Von: ka
Alatri – Eine Landesstraße bei Alatri in der mittelitalienischen Region Latium war am Sonntagnachmittag Schauplatz eines verheerenden Unfalls, der an jene Tragödie in Rom erinnert, bei der nach dem Zusammenprall mit einem von einem YouTuber gesteuerten Lamborghini Urus der fünfjährige Manuel sein Leben verloren hatte.
Während einer Facebook-Live-Wahnsinnsfahrt verlor der 29-jährige, ursprünglich aus Marokko stammende Hafid Habdel El Idrissi die Herrschaft über seinen Audi A4 und prallte frontal mit einem entgegenkommen Nissan Qashqai zusammen, in dem eine Mutter mit ihren beiden Kindern saß. Der 29-jährige Unfallverursacher versuchte zunächst zu verheimlichen, dass er während der Fahrt live auf Facebook war, aber die Carabinieri, die den Unfallhergang auswerteten, kamen ihm schnell auf die Schliche.
Die Carabinieri vermuteten sogleich, dass es nicht das erste Mal gewesen war, dass der 29-jährige Unfallverursacher sich beim Rasen auf einer Landstraße live gefilmt hatte. Im Speicher des Smartphones, das sie Hafid Habdel El Idrissi abnahmen, aber auch auf seinen Seiten in den sozialen Netzwerken entdeckten sie Dutzende von Videos, die ausnahmslos „Wahnsinnsfahrten“ zeigen.
Wie die Videos eindeutig belegen, hatte Hafid Habdel El Idrissi, der im Gebiet von Alatri als Handlanger arbeitet und eine gültige Aufenthaltsgenehmigung besitzt, ein für sich selbst, aber ganz besonders auch für die anderen Verkehrsteilnehmer gefährliches „Hobby“. Der 29-Jährige, der sich auf seiner Instagram-Seite „Ivan Marocco 93“ nennt, nutzte sein Smartphone, das er auf dem Armaturenbrett seines Audi A4 installiert hatte, um zu lauter Rap-Musik seine Wahnsinnsfahrten zu filmen und sie live in den sozialen Netzwerken zu posten.
Unter anderem ist in einem seiner Videos Hafid Habdel El Idrissi zu sehen, wie er mit rund 160 Kilometern pro Stunde eine Schnellstraße entlangrast. Einige Videos zeigen den 29-Jährigen auch dabei, wie er während seiner gefährlichen Überholmanöver abfällige Bemerkungen über andere Verkehrsteilnehmer, beispielsweise über langsam fahrende ältere Personen, macht. In mehreren Videos sind auch seine „Freude“ zu erkennen. „Gestern waren wir betrunken. Wie zum Teufel haben wir es geschafft, gesund wieder nach Hause zu kommen?“, prahlten sie in den sozialen Netzwerken mit ihren gemeinsamen „Glanztaten“.
Gerade dieses Video weist darauf hin, dass der 29-Jährige sein Fahrzeug nicht das erste Mal unter Alkoholeinfluss gelenkt haben könnte. Den Ergebnissen der von der Staatsanwaltschaft von Frosinone angeordneten Laboranalysen zufolge hatte Hafid Habdel El Idrissi zum Zeitpunkt des Unfalls nicht nur unter Alkohol-, sondern auch unter Drogeneinfluss gestanden. In der Tat wurden in seinem Blut Spuren von Cannabis nachgewiesen.
Die von den Carabinieri von Alatri sichergestellten Videos sowie die Laborergebnisse belasten den ursprünglich aus Marokko stammenden Hilfsarbeiter schwer. Nach der Anzeige wegen gefährlicher Körperverletzung im Straßenverkehr und gefährlichen Fahrens könnte er nach diesen letzten Erkenntnissen verhaftet und in ein Gefängnis überstellt werden.
Die Staatsanwaltschaft wird Hafid Habdel El Idrissi, der sich zurzeit noch im Krankenhaus befindet, aber erst noch ein weiteres Mal zu diesen letzten Vorwürfen verhören. Mit Blick auf die ihm zur Last gelegten Straftaten riskiert „Ivan Marocco 93“ zu einer Gefängnisstrafe verurteilt zu werden.
Ob Hafid Habdel El Idrissi möglicherweise mit anderen Internetnutzern der „Raserszene“ in Verbindung stand, die im Netz in ganz Italien mit ihren „Fahrkünsten“ angeben, ist noch Gegenstand von Ermittlungen. Da sie mutmaßen, dass der Hilfsarbeiter nicht allein gewesen war, als er vor dem Unfall Alkohol getrunken und Drogen konsumiert hatte, nahmen die Carabinieri die Suche nach diesen noch unbekannten Personen auf.
Dem neunjährigen Mädchen, das beim Unfall die schwersten Verletzungen erlitten hatte, geht es nach der erfolgreichen Armoperation zum Glück langsam besser. Ihre 44-jährige Mutter und ihr 14-jähriger Bruder konnten das Krankenhaus bereits verlassen. Während die Neunjährige mit der Mutter, die sich noch erholen muss, über Video Kontakt hält, wacht ihr Vater ständig an ihrem Krankenbett. Dass der Frontalzusammenstoß nicht wie in Rom in eine Tragödie mündete, war nur der hohen Sicherheit des erst 20 Tage alten SUVs zu verdanken, der von der Mutter gelenkt wurde.
Der Vater appelliert an die Justiz, Sorge zu tragen, dass sich „dieses Leid nicht wiederholt“. In der italienischen Öffentlichkeit fällt das Urteil weit härter aus. Viele Italiener, die meinen, dass die Strafen für Raser immer noch viel zu niedrig seien, verlangen, dass der Staat endlich hart durchgreife und für solche „Internetraser“ wie „Ivan Marocco 93“ nicht nur einen lebenslänglichen Führerscheinentzug verhänge, sondern sie zur Abschreckung auch mit einer unbedingten Gefängnisstrafe belege.