Von: ka
Castiglione delle Stiviere – Das im Lebensmittelbereich tätige Unternehmen Sterilgarda hat an alle seine Mitarbeiter einen Brief gesandt, in dem angekündigt wurde, dass ab September der „Grüne Pass“ für alle Angestellten des Unternehmens verpflichtend sein wird.
Der Mitteilung zufolge wird der betreffende Angestellte andernfalls entweder an einem anderen Arbeitsplatz versetzt oder ohne Gehalt suspendiert. Nachdem der Brief ins Netz gelangt war, ergoss sich über das Unternehmen ein wüster Shitstorm. In einer Vielzahl von Wortmeldungen drohten Impfgegner und Corona-Leugner Sterilgarda damit, seine Produkte zu boykottieren. Am Dienstag teilte das Unternehmen in einer Stellungnahme mit, dass es das Gespräch mit den Gewerkschaften suchen wird.
Das Unternehmen Sterilgarda, das in Castiglione delle Stiviere nördlich von Mantua in der Lombardei ansässig ist, gehört zu den größten obst- und milchverarbeitenden Betrieben Italiens. Am Montag sandte das Unternehmen an alle seine über 300 Mitarbeiter einen Brief, in dem angekündigt wird, dass ab September der „Grüne Pass“ für alle Angestellten des Unternehmens verpflichtend sein wird.
„Wer aufgrund der nicht erfolgten Impfung über keinen ‚Grünen Pass‘ verfügt, wird mit anderen als den üblichen Aufgaben betraut, die das Risiko einer Ansteckung durch den Kontakt mit anderen Arbeitnehmern ausschließen. Diese Versetzung schließt das entsprechende Gehalt mit ein. Falls eine Zuteilung neuer Aufgaben nicht möglich ist oder andere Arbeitnehmer der gleichen Risikosituation aussetzt sind, wird dem betreffenden Arbeitnehmer bis zur Wiederaufnahme der Arbeit unter Aussetzung des Gehalts der Zutritt zum Unternehmen verwehrt“, so Sterilgarda im an seine Mitarbeiter gerichteten Brief, der Stempel und Unterschrift des Präsidenten des Verwaltungsrates, Fernando Sarzi, trägt.
Im Brief wird die Einführung des „Grünen Passes“ mit der Überzeugung des Unternehmens begründet, dass „die Instrumente zur Eindämmung der Pandemie, darunter vor allem die Impfung, unerlässlich sind, um die neuerliche Einführung von Maßnahmen, die die persönliche Freiheit und die Ausübung wirtschaftlicher Tätigkeiten einschränken, zu vermeiden“. Darüber hinaus „vertritt das Unternehmen die Ansicht, dass das Vorzeigen eines gültigen ‚Grünen Passes‘ für den Zugang zum Arbeitsplatz ebenfalls zu den Pflichten der Sorgfalt, der Fairness und des guten Glaubens gehört, auf denen das Arbeitsverhältnis beruht“.
Wenig überraschend gelangte der Brief, der eigentlich nur an die eigenen Mitarbeiter gerichtet war, bald ins Netz, wo er sehr schnell die Aufmerksamkeit der in den sozialen Netzwerken sehr aktiven Impfgegner und Corona-Leugner erregte. Der Shitstorm, der folgte, war gewaltig. Insbesondere die Facebook-Seite von Sterilgarda wurde von protestierenden und zum Boykott aufrufenden Kommentaren und Hasspostings von „No Vax“-Vertretern regelrecht zugeschüttet. Einige Impfgegner und Kritiker des „Grünen Passes“ legten mittels einer Mailbombe kurzzeitig auch die Mailbox von Sterilgarda lahm.
„Ab heute werde ich eure Produkte nicht mehr kaufen“, so der Tenor vieler Wortmeldungen. „Auf meinen Tisch gibt es keinen Platz für Produkte eines Unternehmens, das die Verfassung verletzt und seine Mitarbeiter erpresst“, so ein Nutzer. Einige Impfgegner „versprachen“ Sterilgarda sogar, auch „in Bars und Restaurants danach zu fragen, ob sie eure Produkte verwenden, um sie meiden zu können“.
Allerdings ignorieren die Impfgegner den ersten Teil des Schreibens von Sterilgarda völlig. Im Brief von Sterilgarda wird darauf hingewiesen, dass „die geltenden Rechtsvorschriften für viele Kategorien von Arbeitnehmern bereits heute die obligatorische Impfung gegen Tetanus, Hepatitis-B und Tuberkulose vorsehen“ und dass „die Impfung auch ein ethisches Mittel ist, um die Arbeitnehmer und ihre Familien sowie all diejenigen zu schützen, die aufgrund ihrer Krankheit sich nicht impfen lassen können“.
Bestürzt von den vielen negativen Reaktionen und den Hasskommentaren im Netz veröffentlichte Sterilgarda eine Klarstellung. „In keinem Teil des Briefes wurde mit der Entlassung gedroht. Wir haben darauf hingewiesen, dass das Recht auf Gesundheit von Arbeitnehmern und ihren Familien ebenso geschützt werden muss wie das Recht auf Arbeit“. Zudem unterstreicht Sterilgarda, dass das Unternehmen einen Gesprächstisch mit Gewerkschaftsvertretern und dem zuständigen Arbeitsmediziner einrichten wird, „um gemeinsam mit allen Beteiligten besser einschätzen zu können, wie am besten vorgegangen werden kann, damit niemand in seinen Rechten verletzt wird“. Der Stellungnahme zufolge wartet Sterilgarda darauf, dass „die Regierung und die Sozialpartner eine einvernehmliche Lösung finden, die unser Unternehmen sofort umsetzen wird“.
Der Fall Sterilgarda zeigt anschaulich, wie viel Sprengstoff in der „Grüner Pass“-Pflicht für Mitarbeiter steckt. Experten wie dem angesehenen Arbeitsrechtler Pietro Ichino zufolge ist die Impfpflicht am Arbeitsplatz aber bereits heute „gängige Rechtsprechung“.