Steccato di Cutro – Vier Tage nach der Tragödie, die sich vor einem Strand des beschaulichen Ferienortes Steccato di Cutro südlich der Hafenstadt Crotone in der süditalienischen Region Kalabrien abspielte, werden die Hinweise, dass diese Katastrophe hätte verhindert werden können, immer zahlreicher.
Auffallend ist, dass von der ersten Frontex-Meldung bis zum Untergang des Bootes mit etwa 180 Migranten an Bord sieben Stunden vergingen. Einer ersten Rekonstruktion der Ereignisse zufolge sollen zwei Boote der Finanzwache versucht haben, das Flüchtlingsboot zu erreichen. Dieser Versuch sei aber durch den schweren Seegang verhindert worden. Die Küstenwache hingegen soll erst nach dem Schiffbruch benachrichtigt worden sein. Einige Hinweise deuten darauf hin, dass die schwierige Lage, in der das Boot sich befand, unterschätzt worden sein könnte.
Die Rekonstruktion der Ereignisse beginnt mit dem Auslaufen des Flüchtlingsboots. Das Boot mit rund 180 Migranten an Bord legte in der Nacht vom 21. auf den 22. Februar von Cesme bei Izmir in der Türkei ab. Etwa drei Tage später, am Samstag, dem 25. Februar gegen 22.00 Uhr, wurde ein Flugzeug der Europäischen Agentur für die Grenz- und Küstenwache Frontex auf das etwa noch 40 Meilen – also rund 64 Kilometer – von der italienischen Küste entfernte Boot aufmerksam. Frontex greift in der Regel nicht in Rettungsaktionen ein, sondern meldet die gesichteten Boote an die zuständigen Behörden.
Der Rekonstruktion der Ereignisse folgend alarmierte Frontex am Samstag gegen 22.00 Uhr mehrere Polizeibehörden, die das internationale Koordinierungszentrum bilden. Zu diesen Behörden gehörte auch die italienische Finanzwache, nicht aber die italienische Küstenwache. Die Küstenwache erhielt aber eine Kopie. Laut einem späteren Bericht der Küstenwache war im Frontex-Bericht lediglich von einem Boot die Rede, das auf seiner Route unterwegs war und sich in einem guten schwimmfähigen Zustand befand, wobei an Deck nur eine Person zu sehen war.
Aus der Stellungnahme des Sprechers der Frontex geht jedoch hervor, dass vom Flugzeug dank seiner Wärmesensoren auch entdeckt wurde, dass sich „unter Deck möglicherweise viele weitere Personen befanden“. Laut Frontex waren zudem keine Rettungswesten sichtbar. Außerdem nahmen Sensoren des Flugzeugs wahr, dass an Bord des Boots eine Person mit der Türkei telefonischen Kontakt hielt. Es war also offensichtlich, dass es sich um ein Boot einer türkischen Menschenschmugglerbande handelte.
Da es nur mehr über wenig Treibstoff verfügte, drehte das Frontex-Flugzeug nach der Alarmierung der Behörden ab. Die Küstenwache ihrerseits griff nicht ein, weil die Finanzwache ihr ihren eigenen Einsatz bereits angekündigt hatte. Dies wäre nach der bisher vorliegenden Rekonstruktion der entscheidende Punkt. Der Frontex-Bericht soll darauf hingedeutet haben, dass sich das Boot in einem guten Zustand befand und sogar in der Lage war, dem zu diesem Zeitpunkt herrschenden hohen Seegang standzuhalten. Aus diesem Grund sei kein SAR – Search and Rescue-, Such- und Rettungseinsatz – sondern nur ein Einsatz zum Abfangen der Schleuser und Menschenschmuggler in die Wege geleitet worden.
Die Finanzwache schickte von den Häfen von Crotone und Tarent aus jeweils ein Boot los. Aufgrund der schlechten Wetterbedingungen und des hohen Seegangs konnten die beiden Patrouillenboote das Flüchtlingsboot aber nicht erreichen und kehrten um. Daher wurde eine Suchaktion an Land vorgenommen. Kurz gesagt ging man davon aus, dass das Boot die Küste erreichen würde und die Menschenschmuggler und die Flüchtlinge dort abgefangen werden könnten.
Die italienische Küstenwache verfügt jedoch auch über Patrouillenboote der Klasse 300, die für die Seenotrettung geeignet sind und mit Seegang bis zur Stärke 8 zurechtkommen. Da jedoch kein Such- und Rettungseinsatz angeordnet wurde, liefen Boote der Klasse 300 nie aus.
