Kassationsgerichtshof stuft Gestank nach verbranntem Öl als „Geruchsbelästigung“ ein

Kondominiumsstreit: Frittiergeruch wird zur Straftat

Donnerstag, 06. April 2017 | 07:10 Uhr

Rom – Ein Urteil des römischen Kassationsgerichtshofes sorgt unter Kondominiumsverwaltern und Nachbarn in Mehrfamilienhäusern für rege Diskussionen. In einem denkwürdigen Richterspruch stuften Italiens Höchstrichter den Frittiergeruch als „Geruchsbelästigung“ ein.

Twitter/cassazione

Aber das Urteil betrifft laut Ansicht der Experten nicht nur den Gestank nach verbranntem Öl. Für all jene, die es lieben, den ganzen Tag hinter Pfannen und Töpfen zu verbringen, gerne starke Gewürze wie Curry verwenden und auch mit dem geruchsintensiven Knoblauch nicht sparsam umgehen, könnten in Zukunft harte Zeiten anbrechen. Sie könnten aufgrund des richtungsweisenden höchstrichterlichen Urteils mit Schadenersatzforderungen und Unterlassungsklagen konfrontiert werden. Auch die Restaurants, die sich im Erdgeschoss von Mehrfamilienhäusern befinden und oft nicht über die gesetzlich vorgeschriebenen Abzugseinrichtungen verfügen, sind nun gezwungen, schnell Abhilfe zu schaffen.

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Aber der Reihe nach. Das Urteil ist das letzte Kapitel eines jahrelangen Streites, den mehrere Eigentümer eines Kondominiums in Molfalcone, einer Kleinstadt in Friaul-Julisch Venetien, gegen eine im Erdgeschoss des Hauses wohnende Familie ausgefochten hatten. Da aus der Küche der Parterrewohnung immer wieder die Nachbarn belästigender Rauch, Geruch und Geräusche gedrungen waren und die Verursacher nie Einsicht gezeigt hatten, hatten sich die anderen Hausbewohner entschlossen, den Rechtsweg durch alle Instanzen zu beschreiten. Mit dem Urteil Nummer 14467 des Jahres 2017, in dem der römische Kassationsgerichtshof die Geruchsbelästigung mit dem im Artikel 694 des italienischen Strafgesetzbuches beschriebenen Tatbestand – „Gefährliches Herabwerfen von Gegenständen“: http://www.brocardi.it/codice-penale/libro-terzo/titolo-i/capo-i/sezione-ii/art674.html – gleichsetze, fand der Streit nun sein vorläufiges Ende.

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Aber die Diskussion steht erst am Beginn. In Italien betrifft jedes Jahr rund eine Million Klagen und Zivilprozesse Kondominiumsstreitigkeiten und darin ist der Anteil der angestrengten Verfahren, die Zwistigkeiten um „Essensgeruch“ betreffen, stetig im Steigen begriffen. Während viele Hausbesitzer aufatmen, fürchten die „Vielkocher“ infolge des Urteils von einer Klagewelle überrollt zu werden.

Nicht davon ausgeklammert darf die kulturelle Dimension des Urteils werden. Gerade Einwanderer aus dem Nahen Osten und dem indischen Subkontinent sind große Liebhaber scharfer Gewürze und von Knoblauch, was bei europäischen Nasen oft blankes Entsetzen auslöst. Die Gralshüter der italienischen Essenskultur hingegen fürchten, dass nach dieser Richtungsentscheidung sich Italienerinnen und Italiener immer öfter fürchten, daheim groß zu kochen und am Sonntag die Großfamilie zu Tisch zu bitten.

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Und was meinen unsere Leser? Wurdet ihr schon einmal von der Kocherei der Nachbarn gestört oder seid ihr der Meinung, dass das Urteil eure „Kochfreiheit“ einschränkt?

Von: ka