Sizilianischer Bürgermeister verweigert „Le Iene“ Interview

„Mit Angestellten von Berlusconi rede ich nicht über die Mafia“

Freitag, 18. Mai 2018 | 08:29 Uhr

Bagheria – Die Weigerung eines sizilianischen Bürgermeisters, der Aufdecker- und Satiresendung „Le Iene“ des Berlusconi-Senders Italia Uno ein Interview zu geben, sorgte weit über die italienische Medienwelt hinaus für großes Aufsehen.

Facebook/Patrizio Cinque

Patrizio Cinque, Bürgermeister der sizilianischen Kleinstadt Bagheria, erhielt von einem Reporterteam der Aufdecker- und Satiresendung „Le Iene“ eine Interviewanfrage, die er aber mit einer erstaunlichen Begründung ablehnte. „Mit Angestellten von Berlusconi, auch indirekten, rede ich nicht über die Mafia“, so Patrizio Cinque, Bürgermeister der Fünf-Sterne-Bewegung, zu den Reportern.

„Laut eines erst kürzlich erfolgten Richterspruchs und durch die Worte des Staatsanwalts Di Matteo kam zutage, dass mit der Cosa Nostra ein Pakt geschlossen worden war, der durch Marcello dell’Utri vermittelt und von 1974 bis 1992 vom damaligen Unternehmer Silvio Berlusconi eingehalten worden war“, so Cinque zu den Reportern.

Facebook/Patrizio Cinque

Der aufsehenerregende Vorfall wurde vom ersten Bürger von Bagheria, die von einer Mehrheit der Fünfsternebewegung regiert wird, auf seiner Facebook-Seite mitgeteilt. Im Facebook-Eintrag äußerte sich Patrizio Cinque auch über den Grund der Interviewanfrage der „Iene“.

„Gegenstand der Anfrage war eine Immobilie, die der Mafia gehört hatte und beschlagnahmt worden war. Nachdem mehrere Familien illegal das Haus besetzt hatten, habe ich mich mit der Präfektur und den Ordnungskräften in Kontakt gesetzt, um das Gebäude zu räumen, wobei auch zu bedenken ist, dass das Haus von Minderjährigen bewohnt wird“, so der Bürgermeister von Bagheria.

Es sei der Wille aller in diesem Verfahren involvierten Institutionen, so Cinque in seinem Facebook-Eintrag, das Gebäude zu räumen und es, einmal einer Instandhaltung unterzogen, der Gemeinschaft zurückzugeben. Dieser ganze Vorgang sei nachvollzieh- und dokumentierbar, so Patrizio Cinque.

„Aus Respekt vor den von der Mafia Ermordeten und aus Respekt vor jenen, die – Journalisten inbegriffen – gegen die Mafia gekämpft haben, halte ich es daher als nicht zielführend, mich mit Angestellten von Berlusconi mit dem Thema Mafia zu befassen“, so Patrizio Cinque auf Facebook.

Patrizio Cinque zeigte sich aber bereit, auf schriftliche Anfrage hin mit einem detaillierten Bericht des betreffenden Verfahrens zu antworten.

Facebook/Patrizio Cinque

Der Facebook-Eintrag von Patrizio Cinque wurde im Netz schnell zum Hit und wurde vielfach gelesen und geteilt. Unter seinem Eintrag gaben nicht weniger als 400 Nutzer einen Kommentar ab. Die meisten Leser im Netz stimmten dem ihrer Ansicht nach mutigen Bürgermeister von Bagheria zu und hielten seine Argumentation, nicht mit „Berlusconi-Leuten“ über Cosa Nostra zu reden, für stimmig. Andere hingegen sprachen von politischer Intoleranz und gaben zu bedenken, wie viele Familien dank der „Berlusconi-Sender“ der Mediaset-Gruppe eine Arbeit hätten.

https://www.facebook.com/patriziocinque.m5s/posts/818297348380409

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Von: ka