Die 42-jährige Alessandra Rossi verteilt trotz widrigster Umstände weiter Medikamente

Mutige Apothekerin lässt sich vom Beben nicht vertreiben

Montag, 07. November 2016 | 08:19 Uhr

Norcia/Umbrien – Aufgrund mehrerer schwerer Beben sind viele Einwohner von Norcia in der mittelitalienischen Region Umbrien aus der Stadt geflohen. Aber viele Menschen wollen ihre Stadt nicht verlassen und versuchen mit Mühe und Not, ein normales Leben weiter aufrechtzuerhalten. Allerdings gestaltet der näher rückende Winter die Lage immer schwieriger.

Von einer dieser „Heldinnen des Alltags“ – Allessandra Rossi – berichtet die Onlineausgabe des Corriere della Sera. Die 42-jährige Frau arbeitete in einer der zwei Apotheken der Stadt und ist seit dem Beben gezwungen, ihre Apothekerarbeit praktisch im Freien zu betreiben. Vor einem Camper, der ihr von der Apothekervereinigung Federfarma zur Verfügung gestellt wurde, stellte sie einen Klapptisch auf, der ihr als „Schauraum und Verkaufstresen“ dient.

Das Gebäude, in dem sich die Apotheke „San Benedetto“ befand, die die Familie Rossi seit vier Jahrzehnten betrieb, wurde vom Beben unbewohnbar gemacht. Wehrmänner halfen der 42-Jährigen, die Arzneimittel aus der einsturzgefährdeten Apotheke in Sicherheit zu bringen. Die Arbeit ist hart. Jeden Tag bildet sich vor dem Camper eine lange Schlange, die bedient werden will. Fixe Öffnungszeiten gibt es keine. Die Arbeitszeit reicht von Tagesanbruch, wenn die ersten Kunden erscheinen, bis zum Abend, wenn kein Einwohner von Norcia mehr Medikamente und Arzneimittel braucht.

Die mutige Frau ist den ganzen Tag der Kälte und der Feuchtigkeit ausgesetzt. Sie und ihr Mann müssen zurzeit noch im Auto übernachten, zumal es noch an Notunterkünften fehlt. Ihre zwei Kinder – ein zehn und ein vier Jahre altes Mädchen – wurden zu den Schwiegereltern nach Perugia in Sicherheit gebracht.

Aber das Ehepaar erfährt auch viel Solidarität. Bei einer Freundin, die in einem gut erhaltenen Gehöft außerhalb der Stadt wohnt, können die beiden duschen und manchmal auch essen. Ihre eigene Wohnung hingegen befindet sich in der sogenannten „Roten Zone“ der Kleinstadt und ist gleich wie die Apotheke unbegehbar. Immer wieder kommen Freunde und Bekannte zur „Apotheke“, sehen nach dem rechten, und fragen, ob sie irgendetwas braucht und wie sie ihr helfen können.

Mit dem spätherbstlichen Schlechtwetter wird die Lage der fleißigen Alessandra Rossi und ihres Mannes immer unhaltbarer. Es wird langsam Zeit, der Apotheke einen kleinen Fertigbau oder einen Container zur Verfügung zu stellen und dem Paar einen Schlafplatz zu besorgen.

 

Von: ka