Staatspräsident Sergio Mattarella schreitet ein – VIDEO

Skandal: INPS verlangt von Femizid-Waisen 124.000 Euro Schadenersatz

Montag, 09. Dezember 2019 | 08:08 Uhr

Marina di Massa – Sechs Jahre nach einem Femizid und dem folgenden Suizid – der Vater hatte zuerst die Mutter erschossen und sich anschließend das Leben genommen – sind die beiden Waisenkinder des Ehepaars, zwei Mädchen im Alter zwölf und 14 Jahren, Gefahr gelaufen, an das Sozialfürsorgeinstitut INPS eine Schadenersatzzahlung leisten zu müssen. Da der Vater vor dem Mord an seiner Ehefrau einen Mann, von dem er geglaubt hatte, dass er der Liebhaber seiner Frau sei, mit sechs Schüssen schwer verletzt hatte, forderte die INPS regelkonform die Nachkommen des Paars dazu auf, für die entstandenen Kosten von 124.000 Euro aufzukommen. Nicht zuletzt dank des Einsatzes von Staatspräsident Sergio Mattarella konnte diese Ungeheuerlichkeit, die unschuldige Waisen sechs Jahre nach dem gewaltsamen Tod der Eltern das zweite Mal zu Opfern gemacht hätte, abgewendet werden.

Der Leidensweg der beiden heute zwölf und 14 Jahre alten Mädchen begann an einem verhängnisvollen Tag im Sommer des Jahres 2013. Damals suchte der Vater der Mädchen, Marco Loiola, ihre 38-jährige Mutter, Cristina Biagi, die sich von ihm trennen wollte, an ihrem Arbeitsplatz auf und streckte sie mit einem Schuss nieder. Anschließend nahm Marco Loiola sich selbst das Leben. Allerdings forderte die Bluttat ein drittes Opfer. Vor dem Mord an seiner Frau richtete Marco Loiola die Waffe gegen einen Mann, Salvatore Galdiero, von dem er glaubte, dass er der Liebhaber seiner Frau sei, und verletzte ihn mit sechs Kugeln schwer.

ANSA/ RICCARDO DALLE LUCHE

Salvatore Galdiero überlebte nur knapp den versuchten Mord, verbrachte mehrere Wochen im Krankenhaus und trug vom Angriff eine bleibende Invalidität davon. Den eigenen Regeln folgend und das übliche Prozedere beachtend, forderte das nationale Sozialfürsorgeinstitut INPS sechs Jahre nach der Bluttat die Nachkommen von Marco Loiola, die beiden 14 und zwölf Jahre alten Mädchen, dazu auf, die entstandenen Kosten von 124.000 Euro zurückzuerstatten.

Als der Onkel der Mädchen, Alessio Biagi, der nach dem Tod der Schwester die Vormundschaft für die Kinder übernommen hatte und sich seither liebevoll um sie kümmert, den Brief des Sozialfürsorgeinstituts öffnete, fiel er aus allen Wolken. Die finanzielle Hiobsbotschaft verursachte beim Onkel und den beiden Mädchen schlaflose Nächte. Die Erfüllung der Zahlungsaufforderung hätte die Familie in den finanziellen Ruin getrieben und die beiden Mädchen dazu gezwungen, die elterliche Wohnung zu verkaufen.

In ihrer Not gingen Alessio Biagi und die beiden Mädchen an die Öffentlichkeit. „Meine Nichten haben bereits einen sehr hohen Preis bezahlt“, so der Onkel der Mädchen gegenüber der italienischen Tageszeitung „La Repubblica“. Die Ungeheuerlichkeit, sechs Jahre nach dem gewaltsamen Tod der Eltern unschuldige Waisen mit einer riesigen Schadenersatzforderung das zweite Mal zu Opfern zu machen, schlug in der italienischen Öffentlichkeit ein wie eine Bombe. Nur einen Tag nach dem Bekanntwerden der Not der beiden Waisenmädchen nahmen sich mehrere Minister – unter anderem Elena Bonetti, Nunzia Catalfo und Teresa Bellanova, die über Facebook einen Appell an den Präsidenten des INPS, Pasquale Tridico, richtete – sowie der Staatspräsident Sergio Mattarella des Falls an.

Am Sonntag kündigte der Präsident des Sozialfürsorgeinstituts, Pasquale Tridico, an, auf die Rückerstattung der Kosten zu verzichten. Pasquale Tridico erklärte, dass die INPS „seit Langem den Fall verfolge und der Familie Biagi beistehen werde“. Laut den letzten Verlautbarungen werden sich die zuständigen Minister und die Spitzen der INPS in den nächsten Tagen treffen, um für alle Betroffenen – auch für Salvatore Galdiero – eine zufriedenstellende Lösung zu finden. Nach dieser guten Nachricht dankte Alessio Biagi allen, besonders dem Staatspräsidenten, die sich für ihn und die beiden Mädchen eingesetzt hatten.

„Als Staat haben wir die Pflicht, die Opfer von Femiziden zu schützen und nicht, sie zu drangsalieren. Die beiden jungen Frauen haben bereits einen sehr hohen Preis bezahlt“, so Ministerin Teresa Bellanova. Dem ist nichts hinzuzufügen.

Faccio appello al presidente dell'INPS, Pasquale Tridico. A Marina di Massa, nel 2013, Marco Lojola uccise l'ex moglie,…

Pubblicato da Teresa Bellanova su Domenica 8 dicembre 2019

Von: ka