Von: ka
Singapur/Rom – Vier junge Schwimmerinnen des italienischen Schwimmverbands, darunter die Medaillengewinnerin mehrerer Weltmeisterschaften Benedetta Pilato, sind in einen Diebstahlsskandal verwickelt, der in der italienischen Öffentlichkeit für großes Aufsehen sorgt.
Auslöser des Skandals, der sogar das italienische Außenministerium auf den Plan rief, war ein „Kleptomanieanfall” der 22-jährigen Chiara Tarantino. Sie ließ in einem Duty-Free-Shop des Flughafens von Singapur zwei Fläschchen mit ätherischen Ölen „mitgehen” und steckte sie in den Rucksack von Benedetta Pilato. Da die Tat von einer Überwachungskamera gefilmt wurde, hielten Ordnungskräfte die beiden auf, nahmen ihnen die Pässe ab und unterzogen sie einer Leibesvisite, bei der das Diebesgut im Wert von zehn Dollar zum Vorschein kam.
Während ihre zwei Kolleginnen wenige Stunden später die Heimreise nach Italien antreten durften, durchlebten Pilato und Tarantino einen sechstägigen Albtraum, der erst durch den diplomatischen Einsatz des italienischen Außenministeriums beendet werden konnte. Insbesondere für Chiara Tarantino, die der Sportgruppe der Finanzwache angehört, dürfte die Affäre in Italien aber ein Nachspiel haben. Ihr wird vorgeworfen, dem Ansehen des italienischen Sports, in diesem Fall dem italienischen Schwimmverband Federazione Italiana Nuoto, Schaden zugefügt zu haben.
Der Diebstahl am Flughafen von Singapur, in den Benedetta Pilato und Chiara Tarantino verwickelt waren, ist ein schwerwiegender Vorfall, auch wenn es sich streng genommen nicht um eine Straftat handelt. Ein Diebstahl kann nicht bestraft werden, wenn die Entwendung eines Gegenstands aus Spaß erfolgt, ohne die Absicht, daraus Profit zu schlagen, wenn sie als besonders geringfügig angesehen wird und das Verhalten nicht gewohnheitsmäßig ist. Dies scheint bei den beiden italienischen Schwimmerinnen, die von den Behörden Singapurs festgesetzt wurden, der Fall zu sein. Sie erhielten keine Geldstrafe, sondern lediglich eine Verwarnung. Doch wie sind sie in diese Schwierigkeiten geraten?
Der Vorfall ereignete sich am Tag ihrer Rückkehr aus einem zehntägigen Urlaub auf Bali. Eine Gruppe von acht jungen Schwimmerinnen hatte diesen im Anschluss an die Schwimmweltmeisterschaften, deren Wettkämpfe vom 27. Juli bis zum 3. August stattgefunden hatten, auf der „Insel der Götter” verbracht. Gerade der letzte Wettkampftag war für Benedetta Pilato der glücklichste, denn sie gewann ihre fünfte Weltmeisterschaftsmedaille in Folge im 50-Meter-Brustschwimmen.
Auf der Heimreise legte die Gruppe einen Zwischenstopp in Singapur ein. Als Anita Bottazzo Probleme beim Einchecken ihres Gepäcks hatte, verabredeten sich ihre Nationalmannschaftskolleginnen Benedetta Pilato, Chiara Tarantino und Sofia Morini mit ihr im Abflugbereich. Um sich die Wartezeit zu vertreiben, besuchten die drei jungen Schwimmsportlerinnen den Duty-Free-Shop des Flughafens. Als die Boardingzeit begann, begaben sie sich zum Gate, wo inzwischen auch Anita angekommen war.
Genau in diesem Moment wurden sie von Polizeibeamten zur Kontrolle angehalten. Die Polizisten waren von Mitarbeitern der Videoüberwachung dorthin geleitet worden und hatten sich die betreffenden Bilder bereits angesehen, sodass sie wussten, wonach sie suchen mussten. „Unser Flug wird aufgerufen, wir müssen los“, versuchte eine von ihnen zu erklären. „Ihr bleibt hier, bis wir fertig sind“, lautete die strenge Antwort.