#Crotone, #naufragio #migranti: squadre a terra perlustrano la costa, mentre #sommozzatori e soccorritori acquatici a bordo di moto d’acqua operano in mare: proseguono da parte dei #vigilidelfuoco le ricerche dei dispersi a Steccato di Cutro [#28febbraio 10:45] pic.twitter.com/00eLeVe5Ot
— Vigili del Fuoco (@vigilidelfuoco) February 28, 2023
Von dem, was sich unterdes auf dem Flüchtlingsboot abspielte, berichten Überlebende der Flüchtlingskatastrophe. Da sie in der Ferne Lichter erkannten und daher glaubten, in die Hände der Polizei zu geraten, wechselten die Menschenschmuggler plötzlich den Bootskurs. Wenig später lief das marode Boot in einer Untiefe auf Grund. Da Wasser in den Rumpf des Boots eindrang, brach unter den Flüchtlingen Panik aus. Als gewiss war, dass das Schiff sinken würde, ließen die Schlepper das Beiboot zu Wasser und ergriffen die Flucht. Infolge des hohen Wellengangs brach das Boot kurz darauf auseinander, wodurch Dutzende von Flüchtlingen ertranken. Vermutlich kaum der Hälfte der Menschen gelang es, schwimmend den Strand bei Steccato di Cutro zu erreichen.
Erst nach dem Untergang des Boots am frühen Sonntagmorgen gegen 4.30 Uhr erhielt die Küstenwache durch die Carabinieri, die an der Küste Patrouillengänge durchführten, eine „Notfallmeldung“. Nach dieser Meldung wurden umgehend die Rettungsmaßnahmen eingeleitet, aber da war es offensichtlich schon zu spät.
Der Staatsanwalt von Crotone, Giuseppe Capoccia, kündigte an, dass die Staatsanwaltschaft versuchen werde, „die Kette der Rettungsmaßnahmen von der Sichtung des Boots an detailgetreu zu rekonstruieren“, dass es aber „keine Ermittlungen“ wegen unterlassener Hilfeleistung gebe.
Seit der Flüchtlingskatastrophe, bei der vor der kalabrischen Küste bei Steccato di Cutro Dutzende von Menschen, darunter viele Kinder, ihr Leben verloren, liefern sich die italienische Regierung und die Opposition einen heftigen Schlagabtausch. Die neue Parteisekretärin des PD, Elly Schlein, ging sogar so weit, den Rücktritt von Innenminister Matteo Piantedosi zu fordern. Während Flüchtlingsorganisationen und die Opposition die Regierung beschuldigen, nicht alles unternommen zu haben, um die Flüchtlinge zu retten, beteuert die Regierung, dass es keine Verspätungen gegeben habe. Aus der ersten Rekonstruktion der Ereignisse scheint jedoch hervorzugehen, dass die schwierige Lage, in der sich das Boot vor der italienischen Küste befand, fatalerweise unterschätzt worden sein könnte.
Von: ka
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48 Kommentare auf "Hätte die Flüchtlingstragödie verhindert werden können?"
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Wären die Leute bei hoher See in der Türkei nicht in die Boote gestiegen, wäre es auch nicht passiert. Jetzt den italienischen Behörden die Schuld zu geben ist heuchlerisch. Da müsste man auch bei jedem Bergunfall den Staat oder das Land oder die Gemeinde beschuldigen? Irgendwo sollte die Eigenverantwortung geltend gemacht werden. Das Meer ist keine ruhige Badewanne…
Genau, dann lassen wir bitte auch Unfallfahrer in ihren Autowracks, Wintersportler unter den Lawinen und schwerverletzte Frauen auf der Straße liegen. Sind auch alle selbst schuld.
so ist es.
Arme Frauen und Kinder!
@Orakle
Hast du den Artikel nicht durchgelesen? Deine Meinung ist tendenziös und auch faktisch nicht richtig. Das Meer war, als die Flüchtlinge ins Boot gestiegen sind, also 3Tage vorher, noch ruhig.Dass nun die Kette der Rettungsmaßnahmen von der Sichtung bis zum Untergang des Bootes untersucht wird, ist selbstverständlich und gehört zu den Aufgaben der Staatsanwaltschaft.Sollte es Schuldige geben, dann wird es wohl auch Konsequenzen geben. Den Flüchtlingen aber die Schuld zu geben finde ich pervers.
Nun, das selbe behaubte ich beim Krieg. Hätte man vor vielen Jahren was getan, wäre es vielleicht nicht passiert! Ist es nicht der gleiche “Vorwurf”?
