Gegen acht Ärzte und Pfleger wird ermittelt – VIDEO

Zoff um OP-Saal: Neugeborenes stirbt wegen Verspätung

Donnerstag, 20. April 2017 | 07:09 Uhr

Bari – Ein gerichtliches Nachspiel hat der tragische Tod eines Neugeborenen am Krankenhaus Di Venere der süditalienischen Stadt Bari, der vor einem Jahr erfolgt war.

Laut den Gutachtern der Staatsanwaltschaft, hätte die Mutter des Neugeborenen einer dringenden Kaiserschnittoperation unterzogen werden müssen, der aber erst mit einer für das ungeborene Leben fatalen Verspätung von eineinhalb Stunden erfolgt war. Laut der Anklage war diese Verspätung auf einem Streit mehrerer Ärzte um die Benutzung eines Operationssaales zurückzuführen.

Twitter/Bari

Aber der Reihe nach. Am 30. April 2016 war die Mutter, die sich in der 41. Schwangerschaftswoche befunden hatte, in Erwartung einer normalen Geburt in das Krankenhaus Di Venere von Bari stationär aufgenommen worden. Am Sonntagabend hatten bei der Frau die Geburtswehen eingesetzt. Am Morgen des darauffolgenden Tages hatten die behandelnden Ärzte festgestellt, dass der Fötus Not leidet, was zur Entscheidung geführt hatte, die Mutter einer sofortigen, dringenden Kaiserschnitt-OP zu unterziehen. Da die beiden OP-Säle des Kreißsaals wegen bereits anberaumter Kaiserschnittoperationen besetzt waren, hatten die Ärzte beschlossen, einen OP-Saal der Abteilung für Chirurgie zu benutzen.

Kurz darauf war es zum schweren Streit mit den Chirurgen gekommen. Der Primar der Abteilung für Chirurgie hatte behauptet, dass er einen Patienten, der wegen eines Blinddarms operiert werden müsse, erwarte und dieser Vorrang hätte. An diesem Punkt sei angemerkt, dass dieser Streit in einer Abteilung mit acht OP-Sälen stattgefunden hatte, von denen aus verschiedenen Gründen aber nur drei zur Verfügung gewesen waren und für alle OPs nur eine Equipe von Anästhesisten vorhanden war.

Der einzige anwesende Anästhesist hatte vorgeschlagen, den Kaiserschnitt vorzuziehen, wobei er aber – so der schriftliche Bericht des Arztes – von den Chirurgen lautstark darauf hingewiesen worden war, dass nur sie Anrecht hätten, im OP-Saal der Chirurgie zu operieren. Der Chirurg meinte hingegen später, dass er damals nicht auf die äußerst ernste Dringlichkeit der Kaiserschnittoperation hingewiesen worden war. Am Ende war die Mutter, die während der Wartezeit nicht von Messgeräten überwacht worden war, erst kurz nach Mittag in den OP-Saal gelangt. Aber da war es für das Leben des Ungeborenen bereits zu spät gewesen. Das kleine Mädchen war noch im Schoß der Mutter von der eigenen Nabelschnur erdrosselt worden.

 

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Aufgrund des Todes des kleinen Mädchens und der „unerklärlichen“ Wartezeit von eineinhalb Stunden eröffnete der Untersuchungsrichter Gaetano De Bari gegen acht Ärzte und Pfleger ein Ermittlungsverfahren. Untersuchungen der Carabinieri der NAS ergaben, dass die verlorene Zeit auf einen lautstarken Streit zurückzuführen war. Laut Angaben der Ermittler kann sich die Anzahl der in diesem traurigen Todesfall involvierten Personen noch verändern.

Was aber bleibt, ist die traurige Gewissheit, dass es sich beim tragischen Tod des kleinen Mädchens zum wiederholten Mal um einen Fall von schweren Missständen im italienischen Gesundheitswesen handelt.

 

Von: ka