„Mailands Krankenhäuser vor dem Zusammenbruch“ – VIDEO

Lockdown für Mailand, um Italiens „Schließung“ zu vermeiden?

Donnerstag, 29. Oktober 2020 | 08:04 Uhr

Mailand – Infolge der galoppierenden Coronaepidemie in Mailand und Umgebung scheint jener gefürchtete Moment, an dem die Gesundheitsfürsorge der Metropole zusammenbrechen wird, immer näher zu rücken. Um eine Katastrophe wie im Frühjahr in Bergamo und ein Ausgreifen der Ansteckungen auf die ganze Lombardei – und auf ganz Italien – zu vermeiden, mehren sich jene Stimmen, die für die lombardische Millionenstadt und seine Umgebung die Schaffung einer „Roten Zone“ fordern. Die „Schließung“ Mailands – so diese Meinungen – könnte wesentlich dazu beitragen, einen gesamtstaatlichen Lockdown zu verhindern.

Facebook/Attilio Fontana

„Mailands Krankenhäuser stehen vor dem Zusammenbruch. Für die Patienten gibt es keinen Platz mehr. Geht das so weiter, riskieren wir, dass Menschen zu Hause oder im Krankenwagen sterben“, so der Primar der Kardiologie des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand, Maurizio Viecca.

Maurizio Viecca fügte hinzu, dass diese dramatische Lage weniger auf die schlichte Anzahl der verfügbaren Betten, sondern vielmehr auf mangelndes Personal zurückzuführen sei. „In der Tat sind anteilsmäßig mehr Ärzte und Pflegekräfte erkrankt als im Frühjahr“, so der Primar der Kardiologie des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand, der gleichzeitig auch einige Maßnahmen wie Öffnung der Mailänder Altstadt für den Autoverkehr und die Verstärkung des öffentlichen Verkehrsmittel durch Touristikbusse vorschlug.

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Zudem ermahnte Maurizio Viecca die Mailänder dazu, die Mundnasenschutzmasken zu benützen. „Wenn 95 Prozent der Menschen der Norm entsprechende Gesichtsmasken verwenden würden, hätten wir Tausende von Toten weniger. Auch ein Lockdown würde kurz und entscheidend sein. Dies zeigt auch eine Studie der Universität von Washington“, so Maurizio Viecca.

Die dramatische Entwicklung der Neuansteckungen in Mailand und Umgebung sowie die exponentiell zunehmende Anzahl von Corona-Patienten in den Intensivstationen und Covid-19-Abteilungen der Krankenhäuser der lombardischen Metropole scheinen die Meinung des Primars der Kardiologie des Krankenhauses „Sacco“ von Mailand zu bestätigen. Von den 24.991 Neuansteckungen in Italien wurden aus der Lombardei 7.558 neue Fälle gemeldet, wobei 2.708 von ihnen allein in der Provinz Mailand entdeckt wurden.

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Mehrere angesehene Experten kamen bereits in der vergangenen Woche zum Schluss, dass in Mailand – und in Neapel – die Coronaepidemie außer Kontrolle geraten sei. Um eine Katastrophe wie im Frühjahr in Bergamo und in der Val Seriana, als eine Kette von fatalen Fehleinschätzungen und Verzögerungen die Ausrufung einer „Roten Zone“ verhindert hatte, zu vermeiden, mehrten sich in den vergangenen Tagen die Stimmen, die für die lombardische Millionenstadt und seine Umgebung die Schaffung einer „Roten Zone“ fordern. Diese Experten vertreten die Meinung, dass sich in Mailand und seiner Umgebung, in denen 3,2 Millionen Menschen dicht – 2.080 Einwohner pro Quadratkilometer – zusammenwohnen, ein gewaltiger Corona-Herd gebildet habe, dem nicht mehr mit den geltenden Corona-Einschränkungen, sondern nur mehr mit einem totalen Lockdown beizukommen sei.

ANSA/FILIPPO VENEZIA

Noch aber wehren sich der Präsident der Region Lombardei, Attilio Fontana, und der Bürgermeister von Mailand, Giuseppe Sala, mit Händen und Füßen gegen die Ausrufung einer „Roten Zone“, die Mailand und seine dicht bevölkerten Nachbargemeinden einschließt. Vielmehr wollen beide noch die Entwicklung der nächsten zwei Wochen abwarten. Alle Zahlen – von den Neuansteckungen bis hin zu den Neuaufnahmen in den Spitälern – weisen aber darauf hin, dass spätestens ab Mitte bis Ende November die oberste Kapazität der Mailänder Kliniken erreicht sein wird. Bereits heute müssen Mailänder Patienten in die lombardischen Nachbarprovinzen verlegt werden.

Das Desaster von Bergamo und der Val Seriana scheint sich zu wiederholen. Niemand der Verantwortlichen besitzt den Mut, auszusprechen, dass ein lokaler Lockdown, der 3,2 Millionen Bürger betreffen würde, aus heutiger Sicht unumgänglich ist. Stehen wir vor einem „neuen Bergamo“?

Von: ka