Man unterstellt den Flüchtlingrn sie wüssten um das Risiko nicht.
Sie wissen sehr genau was sie riskieren. Warum tun sie es dann?
@info_Du willst also aus deinem Autowrack gerettet werden schon bevor ein Unfall passiert ist!?
@Muggi Deine Ausage ist polemisch und gegenüber allen die da gestorben sind unfair! Sei wenigstens ehrlich und sag was du wirklich denkst und lavier nicht mit unsinnigen Ausreden drumrum!
@N. G. leider hast du hier ganz Recht
Es sagt doch der Hausverstand, dass man nicht in einem brüchigen Holzboot übers Mittelmeer fahren kann, zudem war es heilos überfüllt!
Dann stell dir die Frage warum diese Menschen das Risiko trotzdem in Kauf nehmen!? Oder glaubst du wirklich sie sind dumm?
…Schlepper haben vorher ordentlich pro Kopf abkassiert…
@N. G. ich behaupte dass 90% der flüchtlinge wissen was sie erwartet, sind alle mit handys ausgestattet, sehen u hören dass sie in italian u anderswo nicht willkommen sind, u arbeiten wollen diese 90% sicher nicht!! u trotzdem riskierens viele warum auch immer, u woher sie 5 bis 8000 € für die flucht haben ist mir ein rätsel
@Doolin Schlepper und ihre Angebote sind zwar Grund warum sie letztlich fliehen aber nicht die Ursache! Du denkst wie immer viel zu kurz! Schlepper sind dann nur teure Mittel zum Zweck!
Oberflächlich!
Frage dann, was würde ein ukrainischer Flüchtling tun? Er will fliehen und hat nen Schlepper der ihn weg bringt. Wer ist dann im Fall eines Unfalls denn schuldig? Der Flüchtling weil er keine andere Wahl hatte oder der Schlepper?
Du denkst zu KURZ!
Sagt jemand dem es hier gut geht?
Unmenschlicher und äusserst blöder Kommentar!
@spotz Ah und deshalb haben sie dann selbst Schuld? Dann könnte man jedes Schiff einfach untergehen lassen? Weil sie selbst Schuld sind? Sag uns das!
@spotz Nun, du stellst dar wie wenn die das alle freiwillg tun!
https://www.google.com/amp/s/amp2.handelsblatt.com/politik/international/totes-kind-am-strand-das-sinnbild-der-tragoedie/12271386.html
Denk einfach mal nach bevor zu schreibst!
N.G.
Blöder Kommentar muss dir ja bekannt vorkommen oder??
Sinnlos-Post-Dauerfeuer im Glauben, gerade das warme Wasser erfunden zu haben. Dabei wechseln deine “Meinungen” stehts nach Windrichtung im Minutentakt. ….
@N. G.
Die “Flüchtlinge” sind in der Türkei gestrartet. Gibt es in der Türkei Krieg? Habe ich was verpasst?
@N. G. und in somalia sterben 10.000 de. kinder alle monate!!!
und tun wir was dagegen??? du?? wenn ja danke!!!
@genau Ja, da hast du was entscheidendes verpasst denn die Flüchtlinge sind nicht aus der Türkei! Bericht gelesen? Ne! Grins
@InFlames Auserdem, glaube kaum, dass ich irgendwo nur einen Satz darüber verloren hätte in dem ich gegen Flüchtlinge schreibe. Du TRÄUMST. Also was willst du von mir?
Hätte des Schiff nia obgelegt hätte es de Tragödie a net gebn
@Holzkopf
Wie sinnfrei ist dein Beitrag.Mit der gleichen Argumentation konnte man auch sagen: “Wären in Griechenland der Zug nicht angefahren, wäre fas Zugunglück nocht passiert “
@@ Das versteht holzKOPF nicht!
@
In Sachen Blödsinn und Äpfel-mit-Birnen-Vergleiche bewegst du dich hier in N.G.-Sphären!!!
Fakt ist, dass man endlich unterbinden muss, dass Menschen in irgendwelchen Nußschalen aufs offene Meer geschickt werden. Solange man diese “Boote” ablegen lässt, werden auch Menschen ertrinken!! Das hat aber nichts mit dem maroden Zug-System in Griechenland zu tun, deshalb kannst du dir jegliche Polemik schenken!!!
@@
Umd wovor flüchtet man im der TÜRKEI??? Auf einem Holzboot welches offensichtlich nicht hochseetauglich ist!
