Von: luk
Bozen – Im Landtag wurden heute auch Anträge der Fünf-Sterne-Bewegung und der Grünen behandelt.
Beschlussantrag Nr. 421/21: Vereinfachung der Ausschreibungen für öffentliche Bauaufträge #Bürokratieabbau #Klarheit #Tempo (eingebracht vom Abg. Nicolini am 25.03.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1 den Ausbau der Agentur für öffentliche Bauaufträge im Hinblick auf die Einrichtung eines Cockpits in Betracht zu ziehen; 2 zu prüfen, ob in die nächsten Performance-Pläne spezifische Indikatoren aufgenommen werden sollen, die (zumindest in den Bereichen, die in die Zuständigkeit des Landes fallen) eine effektive Verantwortlichkeit der Vergabestellen ermöglichen; 3 die Durchführung einer Studie in Betracht zu ziehen, die alle Schritte aufzeigt, bei denen tatsächlich „Doppelgleisigkeiten” bei der Einreichung der Unterlagen durch die an den Ausschreibungen von Bau-, aber auch von Dienstleistungs- und Lieferaufträgen beteiligten Akteure vorliegen.
“Es ist offensichtlich, dass das komplexe Gesamtpaket an Bestimmungen vereinheitlicht werden müsste – ein Punkt welcher im Einheitstext, der zurzeit ausgearbeitet wird, nur zum Teil umgesetzt wird”, bemerkte Diego Nicolini (5 Sterne Bewegung). “Unserer Meinung nach müsste ein Cockpit eingerichtet werden (Art. 212 des Kodexes sieht dies übrigens auch vor; offiziell wurde es bereits eingerichtet, aber de facto ist es noch nicht betriebsfähig), das die Aufgabe übernimmt, Vorschläge und Änderungen auszuarbeiten und verschiedene Akteure zu koordinieren. Dies geht weit über den konkreten Handlungsspielraum des Südtiroler Landtages hinaus, auch wenn das Cockpit – wie im Gesetz vorgesehen – als Beispiel genommen werden könnte, lässt man seine konkrete und derzeitige Umsetzung einmal beiseite.”
Hanspeter Staffler (Grüne) bestätigte die Komplexität der Materie, die vor allem für kleinere Betriebe eine Herausforderung sei. Für Punkt 1 des Antrags werde es eine Personalaufstockung brauchen, eine Studie, wie in Punkt 3 gefordert, sei sinnvoll. Skeptisch sei er zu Punkt 2.
Paul Köllensperger (Team K) meinte, dass das Landesvergabegesetz weniger auf Entbürokratisierung setze, sondern darauf, die kleinen Betriebe zu begünstigen. Dafür seien die Ausschreibungen nach ATECO-Codes eingeführt worden. Grundsätzlich könne man dem Antrag zustimmen, während es zu Punkt 2 der Klärungen bedürfe.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) verwies auf seine Erfahrung mit Aufträgen und bestätigte, dass sich der bürokratische Aufwand im Laufe der Jahre erhöht habe. Es gehe auch darum, Rekurse zu vermeiden. Repetto sprach sich wie die Vorredner für die Punkte 1 und 3 aus, während er in Punkt 2 einen Widerspruch sah.
LH Arno Kompatscher erinnerte daran, dass das Land im Vergabewesen nur eine eingeschränkte Zuständigkeit habe. Rom habe einige der Südtiroler Verbesserungen übernommen, in letzter Zeit aber gebe es wieder Einwände. Ärgerlich sei es, wenn Rom einen Punkt anfechte, den es inhaltlich teile. Die Vergabeagentur habe bereits die Funktion eines Cockpits, sie sei Beobachtungs- und Servicebehörde für alle Vergabestellen im Lande und sie betreue die digitale Plattform. Die Grundidee des Antrags sei bereits verwirklicht, aber mit einem Abstrich: Man möchte die Vergabeagentur aufstocken, es gebe auch die Mittel dazu, aber man finde momentan die Leute nicht, besonders kein deutschsprachiges Personal. Nicolini fordere mehr Verantwortlichkeit für die Vergabestellen, aber die hohe Zahl von Schadenersatzklagen sei genau der Grund, warum man das Personal nicht finde. Das Problem liege auch bei den Rekursen und bei der Justiz, weniger beim Vergabesystem. Südtirol habe italienweit die allermeisten digitalen Verfahren. Die Rekurse seien mittlerweile zur legalen Erpressung geworden. Eine Reform der Gerichtsverfahren wäre hier die wahre Revolution.
