Halal-konforme Speisen, aber keine Gebetsräume

Hotel am Gardasee holt sich Zertifikat “Muslim Friendly”

Donnerstag, 28. August 2025 | 08:20 Uhr

Von: mk

Riva – Auch am Gardasee vollzieht sich ein spürbarer Wandel im Tourismus – zumindest im Luxussektor. Während die Anzahl der Urlauber aus Deutschland kontinuierlich abnimmt, entdecken immer mehr US-Amerikaner, Brasilianer und Araber den größten See Italiens für sich. Betriebe im Gastgewerbe passen sich bereits jetzt an die neuen Gegebenheiten an.

Die Saison ist am Gardasee zwar noch nicht vorbei, trotzdem deuten die bisherigen Zahlen auf einen positiven Verlauf. „Buchungen in letzter Minute werden immer häufiger. Die Kaufkraft von durchschnittlichen Urlaubern hat nachgelassen. Trotzdem sind sie noch immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen“, erklärt Daniele Vaccari, der Vizedirektor vom Hotel Lido Palace in Riva am Gardasee, gegenüber dem Corriere della Sera.

Laut den aktuellen Buchungsdaten für 2025 liegt der Anteil US-amerikanischer Hotelgäste bei 16,25 Prozent – eine deutliche Steigerung gegenüber den 12,25 Prozent im Vorjahr. Im Gegensatz dazu sind die Ankünfte aus Deutschland von 14,53 Prozent im Jahr 2024 auf aktuell 10,87 Prozent gesunken.

Die Anzahl der Urlauber aus Großbritannien bleiben mit acht bis neun Prozent stabil, während sich mit 1,83 Prozent bei russischen Gästen ein deutlicher Rückgang nach 2,83 Prozent im Vorjahr feststellen lässt. Italienische Gäste aus anderen Regionen, die oft kurzfristig für Wochenenden und Feiertage buchen, liegen aktuell bei 4,96 Prozent. Erwartet wird, dass ihr Anteil bis Jahresende wieder auf neun Prozent steigt.

Vor allem der amerikanische Markt ist nahezu explodiert. Hotelgäste aus den USA geben in der Regel viel aus, buchen Zimmer im Hochpreissegment und genießen gutes Essen und den Wein. Gleichzeitig wollen sie die „Authentizität im Territorium“ erleben.

Zertifizierung “Muslim-Friendly”

Ein bemerkenswerter Trend ist auch das starke Wachstum der muslimischen Kundschaft. Der Anteil der Gäste aus Saudi-Arabien stieg von 0,58 Prozent im Jahr 2022 auf 3,09 Prozent im Jahr 2024 und liegt aktuell bei 3,18 Prozent. Um diesem wachsenden Markt gerecht zu werden, strebt das Lido Palace in Riva als erstes Hotel im Trentino die Zertifizierung „Muslim-Friendly“ an. Der Betrieb soll das Zertifikat noch in diesem Jahr in Zusammenarbeit mit der Agentur Whad Halal Developement erhalten.

In Italien sind noch keine spezifischen Standards festgelegt, um die Zertifizierung zu bekommen, die sich noch in einer Phase der Entwicklung befindet. Grundsätzlich geht es um die Eignung eines touristischen Betriebs, muslimische Touristen aufzunehmen und ihnen eine Unterkunft zu bieten. Vieles dreht sich dabei um Halal-konforme Speisen und Dienstleistungen, die den islamischen Lebensmittelvorschriften entsprechen.

Allgemein betrachtet, geht es um eine kulturelle Sensibilität gegenüber Gästen aus arabischen Ländern. „Oftmals handelt es sich um Großfamilien, die mehrere Zimmer buchen und andere Gewohnheiten als europäische Gäste haben“, erklärt Vaccari. Muslimische Gebetsräume sollen im Hotel allerdings nicht eingerichtet werden.

Neben der „Muslim Friendly“-Zertifizierung strebt das Hotel auch die Zertifizierung des Global Sustainable Tourism Council (GSTC) an – eine Bestätigung für ökologische, soziale und ökonomische Nachhaltigkeit.

Brasilien als aufstrebender Markt

Ein weiterer vielversprechender Markt, der sich für das Lido Palace öffnet, ist Brasilien. Dies sei vor allem der Mitgliedschaft in renommierten Hotelverbänden wie “The Leading Hotels of the World” zu verdanken. Diese Organisation, die rund 400 Luxushotels in 80 Ländern vereint, sei mit Netzwerken wie “Fine Hotels + Resorts” und “Internova” auch für die Gewinnung amerikanischer Touristen von entscheidender Bedeutung für das Hotel, wie Vaccari erklärt.

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