Verfahren gegen italienische Politgrößen und Cosa-Nostra-Bosse

Mafia und Staat: Schwere Haftstrafen in Palermo

Freitag, 20. April 2018 | 19:24 Uhr

Palermo – Ein Schwurgericht in Palermo hat am Freitag bekannte Politiker und Polizeichefs wegen eines mutmaßlichen Pakts zwischen dem Staat und der Cosa Nostra in den 90-er Jahren zu Haftstrafen zwischen acht und 28 Jahren verurteilt.

Vor Gericht stand auch der ehemalige Senator Marcello Dell’Utri, der ein langjähriger Vertrauter von Ex-Premier Silvio Berlusconi war. Er wurde zu zwölf Jahren Haft verurteilt. Die höchste Strafe wurde über den bekannten Mafia-Boss Leoluca Bagarella verhängt. Carabinieri-Hauptmann Giuseppe Donno wurde hingegen zu einer achtjährigen Haftstrafe verurteilt.

Der ehemalige Innenminister und früherer Senatspräsident Nicola Mancino, der wegen Falschaussage vor Gericht stand, wurde freigesprochen.

Acht Jahre Haft warten außerdem außerdem Massimo Ciancimino, der wegen Geldwäsche bereits zu drei Jahren Haft verurteilt worden war. Er ist der  Sohn des langjährigen Bürgermeisters von Palermo, Vito Ciancimino, und ein Schlüsselzeuge in mehreren Mafia-Untersuchungen.

Von besonderer Bedeutung sind seine Aussagen über mögliche Verstrickungen zwischen der Cosa Nostra und dem Staat in den 90-er Jahren. Laut Massimo Ciancimino stellte die Cosa Nostra Anfang der 90-er Jahre mehrere Forderungen an den Staat – darunter die Abschaffung der für Mafiosi erschwerten Haftbedingungen. Im Gegenzug erklärte sich die Mafia bereit, keine weiteren Anschläge wie jene zu verüben, die 1992 zum Tod der Anti-Mafia-Jäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino geführt hatten.

Im Prozess war auch das langjährige Oberhaupt der Cosa Nostra, Salvatore Riina, angeklagt, der im November in Haft verstorben war. Der Prozess war seit 2013 im Gang. Prominente Zeugen wurden vorgeladen, darunter Italiens ehemaliger Staatspräsident Giorgio Napolitano und Ex-Senatspräsident Pietro Grasso, der zu den bedeutendsten Anti-Mafia-Staatsanwälten in Italien zählte.

Von: mk