Kriminelle Machenschaften im Fußballumfeld – VIDEO

Schreckliche Bluttat: Ultras-Chef von Killern erschossen

Montag, 31. Oktober 2022 | 08:00 Uhr

Mailand – Am Samstagabend wurde der historische „Capo“ der Ultras des Mailänder Fußballclubs Inter, Vittorio Boiocchi, unter seiner Wohnung auf der Straße erschossen.

Laut einer ersten Rekonstruktion feuerten zwei Killer, die ihm vor seinem Haus aufgelauert hatten, auf ihn mindestens fünf Kugeln ab, die den 69-Jährigen, der 26 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hatte, tödlich trafen. Anschließend ergriffen die beiden Täter mit einem Motorrad die Flucht. Als Motiv wird eine Abrechnung im kriminellen Milieu Mailands vermutet. Vittorio Boiocchi, der nach der Verbüßung seiner letzten Haftstrafe erneut die „Herrschaft“ über die Inter-Ultras an sich gerissen hatte, war letzten Ermittlungen zufolge in illegale Geschäfte verwickelt, bei denen es um die Parkplätze in der Umgebung des Mailänder Meazza-Stadions und um den Verkauf von Eintrittskarten ging.

Bei Vittorio Boiocchi handelte es sich vielleicht um die schillerndste Figur der italienischen Ultra-Chefs. Der 69-Jährige, der 26 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hatte, wurde am Samstagabend kurz vor 20.00 Uhr in einem Hinterhalt unter seinem Haus am äußersten westlichen Stadtrand von Mailand getötet. Zwei Killer, die ihm dort auf der Straße aufgelauert hatten, feuerten auf ihn mindestens fünf Kugeln ab, von denen drei seinen Hals und seine Brust trafen. Anschließend ergriffen die beiden Täter mit einem Motorrad die Flucht. Der historische „Capo“ der Ultras des Mailänder Fußballclubs Inter erlag auf dem Weg ins Krankenhaus seinen schweren Schussverletzungen.

YouTube/Local Team

Da in der Straße, wo der Mord geschah, keine Überwachungskameras installiert sind und da es für die Bluttat angeblich keine Augenzeugen gibt, gestalten sich die Ermittlungen als schwierig. Die Ermittler fahnden nach zwei dunkel gekleideten Männern, die Motorradhelme trugen. Über das Motiv hingegen bestehen kaum Zweifel. Aufgrund des kriminellen Lebenswandels des Opfers gehen die Polizei und die Staatsanwaltschaft von Mailand von einer Abrechnung im kriminellen Milieu aus. Angesichts von Boiocchis umfangreicher kriminellen Vergangenheit ermitteln die Ermittler der Polizei in gleich mehrere Richtungen.

ANSA/FACEBOOK L’URLO DELLA NORD

Einigen Abhörprotokollen zufolge war der Ultras-Chef in illegale Geschäfte verwickelt, bei denen es um die Parkplätze in der Umgebung des Mailänder Meazza-Stadions und um den Verkauf von Eintrittskarten ging. In einem abgehörten Gespräch prahlte Boiocchi damit, dass er mit „Geschäften“ mit Parkplätzen, 700 bis 800 verkauften Eintrittskarten für Fußballspiele und Summen, die ihm jede Woche von zwei fliegenden Fastfoodhändlern, denen er angeblich einen Standplatz verschafft hatte, gezahlt werden, 80.000 Euro im Monat verdiene. Auch wenn es noch zu früh sei, um mit Sicherheit sagen zu können, dass dies die richtige „Spur“ ist, könnte sein gewaltsamer Tod leicht mit diesen Machenschaften in Verbindung stehen.

Capo ultrà dell'Inter ucciso in un agguato

Capo ultrà dell'Inter ucciso in un agguatoUcciso in un agguato nella periferia ovest di Milano Vittorio Boiocchi, capo storico della tifoseria interista della Curva nord. Nel suo passato molti precedenti penali e 26 anni di carcere.Jari Pilati per il Tg3 delle 12 del 30 ottobre 2022

Posted by Tg3 on Sunday, October 30, 2022

Boiocchis kriminelle Karriere hingegen hatte bereits in den Siebzigerjahren mit einer Serie und bewaffneten Raubüberfällen ihren Anfang genommen. Im Lauf der Jahre und Jahrzehnte war der 69-Jährige – unter anderem wegen Waffen- und Drogenhandels, Hehlerei, Entführung und Diebstahl – nicht weniger als zehnmal zu Gefängnisstrafen verurteilt worden, wodurch er 26 Jahre seines Lebens hinter Gittern verbracht hatte. Trotzdem war Vittorio Boiocchi, der auch Beziehungen zur kalabrischen ‘Ndrangheta unterhielt, auch nach seiner im Jahr 2018 erfolgten letzten Entlassung nie von seinem kriminellen Lebenswandel losgekommen.

ANSA/ANDREA FASANI

Nachdem er zusammen mit einem Komplizen an Bord eines gestohlenen Autos mit einer nicht registrierten Schusswaffe, einem Elektroschocker und zwei Handschellen von der Polizei erwischt worden war, war Boiocchi im Jahr 2021 erneut verhaftet worden. Wie es sich später herausstellte, waren die beiden Männer für Taten, die in Zusammenhang mit einer zwei Millionen Euro schweren Erpressung eines Mailänder Unternehmers gestanden hatten, von anderen Kriminellen angeheuert worden. Boiocchi stand daher unter besonderer Beobachtung. Unter anderem durfte er bei Inter-Spielen dem Stadion nicht näher als zwei Kilometer kommen. Dies hinderte ihn offenbar aber nicht daran, seinen kriminellen Geschäften nachzugehen.

YouTube/Local Team

Die Nachricht von seinem gewaltsamen Tod erreichte umgehend die „Curva Nord“ – den traditionellen Tribünenplatz der Inter-Ultras. Die eingefleischten Inter-Fans, die bis dahin auf den Anpfiff des Spiels Inter-Sampdoria gewartet hatten, zogen ihre Transparente zurück und hörten auf, ihre Mannschaft zu anzufeuern. Als Zeichen der Trauer und des Respekts gegenüber ihrem historischen „Capo“ verließen die Ultras des Mailänder Fußballclubs in der Halbzeitpause das Meazza-Stadion.

Damit waren aber nicht alle Zuschauer einverstanden. Am Sonntagmorgen beschwerten sich in den sozialen Medien viele Fans über die Art und Weise, wie die Anführer der „Nordkurve“ alle zum Verlassen des Meazza aufforderten. Jene, die sich trotzdem weiterhin das Fußballmatch ansehen wollten, wurden Berichten zufolge von den fanatischen Tifosi beschimpft und geschubst. Einige einfache Fans – darunter auch Familienväter mit ihren Kindern – sollen von den Ultras sogar verprügelt worden sein.

Der neu ernannte Sportminister der Regierung Meloni, Andrea Abodi, ließ am Sonntag verlauten, dass er einen Bericht über die Geschehnisse im Stadion anfordern werde.

Eine der Hauptaufgaben von Andrea Abodi wird es aber sein, dem kriminellen Treiben der italienischen Ultra-Chefs, die vor den Fußballstadien und im Umfeld der Clubs ihren illegalen Geschäften nachgehen, zu denen unter anderem die Einkünfte aus erpressten Parkplatzgebühren, der Verkauf von Eintrittskarten und der Vertrieb von Fanartikeln gehören, ein Ende zu bereiten. Vittorio Boiocchi hingegen wird außerhalb der Inter-Ultras kaum jemand eine Träne nachweinen.

 

Von: ka