"Unter 700 bis 800 Euro im Monat ist nichts zu finden" – VIDEO

Protest gegen hohe Mieten: Studentin zeltet vor der Uni

Freitag, 05. Mai 2023 | 08:04 Uhr

Mailand – Der Protest einer Studentin sorgt weit über Mailand hinaus für Aufsehen. Da es sich aus Zeit- und Studiengründen nicht mehr ausging, vier Stunden bis zu ihrer Universität zu pendeln, und sie es sich nicht leisten konnte, im teuren Mailand ein Zimmer zu mieten, schlug die 23-jährige Ilaria Lamera auf dem Platz vor dem Eingang der Universität Politecnico von Mailand kurzerhand ein Zelt auf. Bereits nach der ersten Nacht wurde die junge Frau zum Symbol für den Kampf gegen die hohen Mieten in Mailand.

„Sie führt diesen Kampf für uns alle“, so viele ihrer Studienkollegen, die ebenfalls über die viel zu hohen Mieten in der lombardischen Metropole klagen. Inzwischen wurde auch die Politik aktiv. Den Studenten wurde versprochen, Abhilfe zu schaffen. Ilaria Lamera will bis Sonntag, den 7. Mai, auf dem Platz bleiben.

Facebook/La Terna Sinistrorsa

Seit sie an der Universität Politecnico von Mailand studierte, pendelte laria Lamera von ihrem Heimatort Alzano Lombardo bei Bergamo mehrmals die Woche nach Mailand. Während der Covid-Zeit nutzte sie die Vorteile des Online-Studiums, das es ihr ermöglichte, nicht nur viel Geld zu sparen, sondern auch die verfügbare Zeit besser zu nutzen. Mit dem Ende der Corona-Notlage wurden die Onlinekurse aber immer seltener, was die 23-Jährige erneut dazu zwang, fast jeden Tag nach Mailand zu fahren.

„Seit letztem Jahr pendle ich wieder. Zwei Stunden für die Hin- und der gleiche Zeitverlust für die Rückfahrt. Für Ingenieurstudenten ist es untragbar, vier Stunden Studienzeit zu verlieren“, erklärt laria Lamera, die über ihr mehrstündiges Pendlerdasein sogar ein Video filmte. Für eine junge Studentin ohne wohlhabende Eltern im Rücken – so laria Lamera – seien die Preise für ein Zimmer in der lombardischen Metropole aber inzwischen unerschwinglich.

„Im September begann ich mit der Wohnungssuche. Aber ich konnte nichts unter 700 bis 800 Euro im Monat für ein Einzelzimmer finden. Für weniger Geld waren nur Mehrbettzimmer in beengten Quartieren oder ‚illegale‘ Unterkünfte zu haben. In meiner Verzweiflung hatte ich eines Tages die Idee, aus Protest auf dem Platz vor meiner Uni ein Zelt aufzuschlagen und darin einige Nächte zu verbringen. Ich bat die Jungs der Studentenvereinigung ‚La Terna Sinistrorsa‘ darum, mir zu helfen und so organisierten wir gemeinsam den Protest“, erzählt die junge Studentin, die in Mailand das vierte Jahr Ingenieurwesen studiert.

Das Zelt, vor dem mehrere Protestplakate prangen, ist von Weitem zu sehen. Neben dem Zelt genügen der jungen Studentin eine aufblasbare Matratze, mehrere Decken gegen die nächtliche Kälte sowie einige wenige persönliche Gegenstände. Die Nacht verbringt sie nie allein. Einige Studienkollegen, die ihren Protest unterstützen, leisten ihr die Nachtstunden hindurch Gesellschaft. Auch die Ordnungskräfte, die sich um die Sicherheit der jungen Frau sorgen, schauen in der Nacht mehrmals vorbei. Nette Studenten bringen ihr am Morgen sogar das Frühstück.

„Ich habe sehr wenig geschlafen. Ich bin heute Morgen um fünf Uhr aufgewacht. Ich bin ein bisschen müde, aber wenn jemand vorbeikommen und Hallo sagen will, ist er herzlich willkommen“, so Ilaria nach der ersten Nacht. „Sie führt diesen Kampf für uns alle“, so viele ihrer Studienkollegen, die ebenfalls über die hohen Mieten in der lombardischen Metropole klagen. Ilaria Lamera will bis Sonntag, den 7. Mai, auf dem Platz bleiben.

Inzwischen wurden auch Politiker auf den Protest aufmerksam. Ihr und ihren Studienkollegen der Studentenvereinigung „La Terna Sinistrorsa“ wurde versprochen, dass die Stadt die Nöte der Studenten, die sich ein Zimmer nicht mehr leisten können, ernst nimmt. Um deren Wohnungsnot zu lindern, sollen den Studenten neue Unterkünfte zur Verfügung gestellt werden. Zu diesem Zweck wollen die Kommunalpolitiker von Mailand nach bisher leer stehenden Gebäuden Ausschau halten.

Ob das etwas bringen wird, steht aber in den Sternen. Zumindest Ilaria Lamera gelang es aber, für die nächsten Monate eine einigermaßen günstige Bleibe zu finden. Bis Ende Juli darf sie für monatlich 600 Euro in einem Einzelzimmer wohnen.

Südtirols Studenten plagen ähnliche Sorgen. In Innsbruck oder etwa in Wien, aber auch in Bozen sind erschwingliche Wohn- und Heimplätze für Studenten rar. „Eine Studienstadt büßt enorm an Attraktivität ein, wenn es an leistbarem Wohnraum für Studierende mangelt. Hier herrscht dringender Handlungsbedarf“, so die Vorsitzende der Südtiroler HochschülerInnenschaft.

Von: ka