Ja hätte verhindert werden können, wenn sich Euopa anstatt dem Tierverseuchten-Mehl um die wahren Probleme der letzten Jahrzehnte kümmern würde.
EUROPA Shame on You!
All die Minusdrücker sind der Meinung, dass Euroa alles richtig macht zum Thema Migranten – na dann Prost und gute Nacht. Trolle
Also sind wir Europäer daran Schuld dass in Afrika Instabilitäg un Chaos herrscht????
Ja hätte verhindert werden können, aber schon beim Start des überfüllten Bootes. Was mich immer mehr wundert daß fast alle bis in italienische Gewässer gelangen ohne daß was passiert und plötzlich Katastrophe.
Zu deiner Information. Sowohl Italien, Griechenland, Türkei, Malta usw. beteiligen sich sowohl an illegalen Push- als auch an Pull-Backs Das heißt, ein großer Teil der Flüchtlingsboote werden aus europäischen aber auch internationalen Gewässern zurückgedrängt, dort von Milizen , die unter dem Namen „libysche Küstenwache“ agieren, illegal und gegen ihren Willen nach Libyen verbracht.Dort landen sie in Internierungslagern, wo ihnen Folter und Misshandlungen drohen.Eingesperrt ohne Aussicht auf Freiheit. Nur wenig ist über die Zustände in diesen Lagern bekannt. Also landen nicht alle Boote wie du schreibst, in italienischen Gewässern
Typisch ital links-Parteien! Statt auf die Menschenschmuggler loszutreten wird rücksichtslos der rechten Regierung die “Schuld” zugeschoben! Und die ganzen Hilfsorganisationen sollten sich auch mal Gedanken machen etwas gegen die ganzen Schmuggler Banden zu unternehmen statt nachher immer irgendwelche andere schuldigen zu suchen, denn wenn es keine Menschen Schmuggler gegeben hätte wäre dieses und viele andere Unglücke auch nicht passiert!
@ Staenkerer
Selten so einen Blödsinn gelesen und das auch noch in einer unverständlicher Sprache.
@Calimero um eppas als blödsinn obzustemmpeln muaß man in text ober decht derentziffert hobn ….. oder?
Die Schuldigen wären eher an anderer Stelle zu suchen – aber war nichts Anderes zu erwarten!
Art.
Hätte die Flüchtlingstragödie verhindert werden können?
Antwort: NEIN!
Lest die Repubblica von heute, dann wisst ihr es
… kann ich mir schon vorstellen, was dieses linksgerichtete Blatt schreibt und anprangert.
@bon jour: echt jetzt…dieses politisch gefangene Revolverblattl?
Was soll diese Frage ?
Calimero@
dieser Aufmacher im Leitartikel kann nur provokant u populistisch sein!
so auch die Antworten……
Auf jeden Fall, würde man den Schleppern und der Wirtschaftssklaverei endlich ein Ende setzen! Wenn die italienische und Europäische Wirtschaft Menschen und Fachkräfte für ihre Betriebe braucht, dann sollte man zuerst einmal Arbeit wieder attraktiv machen, die Fachkräfte besser bezahlen und respektvoll behandeln. So würde man solche Katastrophen vermeiden.
Das Problem ist hinlänglich bekannt. Seit Jahren ändert sich hier nichts zum besseren. Die Politik versagt und die Behörden schauen weg. Und das wird schon noch eine Weile so weitergehen. Hätte jeder dieser Bootsinsassen einen Klumpen Gold in der Hosentasche, wetten dass es dieses Problem nicht gäbe
Ja, wenn man das Schiff gar nicht hätte abfahrenlassen im Herkunftsland….
Verhindern kann das leider….. Niemand(es gibt da für die Politischen Hochwürden nichts zu holen), denn solange man es zulässt dass in diesen Ländern brutale Anarchie herscht werden Menschen flüchten und fallen dann leider auf skrupellose Tyrannen rein denen ihr Leben egal ist nur ihr Geld nicht
olls ein schmorrn mitnondo. Jo moansch wenns ins amo letz geat und mir olla Afrika usw. flichtn missn, noa heibm dei die Hobd au und sougn: jo logisch, kemp olla, mur freidn ins… logisch terftas enk pa ins durchschnorrn!!! dai dai, olls ein Witz! Europa soll endlich ungeibm is Problem dou unte zi behondl, noa warn wueniga Flichtlinge und mir missn et diskutiern obmans vohindon gikennt hat odo net!!!
hegge@
Deutsch??? damit es jeder verstehen kann???? vielleicht???