Arbeitsrechtler: „Suspendierung für Impfverweigerer gängige Rechtsprechung“

Wegweisendes Urteil: „Ohne Impfung Suspendierung ohne Gehalt“ – VIDEO

Mittwoch, 28. Juli 2021 | 08:02 Uhr

Modena – Das Gericht von Modena, das sich mit dem Fall eines suspendierten Angestellten beschäftigen musste, hat ein wegweisendes Urteil gefällt.

Laut den Richtern, die europäisches und italienisches Recht zitieren, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer, der sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen will, ohne Gehalt vom Dienst suspendieren. „Der Arbeitgeber ist der Garant für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer und Dritter im Unternehmen“, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung. Auf den Richterspruch von Modena angesprochen, erklärt der bekannte Arbeitsrechtler Pietro Ichino, dass die Impfpflicht am Arbeitsplatz bereits heute „gängige Rechtsprechung“ sei.

ANSA/Andrea Fasani

Der Arbeitgeber – so das Gericht von Modena – kann den Arbeitnehmer, der sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen will, ohne Gehalt vom Dienst suspendieren. „Als Garant für die Gesundheit und Sicherheit der Arbeitnehmer und Dritter, die sich aus verschiedenen Gründen in den Räumlichkeiten des Unternehmens aufhalten, ist der Arbeitgeber gemäß Artikel 2087 des Italienischen Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, alle Präventions- und Schutzmaßnahmen zu ergreifen, die zum Schutz der körperlichen Unversehrtheit der Arbeitnehmer erforderlich sind“, so die Richter in ihrer Urteilsbegründung.

Das Gericht beruft sich dabei auch auf eine europäische Richtlinie, laut der seit dem Juni 2020 das Coronavirus zu den biologischen Erregern gehört, gegen die ein Schutz des Arbeitsambientes erforderlich ist. Daraus ergibt sich die Pflicht des Arbeitgebers, sein Arbeitspersonal vor dem Ansteckungsrisiko, gegen das eine Mundnasenschutzmaske als Schutzmaßnahme nicht ausreicht, zu schützen.

ANSA/CIRO FUSCO

In dem Urteil wird darauf hingewiesen, dass die Verweigerung der Impfung zwar nicht zu einer Disziplinarmaßnahme führen, aber Auswirkungen auf die objektive Beurteilung der Eignung des Arbeitnehmers für seinen Arbeitsplatz haben könne. Das bedeutet, dass Impfverweigerer, die in Kontakt mit der Öffentlichkeit oder in geschlossenen Räumen neben ihren Kollegen arbeiten, von der Arbeit und vom Gehalt suspendiert werden dürfen.

ANSA / CIRO FUSCO

Für den bekannten Arbeitsrechtler Pietro Ichino, der sich über das Urteil der Richter aus Modena erfreut zeigt, ist der Richterspruch keine große Überraschung.

Der Arbeitsrechtler, der neben dem Artikel 2087 des Italienischen Zivilgesetzbuchs auch den Artikel 20 des Einheitstextes über Sicherheit und Hygiene am Arbeitsplatz erwähnt, weist darauf hin, dass sich das Urteil zwar auf einem Fall in einem Altersheim bezieht, dieser aber auf einen Zeitraum vor der Einführung der Impfpflicht für das Sanitätspersonal zurückgeht. “Der Richterspruch von Modena kann daher auf jedes Unternehmen angewandt werden, bei dem die Gefahr einer Ansteckung besteht”, meint Pietro Ichino.

Der Arbeitsrechtler fügt im gleichen Atemzug hinzu, dass in mindestens zwei ähnlich gelagerten Rechtsstreitfällen die Gerichte zu ähnlichen Urteilen gelangten. „Man kann von einer sich verfestigenden rechtswissenschaftlichen Orientierung sprechen“, so der Schluss von Pietro Ichino.

https://www.pietroichino.it/Prof. Avv. Pietro Ichino

Auf den Vorschlag des italienischen Unternehmerverbandes „Confindustria“ angesprochen, nur Arbeitern und Angestellten, die mit einem „Grünen Pass“ die erfolgte Impfung nachweisen können, Zutritt zum Arbeitsplatz zu gewähren, meint Pietro Ichino, dass mit Blick auf die ab dem 6. August geltenden Bestimmungen dieses Ansinnen logisch sei.

„Es wäre unsinnig, für den Zugang zu einem öffentlichen Verkehrsmittel oder zu einem Restaurant einen Impfausweis zu verlangen, für den Zugang zu einem Arbeitsplatz in einem geschlossenen Raum, in dem Menschen stundenlang in engem Kontakt miteinander arbeiten, jedoch nicht“, so der Arbeitsrechtler.

Laut Pietro Ichino gilt es als sicher, dass die Regierung Draghi noch innerhalb des Monats August ein Gesetzesdekret oder eine zwischen den Sozialpartnern getroffene, in diese Richtung gehende Vereinbarung verabschieden wird.

Es scheint vieles dafürzusprechen, dass der „Grüne Pass“ auch untertags vom Montag bis Freitag ständiger Begleiter der Italiener sein wird.

Von: ka