Die Bilder der Überwachungskamera hatten tatsächlich gezeigt, wie Chiara Tarantino die beiden Flaschen heimlich in Pilatos Rucksack gesteckt hatte. „Ich wurde gegen meinen Willen darin verwickelt. Ich hatte nie die Absicht, etwas Unangemessenes zu tun“, schrieb Benedetta später auf ihrer Instagram-Seite.
Da die Polizisten in den Taschen und dem Handgepäck von Sofia Morini und Anita Bottazzo kein Diebesgut fanden, konnten sie ihre Heimreise fortsetzen. Sie verpassten jedoch ihren Flug und waren gezwungen, neue Flugtickets zu kaufen.
Als die Beamten anschließend den Rucksack von Benedetta Pilato durchsuchten, kam die Beute zum Vorschein. Dabei handelte es sich um zwei Fläschchen mit duftenden ätherischen Ölen im Wert von etwa zehn Dollar. Pilato und Tarantino wurden auf die Polizeiwache gebracht. Dort wurden den beiden Schwimmerinnen die Pässe abgenommen. Sie mussten sich ausziehen, wurden einer Leibesvisitation unterzogen und dann stundenlang verhört. Den Raum durften sie dabei nicht verlassen. Nach dem Verhör wurden sie angewiesen, sich in ein Hotel einzuchecken und Singapur bis zum Erhalt neuer Anordnungen nicht zu verlassen.
In der Zwischenzeit schaltete sich die italienische Botschaft in den Fall ein. Der italienische Botschafter in Singapur, Dante Brandi, der dem italienischen Schwimmverband während der Weltmeisterschaften eine wertvolle Unterstützung gewesen war, bemühte sich, die Situation zu entschärfen und eine Lösung zu finden. Er informierte das italienische Außenministerium und nahm Kontakt mit dem italienischen Schwimmverband Federazione Italiana Nuoto auf.
Dabei soll Botschafter Dante Brandi die Gelegenheit genutzt haben, den beiden gehörig den Kopf zu waschen. Die diplomatischen Bemühungen waren erfolgreich, es fehlte jedoch noch die Zustimmung des Leiters der Flughafenbehörde, der sich im Urlaub befand. Nach dessen Rückkehr bekamen die beiden Schwimmerinnen auch von ihm eine strenge Standpauke. Pilato und Tarantino wurden von den Behörden des südostasiatischen Stadtstaats verwarnt und erhielten nach ihrer Entschuldigung die Pässe zurück. Nach sechs Tagen unfreiwilligen Aufenthalts in Singapur durften Benedetta Pilato und Chiara Tarantino schließlich nach Italien ausreisen.
Während der Vorfall für Benedetta Pilato, die als unschuldig gilt, damit erledigt ist, dürfte er für Chiara Tarantino, die der Sportgruppe der Finanzwache angehört, in Italien ein Nachspiel haben. Ihr wird vorgeworfen, dem Ansehen des italienischen Sports, in diesem Fall dem italienischen Schwimmverband Federazione Italiana Nuoto, Schaden zugefügt zu haben. Zwar wird nicht mehr mit einer schweren Bestrafung wie der Entlassung aus dem Dienst und dem Rauswurf aus der Nationalmannschaft gerechnet, aber eine negative Eintragung in ihr Führungszeugnis wird die 22-Jährige nicht vermeiden können.
Auch die Mehrheit der Italiener scheint milde gestimmt zu sein. Angesichts des geringen Werts der Beute und der Einmaligkeit des Vorfalls – so die meisten Stimmen – wird die gehörige Standpauke samt harscher Behandlung durch die strengen singapurischen Behörden als vollkommen ausreichend angesehen. Die Freundschaft zwischen den jungen Schwimmerinnen dürfte nach Chiaras „Kleptomanieanfall” jedoch vorbei sein.
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