Verzweiflungstat eines 15-Jährigen erschüttert Italien – VIDEO

“Leonardo wurde gemobbt, sie wollten ihn vernichten”

Mittwoch, 16. Oktober 2024 | 07:55 Uhr

Von: ka

Senigallia – Der Suizid des 15-jährigen Leonardo Calcina erschüttert Italien. Seine Eltern hatten bereits ein Treffen mit dem Schuldirektor vereinbart, aber für Leonardo kam dennoch jede Hilfe zu spät. Nachdem er in einer Oberschule in Senigallia von mehreren Mitschülern monatelang gequält und misshandelt worden war, wusste Leonardo keinen anderen Ausweg mehr. Er entwendete die Pistole seines Vaters und richtete die Waffe gegen sich selbst. “Leonardo wurde in der Schule gemobbt, man wollte ihn vernichten!”, so die Mutter des Opfers nach der Anzeige bei den Carabinieri.

Alles begann vor ein paar Monaten, nachdem Leonardo die Schule gewechselt hatte. Der 15-Jährige, der im zweiten Jahr die Berufsschule Alfredo Panzini, Fachrichtung Tourismus und Sport, besuchte, hatte diese Schule gewählt, weil ihm die dort unterrichteten Fächer besonders zusagten. Bald kam er jedoch immer lustloser und schweigsamer nach Hause, auch seine schulischen Leistungen ließen nach. Leonardo wollte nicht mehr zur Schule gehen. In seiner Not vertraute er sich seinem Vater Francesco und seiner Mutter Viktoria an, die zwar getrennt leben, sich aber sehr gut verstehen.

Auf Drängen seiner Eltern offenbarte er all das, worunter er seit Wochen litt. Aufgrund seiner höflichen Art, die seine Peiniger als Schwäche auslegten, wurde er immer öfter zum Gegenstand beißenden Spotts und ständiger vulgärer Beleidigungen. Aber das war leider noch nicht alles. Es konnte vorkommen, dass er auf der Toilette umzingelt, geschlagen und auf vielfache Art und Weise misshandelt wurde.

Daraufhin beschlossen seine Eltern, sich an den Direktor der Oberschule zu wenden. “Der Termin war für Montag angesetzt”, teilt die Anwältin der Familie, Pia Perricci, fast unter Tränen mit. Pia Perricci, die Leonardo aufwachsen sah, beschreibt den Jugendlichen als “sehr nett und hilfsbereit”.

ANSA/Carlo Leone

Am letzten Mittwoch kam Leonardo mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck von der Schule heim. Seine Mutter fragte ihn, was passiert sei, und er entgegnete ihr, er habe “getan, was jeder Mensch tun muss”. Seinen Erzählungen zufolge habe er ihnen “zum Zeichen des Friedens seine Hand angeboten”. “Das reicht, hört auf, lasst uns Freunde werden”, soll er ihnen gesagt haben. Aber wie Pia Perricci im Namen der beiden Eltern berichtet, habe das Mobbing nicht nur nicht aufgehört, sondern sei sogar noch unerträglicher geworden.

Die kleine Villa, in der 15-jährige Leonardo mit seinem Vater lebte, ist nur wenige Kilometer vom späteren Fundort der Leiche – einem verlassenen Bauernhof – entfernt. Nach dem Abendessen verabschiedete sich Leonardo am Samstagabend gegen 21.00 Uhr von seinem Vater und wünschte ihm eine gute Nacht. Entgegen seiner Gewohnheit ging er jedoch nicht auf sein Zimmer, sondern zog sich seinen schwarzen Trainingsanzug und Flip-Flops an. Heimlich entwendete er die Pistole seines Vaters, der bei der Stadtpolizei von Senigallia arbeitet, und brach zum verlassenen Bauernhaus auf, wo sich laut der Zeugenaussage einer Frau, die einen Schuss hörte, die Verzweiflungstat abgespielt hat.

Als der Vater in der Nacht bemerkte, dass sein Sohn nicht zu Hause war und aus dem Wandsafe seine Dienstpistole, eine Beretta PX4, fehlte, befürchtete er das Schlimmste. “Leo! Leo! Wo bist du?”, rief der Mann, doch der Junge war bereits weggelaufen. Da die zwar unwahrscheinliche, aber nicht gänzlich auszuschließende Möglichkeit bestand, dass Leonardo an seinen Peinigern Rache nehmen könnte, überwachten die Ordnungskräfte auch seine Schule. Noch am frühen Sonntagmorgen wurde es jedoch zur traurigen Gewissheit, dass Leonardo tot war. Eine Drohne der Carabinieri entdeckte vor dem verlassenen Bauernhaus den leblosen Körper des 15-Jährigen. Leonardo soll letzten Erkenntnissen zufolge weder eine Nachricht auf seinem Smartphone noch so etwas wie einen Abschiedsbrief hinterlassen haben.

Noch während der laufenden Fahndung erstattete seine Mutter Anzeige bei den Carabinieri. In der Akte des von der Staatsanwältin von Ancona, Monica Garulli, eröffneten Verfahrens wegen Anstiftung zum Suizid stehen die Namen zweier Klassenkameraden Leonardos, von denen der 15-Jährige immer wieder gequält und misshandelt worden sei.

Weit über das bekannte und beliebte Adriaseebad Senigallia hinaus sind Trauer und Entsetzen groß. “Warum nur wollten sie meinen Sohn vernichten?”, fragt sich weinend Leonardos Mutter.

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