Rachepornoopfer (20) an den Pranger gestellt – VIDEO

Nötigung und Verleumdung: Kindergartendirektorin zu Haft verurteilt

Sonntag, 21. Februar 2021 | 08:15 Uhr

Turin – Im Fall einer jungen Kindergartenerzieherin, die Opfer eines Rachepornos geworden war und die aufgrund der in den Umlauf gebrachten Intimfotos von der Kindergartendirektorin entlassen worden war, erging am Freitag das Urteil. Während die Direktorin wegen Nötigung und Verleumdung zu 13 Monaten Haft verurteilt wurde, bekam die Mutter eines der Kindergartenkinder, die die Bilder weitergeleitet und der Frau gedroht hatte, eine Haftstrafe von einem Jahr.

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Die traurige Geschichte hatte im Jahr 2018 in einer Gemeinde in der Nähe von Turin ihren Anfang genommen. Der Freund einer jungen Kindergartenerzieherin hatte nach dem Ende der Beziehung pikante Fotos und Videos im WhatsApp-Chat seiner Sportgruppe mit seinen Fußballfreunden geteilt. Die Fotos und die Videos, in denen das Gesicht der Kindergartenerzieherin klar zu erkennen ist, waren zwischen den Fußballspielern des Freizeitvereins und ihrem privaten Umfeld viele Male kommentiert und geteilt worden. Leider hatte dabei auch die Ehefrau eines der Fußballfreunde des Mannes die Frau im Video als die Kindergartenerzieherin ihres kleinen Sohnes wiedererkannt.

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Die Frau, die die Fotos und Videos sexuellen Inhalts an drei weitere Mütter weitergeleitet hatte, hatte der jungen Erzieherin damit gedroht, im Falle einer Anzeige gegen ihren Mann die Kindergartendirektorin zu informieren. Die junge Erzieherin hatte sich aber nicht einschüchtern lassen und hatte ihren Ex-Freund und alle, die das pikante Foto- und Videomaterial weitergereicht hatten, angezeigt.

Auch von der Kindergartendirektorin, die von der Mutter über die zirkulierenden Fotos und Videos informiert worden war, hatte die junge Frau keine Hilfe erfahren. Obwohl es eigentlich Aufgabe der Direktorin gewesen wäre, Solidarität zu zeigen und gemeinsam mit dem Opfer den Vorfall zur Anzeige zu bringen, hatte die Leiterin des Kindergartens die Frau öffentlich an den Pranger gestellt.

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Die Vorgesetzte hatte sogar ein Entlassungsverfahren eingeleitet und hatte die junge Frau erniedrigt, indem sie sich öffentlich über die Gründe der Entlassung – das zirkulierende pornografische Foto- und Videomaterial – geäußert hatte. Eine WhatsApp-Sprachnachricht, die die Direktorin allen Kolleginnen des Rachepornoopfers geschickt hatte und die später während der Gerichtsverhandlung abgespielt wurde, spricht Bände.

„Bitte versucht sie dazu zu bringen, etwas Falsches zu tun. Was auch immer passiert, verständigt mich und ich werde es als Vorwand verwenden, sie wegzuschicken. Tut mir den Gefallen. Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Es wird ein sehr harter Krieg. Ich bin sehr wütend auf sie und ich will sie nicht mehr sehen“, so die Kindergartendirektorin. Obwohl das Entlassungsverfahren später eingestellt worden war, hatte die Frau ihre Arbeit verloren.

Fast drei Jahre nach den traurigen Vorfällen erging das erstinstanzliche Urteil des Turiner Gerichts. Während die Kindergartendirektorin wegen Nötigung und Verleumdung zu 13 Monaten Haft verurteilt wurde, bekam die Mutter eines der Kindergartenkinder, die die Bilder weitergeleitet und der Frau gedroht hatte, eine Haftstrafe von einem Jahr. Der Vater des betreffenden Kindes sowie eine Arbeitskollegin des Rachepornoopfers werden sich wegen Weiterleitung von Intimfotos in einem getrennten Verfahren verantworten müssen. Der Ex-Freund des Opfers hingegen war bereits im Rahmen eines getrennten Gerichtsverfahrens zu einem Jahr sozial nützlicher Arbeiten verurteilt worden. Der Mann muss sich für ein ganzes Jahr acht Stunden pro Woche ohne Feiertagspausen für sozial nützliche Arbeitseinsätze zur Verfügung stellen. Zudem kommen auf alle Beteiligten Schadenersatzforderungen im fünf- bis sechsstelligen Bereich zu.

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Nach dem Gerichtsurteil zeigte sich das junge Rachepornoopfer zufrieden. „Ich bin mit diesem Urteil zufrieden. Auch wenn ich mich persönlich nicht entschädigt fühle, ist dennoch nach Jahren die Wahrheit ans Licht gekommen. Niemand hat sich jemals bei mir entschuldigt. Selbst jetzt habe ich wegen dieser Affäre noch keine Arbeit gefunden. Ich will aber einfach nur wieder als Kindergärtnerin arbeiten“, so die junge Frau.

Der Fall und das Urteil erregten in der italienischen Öffentlichkeit großes Aufsehen. Beobachter bezeichneten das Urteil als richtungsweisend.

Von: ka