gewaltigen Datenmengen, die vom römischen Unterrichtsministerium, von den lokalen Sanitätsbetrieben und vom italienischen Zivilschutz zur Verfügung gestellt und von Medizinern, Epidemiologen, Biologen und Statistikern ausgewertet wurden, verleihen der Studie besonders großes Gewicht.
„Das Null-Risiko gibt es nicht, aber aufgrund der gesammelten Daten können wir sagen, dass die Schule in Bezug auf die Möglichkeit einer Infektion einer der sichersten Orte ist“, so die Epidemiologin und Biostatistikerin Sara Gandini, die an der Auswertung der Daten teilgenommen hat. Dank der Verfügbarkeit einer sehr großen Datenmenge, die 97 Prozent der italienischen Schulen abdeckt, was 7,3 Millionen Schülern und rund 770.000 Lehrkräften entspricht, gelang es den Experten, die Verläufe der beiden Epidemiekurven – jene der Gesamtbevölkerung und jene, die nur die Schüler und das Lehrpersonal betrifft – minutiös nachzuzeichnen.
„Die Zahlen zeigen, dass der zwischen Oktober und November beobachtete Anstieg des Infektionsgeschehens nicht auf die Öffnung der Schulen zurückgeführt werden kann. Die Positivitätsrate der Schüler beträgt im Vergleich zur Anzahl der entnommenen Abstriche weniger als ein Prozent. Zudem beeinflusst die vollständige oder teilweise Schließung der Schulen den Reproduktionsindex R nicht im Geringsten. Die Rolle der Schüler bei der Übertragung des Coronavirus ist marginal. Jugendliche infizieren sich gegenüber den Erwachsenen, die die wahren Verantwortlichen für das überproportionale Wachstum der Pandemiekurve sind, nur halb so oft. Dieser Befund bestätigt sich auch mit der englischen Variante“, so die Epidemiologin und Biostatistikerin.
Andere Zahlen und Befunde zeigen, dass in Schulen auftretende SARS-CoV-2-Herde – nur sieben Prozent aller Schulen waren von Corona-Hotspots betroffen – eher selten sind und dass die Virusübertragung vom Schüler auf den Lehrer aus statistischer Sicht nur eine geringe Rolle spielt. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Lehrkraft eine andere ansteckt, ist hingegen viermal so häufig.
Im Interview wies Sara Gandini darauf hin, dass der Anstieg der Zahlen erkrankter und positiv getesteter Schüler mit dem Anstieg der entnommenen Abstriche, die während des Präsenzunterrichts durchgeführt worden waren, verglichen werden muss.
„Um die schwerwiegenden Schäden, die in ihrem ganzen Ausmaß noch nicht wissenschaftlich messbar und sicherlich irreversibel für die psychophysische Gesundheit der Kinder und ihrer Familien sind, einzudämmen, sollte in Ermangelung wissenschaftlicher Beweise für den Nutzen der Schließung von Schulen das Vorsichtsprinzip gelten, die Schulen offenzuhalten. Die Schule sollte die letzte Institution sein, die schließt und die Erste sein, die wieder öffnet. Es birgt auch Risiken, wenn Schulen so lange geschlossen bleiben. In Italien sind Jugendliche, die die Oberschule besuchen, in diesem Jahr durchschnittlich nur 30 Tage zur Schule gegangen“, so die unmissverständliche Meinung der Epidemiologin und Biostatistikerin.
Die nackten Zahlen stützen die Ansicht der anerkannten Expertin. Wird die Inzidenz der positiven Fälle nach Altersgruppen betrachtet, fällt auf, dass jene der Volks- und Mittelschüler rund 40 Prozent niedriger ist als jene der Gesamtbevölkerung. Selbst die Inzidenz der positiven Fälle der Oberschüler fällt gegenüber der Inzidenz in der Gesamtbevölkerung immerhin noch um neun Prozent geringer aus. Trotz der hohen Anzahl von Abstrichen ergaben weniger als ein Prozent der von den Schülern stammenden Abstriche ein positives Testergebnis. Vielmehr weisen die Zahlen in die Richtung, dass besonders die Altersgruppe der 20- bis 59-Jährigen – also der sogenannte „aktive Teil der Bevölkerung“ – und nicht die Schüler für den starken Anstieg des Infektionsgeschehens verantwortlich ist.
„Die Jungen können also in keiner Weise als Verantwortliche oder Treiber der Pandemiekurve bezeichnet werden“, so das eindeutige Fazit von Sara Gandini.
Die seriöse Studie dürfte nicht nur im Gesamtstaat, sondern auch in Südtirol sehr viel Staub aufwirbeln. Ihr Ergebnis stützt die Entscheidung der Landesregierung, unter der Auflage einiger Vorsichtsmaßnahmen – zu denen auch die Nasenbohrertests gehören – den Unterricht in den Klassen wieder zuzulassen.