Impfmöglichkeit außerhalb der Heimat entzweit Regionen – VIDEO

Impfdosis auch für Inlandstouristen?

Montag, 17. Mai 2021 | 08:00 Uhr

Rom – Besonders in den italienischen Regionen, die sehr vom Tourismus abhängen, sind Überlegungen im Gange, Inlandstouristen die Verabreichung der ersten oder der zweiten Impfdosis außerhalb der eigenen Wohnsitzregion zu ermöglichen. Die Befürworter verbinden damit die Hoffnung, mögliche Kunden, die zwar gerne in den Urlaub fahren würden, aber in ihrer Heimatregion auf „ihren“ Impftermin warten müssen, mit diesem Angebot ans Meer oder in die Berge zu locken. Zudem gilt es, allen Saisonangestellten und allen anderen Arbeitnehmern, die außerhalb der eigenen Region leben und arbeiten, ein Impfangebot zur Verfügung zu stellen. Die bis zum September in Italien eintreffenden Impfstofflieferungen würden zwar ein solches Angebot ermöglichen, aber die organisatorischen und logistischen Hürden, die erste und die zweite Impfung in verschiedenen Regionen anzubieten, sind sehr hoch. Aus diesem Grund winken viele Regionen ab. Die „Urlaubsregionen“, die sich von dieser Idee einen touristischen Schub erhoffen, wollen aber nicht locker lassen.

Facebook/Riccardo Fabbretti

Nach langen, dunklen Monaten ist in Italien die Hoffnung auf einen „Sommer der Wiederauferstehung“ groß. Dieser Wunsch ist nicht unbegründet. Die Eröffnung der Badesaison am letzten Wochenende fällt mit erfreulichen Corona-Zahlen – am Sonntag wurden nur 5.753 Neuinfektionen und das erste Mal seit Oktober weniger als 100, genau genommen „nur“ 93, Todesopfer gezählt – zusammen.

Nun sind Überlegungen im Gange, Inlandstouristen die Verabreichung der ersten oder der zweiten Impfdosis außerhalb der eigenen Wohnsitzregion zu ermöglichen. Die Befürworter verbinden damit die Hoffnung, mögliche Kunden, die zwar gerne in den Urlaub fahren würden, aber in ihrer Heimatregion auf „ihren“ Impftermin warten müssen, mit diesem Angebot ans Meer oder in die Berge zu locken.

Facebook/Visit Jesolo.it

Allerdings sind die organisatorischen und logistischen Hürden sehr hoch. Neben der Tatsache, dass es sehr schwierig wäre, die Datenbanken der verschiedenen Regionen untereinander in Einklang zu bringen, wäre es fast ein Ding der Unmöglichkeit, gegebenenfalls das zusätzlich benötigte Gesundheitspersonal zu versetzen. Auch wenn es den ganzen Sommer hinweg an Impfstoffdosen nicht mangeln wird, würde die „Umleitung“ der in den Urlaubsregionen benötigten Dosen das logistische Räderwerk vor ein kaum zu bewältigendes Problem stellen.

Es sickerte durch, dass während der letzten Regionenkonferenz das Thema der sommerlichen Impfkampagne angesprochen worden wäre. Dabei sei es vor allem um die beiden zentralen Augustwochen gegangen, in denen aus heutiger Sicht die Impfung von rund 9,5 Millionen Italienern im Alter zwischen 15 und 30 Jahren vorgesehen ist. Man sei zum Schluss gekommen, dass ein „flexiblerer Aufbau“ der Impfkampagne, die die entsprechenden Touristenbewegungen mit berücksichtigen würde, „unmöglich“ sei.

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Aber jene Regionen, die besonders vom Tourismus abhängig sind, halten dagegen. Ligurien, Sardinien, Sizilien, Apulien und Kampanien deuteten an, dass es Spielräume für eine solche Lösung gäbe, und drängen den außerordentlichen Kommissar für die Koordinierung der Maßnahmen gegen die Covid-19-Notlage, General Francesco Paolo Figliuolo, dazu, die Impfstofflieferungen an die touristischen Notwendigkeiten anzupassen. Der Präsident von Ligurien, Giovanni Toti, geht sogar noch weiter. Er teilte mit, er habe „bereits Anweisungen gegeben, alle sich vorübergehend in der Region aufhaltenden Einwohner zu impfen“. Auch Touristen, die sich dazu entscheiden, sich bei der lokalen Sanitätseinheit als temporäre Einwohner anzumelden, indem sie ihre Gesundheitskarte registrieren lassen, sollen gleich wie die Ligurier Zugang zum Impfterminbuchungssystem der Region erhalten. Der Präsident der Region Ligurien glaubt, dass dieses Vorhaben sowohl für die Verabreichung der zweiten Dosis als auch für die Impfung beider Dosen umsetzbar sei.

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Diese Ansicht wird von der für das lombardische Gesundheitswesen zuständigen Assessorin, Letizia Moratti, nicht geteilt. Sie erteilte den Wünschen dieser Regionen eine Absage und meinte aus, dass sie lediglich dazu bereit sei, die Impfung der in der Lombardei angestellten Arbeitnehmer, die im Sommer in ihre zumeist süditalienischen Heimatregionen zurückkehren, in Erwägung zu ziehen. Die Lage ist nicht einfach. Die „Impfstoffflut“ – in Italien werden vom Juli bis zum September 94 Millionen Impfdosen erwartet – würde eigentlich viele Spielräume eröffnen. Andererseits hieße eine Umleitung der Lieferflüsse Regionen, die derzeit noch über keinen genügenden „Verabreichungsapparat“ verfügen, zusätzliche Impfdosen zur Verfügung zu stellen. Zudem würde diese Neuverteilung mit der anlaufenden Impfung der Angestellten in den Betrieben zusammenfallen.

General Francesco Paolo Figliuolo möchte im Juni dem Virus einen entscheidenden „Stoß mit der Schulter“ versetzen und im September wie geplant die Herdenimmunität erreichen. Laut Figliuolo sollen Italien im Juli „20 bis 25 Millionen Impfdosen“ erreichen. Die Unsicherheit, wie viele Dosen es am Ende sein werden, das geplante Impfangebot für alle Altersklassen sowie das damit zusammenfallende Anlaufen der Impfkampagne in den Betrieben, die die Impflogistik vermutlich vor nicht wenige Probleme stellen wird, dürfte den Verantwortlichen gar einige Sorgen bereiten.

Für die „Urlaubsumleitung“ könnten daher Beobachtern zufolge kaum Dosen übrig bleiben. Vielmehr – so einige Stimmen – wäre es vielleicht überlegenswert, Personen, die nach der ersten Verabreichung auf die zweite Dosis warten, über die Urlaubswochen hinweg die Freiheiten der Vollgeimpften zu gewähren.

Von: ka