Opposition fordert Südtirol auf, Stellung zu beziehen

Katalane Carles Puigdemont auf Sardinien festgenommen

Freitag, 24. September 2021 | 09:35 Uhr

Sardinien – Der frühere katalanische Regierungschef Carles Puigdemont ist auf Sardinien festgenommen worden. Das bestätigte sein Anwalt Gonzalo Boye am Donnerstagabend auf Twitter. Grund sei ein von Spaniens Oberstem Gerichtshof ausgestellter internationaler Haftbefehl gegen den eigentlich in Belgien lebenden katalanischen Separatisten, berichtete die Zeitung “La Vanguardia”. Spanien wirft ihm unter anderem Rebellion vor. Die Festnahme führte zu Protesten in Italien und in Spanien.

Hunderte Menschen versammelten sich am Freitag vor dem italienischen Konsulat in Barcelona, um gegen die Festnahmen zu protestieren. Wie spanische Medien berichteten, schwenkten Demonstranten die katalanische Fahne und forderten die Freilassung des eigentlich in Belgien lebenden katalanischen Separatisten.

Eine Gruppe sardischer Separatistin versammelte sich mit ihren Fahnen auch vor dem Justizpalast der Stadt Sassari auf Sardinien, in dem am Freitag beschlossen werden soll, ob in dem am Freitag beschlossen werden soll, ob Puigdemont in Untersuchungshaft bleibt. “Freiheit für Kataloniens politische Gefangene”, war auf einem Spruchband zu lesen. Die Demonstranten erklärten sich über Puigdemonts Festnahme “empört” und sprachen von schweren Verletzungen der Menschenrechte und der Meinungsfreiheit.

Die Anhänger der Gruppe “Indipendentzia repubblica de Sardinia” fordern die Unabhängigkeit Sardiniens von Italien. Sie werfen der Regierung in Rom vor, ihre Kultur und ihre Sprache, Sardisch, zu unterdrücken. Viele katalanische und spanische Einflüsse sind im Sardischen wiederzufinden.

Die Festnahme dürfte die erst vor kurzem wieder aufgenommen Dialoggespräche zwischen der spanischen Zentralregierung und der nach Unabhängigkeit strebendenden Regionalregierung in Barcelona stark belasten. Kataloniens separatistischer Regierungschef Pere Aragones kritisierte die Festnahme auf Twitter als “illegal” und beklagte, die “Repression nimmt nicht ab”.

Aragones machte für die Verhaftung seines Vorgängers direkt die spanische Zentralregierung des sozialistischen Premiers Pedro Sanchez verantwortlich. “Die Amnestie ist der einzige Weg” und “das Selbstbestimmungsrecht die einzige Lösung”, so Aragones am Donnerstagabend.

Unterdessen unterstrich die spanische Zentralregierung die Unabhängigkeit der spanischen Justiz und erklärte, Carles Puigdemont müsse sich wegen seiner Vergehen wie jeder Bürger der spanischen Justiz stellen. Spaniens Konservative und die rechtspopulistische Partei Vox forderten die sofortige Auslieferung des ehemaligen separatistischen Ministerpräsidenten Kataloniens.

Die italienische Polizei nahm Pugidemont aufgrund eines seit Jahren gültigen internationalen Haftbefehls des Oberster Spanischen Gerichtshofs fest, wie die Zeitung “La Vanguardia” berichtet. Puigdemont sei nach Sardinien gereist, um am Freitag an einem Treffen unabhängiger Kommunalpolitiker Sardiniens teilzunehmen. Es liege nun an der italienischen Justiz, ob Puigdemont freigelassen oder an Spanien ausgeliefert werden solle.

Madrid fordert seit Jahren Puigdemonts Auslieferung aus Belgien, das sich allerdings weigert. Puigdemont wird in Spanien wegen der Durchführung eines illegalen Unabhängigkeitsreferendums 2017 unter anderem Rebellion vorgeworfen.

Puigdemont genießt als EU-Parlamentsabgeordneter eigentlich Immunität. Diese ist aber umstritten, nachdem das EU-Parlament sie aufgehoben hatte. Eine endgültige Entscheidung des EU-Gerichts in Luxemburg stand aus. Puigdemont war nach dem verbotenen Unabhängigkeitsreferendum in Katalonien im Oktober 2017 ins Ausland geflohen. Seither verfolgt ihn die spanische Justiz. 2018 war er schon einmal in Deutschland festgenommen worden. Zu einer Auslieferung an Spanien kam es jedoch nicht.

FH: “Offizielles Südtirol hat Stellung zu beziehen”

Trotz der vorläufigen Aufhebung der Haftbefehle durch den Europäischen Gerichtshof wurde der ehemalige Präsident Kataloniens, Carles Puigdemont gestern auf Sardinien von der italienischen Polizei verhaftet.

Die Freiheitlichen fordern, dass sich besonders Südtirol, als autonome Provinz in Italien, mit Katalonien solidarisch zeigt und Stellung beziehen muss. „Als höchste Vertreter unseres Landes sind Landtagspräsidentin Rita Mattei und Landeshauptmann Kompatscher aufgefordert bei der römischen Regierung gegen diese polizeiliche Maßnahme zu protestieren und ihre Solidarität mit dem EU-Abgeordneten auszudrücken. Wer wie Puigdemont demokratische Wege für die Selbstverwaltung und Unabhängigkeit seines Landes sucht, darf im Europa des 21. Jahrhunderts nicht verfolgt und weggesperrt werden“, so Parteiobmann Andreas Leiter Reber.
“Vielmehr habe sich die Europäische Union strukturell zu öffnen, um Regionen und Ländern wie Katalonien, Schottland oder Südtirol mit ihrer kulturellen und sprachlichen Vielfalt gerecht werden zu können”, so Leiter Reber.

STF sagt: “Typisch Italien”

Die Bewegung Süd-Tiroler Freiheit kritisiert die Verhaftung von Puigdemont und wirft Italien Chauvinismus und Rechtsbruch vor. Puigdemont sei freizulassen.

“Zwar hat das EU-Parlament die Immunität von Carles Puigdemont im März aufgehoben (Herbert Dorfmann hatte nicht die Courage, sein Stimmverhalten offenzulegen), jedoch betonte der Europäische Gerichtshof, dass Puigdemont bis zu einer endgültigen Klärung des Rechtsstreits um parlamentarische Immunität weder festgenommen noch ausgeliefert werden darf. Seitdem war Puigdemont auch in mehrere EU-Länder gereist. Aber Italien tickt bekanntlich anders, und zeigt einmal mehr sein wahres Gesicht”, so die Bewegung.

Für die Süd-Tiroler Freiheit ist klar: „Die Ausübung einer friedlichen Volksabstimmung ist kein Verbrechen. Es ist nicht hinnehmbar, dass Menschen für ihre demokratischen Überzeugungen im Gefängnis sitzen müssen bzw. verfolgt werden. Die politische Auseinandersetzung zwischen Katalonien und Spanien wird nicht in Gerichtssälen entschieden.“

“Die Süd-Tiroler Freiheit steht solidarisch zu ihren Verbündeten in Katalonien und fordert von der Landesregierung und den Parlamentariern in Rom dasselbe.” Gerade Südtirol dürfe hier nicht wegschauen, so die Bewegung.

Von: luk