Diego Nicolini präzisierte, dass er mit Punkt 2 die Vergabestellen nicht strafen, sondern prämieren wollte, indem er ihnen mehr Spielraum zuerkenne. Die öffentliche Verwaltung tue sich derzeit allgemein schwer, auch wegen der durchaus notwendigen Zweisprachigkeitspflicht.
Der Antrag wurde in Teilabstimmungen zu den einzelnen Punkten mehrheitlich (mit je 17 Nein) abgelehnt.
Beschlussantrag Nr. 445/21: Vorsicht ist besser als Nachsicht: Präventionsstrategie für Pandemien (eingebracht von den Abg. Foppa, Staffler und Dello Sbarba am 05.05.2021). Der Landtag möge die Landesregierung verpflichten, 1. In den Iter aller politischen Vorhaben verpflichtend eine Gesundheitsfolgenabschätzung in Form des von der WHO empfohlenen Health in all Policy-Ansatzes einzuführen. 2. Für Südtirol wie von der WHO empfohlen einen Rahmenplan zur Eindämmung von Diabetes mit konkreten Handlungsempfehlungen auszuarbeiten. 3. Einen Kriterienkatalog zur „Corporate Health Responsibility“ zu entwerfen, in welchem Maßnahmen für ein gesundheitlich verantwortungsvolles Handeln der Südtiroler Unternehmen herausgefiltert werden sollen. 4. Die Landesbeiträge an die öffentliche Gemeinschaftsverpflegung anzuheben mit der Auflage, die Betreiber:innen müssen diesen Ressourcengewinn in herkunftsnahe, biologische und fair produzierte Produkte investieren. 5. Die Sportstunden an den Südtiroler Grund-, Mittel und Oberschulen auf mindestens drei Schuleinheiten pro Woche anzuheben oder alternativ den Fördersportunterricht auf alle Grund- Mittel und Oberschulen Südtirols auszuweiten, damit in jeder Schulstufe verpflichtend mindestens einmal wöchentlich ein außerschulisches Sportangebot zur Verfügung steht. 6. An den Südtiroler Grund- Mittel und Oberschulen in jeder Schulstufe verpflichtend ein Projekt mit dem Schwerpunktthema „Ernährung“ im Schulkalender zu verankern.
Es sei die erste Pandemie, die unsere Generation miterlebe, aber es müsse nicht die letzte gewesen sein, meinte Brigitte Foppa (Grüne). Umso mehr müsse man sich vorbereiten. Man habe jetzt, nach 5 Mio. Toten gesehen, dass die Impfung die wichtigste Strategie sei, aber auch, dass die Gesundheitsvorsorge wesentlich sei, um der Erkrankung und den schweren Verläufen vorzubeugen. Diabetes sei eine Zivilisationskrankheit, zu deren Eindämmung man viel tun könne. Auch die Unternehmen könnten viel zur Gesundheit ihrer Mitarbeiter beitragen, bei Ergonomie, Arbeitszeiten usw. Gesundes Essen koste mehr, daher sollte die öffentliche Unterstützung für die Gemeinschaftsverpflegung erhöht werden. Bewegungsmangel sei ein Gesundheitsrisiko, daher sollten die Sportstunden erhöht werden.
Franz Ploner (Team K) dankte für den Antrag. Es gehe hier um Primärprävention, die nicht nur die Pandemie betreffe. Es habe einst die Stiftung Vital gegeben, die leider wieder abgeschafft worden sei; was das Amt für Präventionsmedizin mache, sei öffentlich nicht bekannt. Gesundheit müsse in alle Politikentscheidungen einbezogen werden, das sei auch das Motto des finnischen EU-Vorsitzes gewesen. Ploner kündigte die Zustimmung seiner Fraktion an. Punkt 2 sei auf Diabetes Mellitus zu konzentrieren, denn darum gehe es.
Sven Knoll (Süd-Tiroler Freiheit) bat ebenfalls um diese Präzisierung und vermisste genauere Vorgaben zur Gesundheitspolitik der Betriebe. Die japanische Bevölkerung sei bis ins hohe Alter gesund, auch dank der Gymnastik. Man müsse schauen, dass man noch im Alter beweglich bleibe, ansonsten bedeute das auch Kosten für die Allgemeinheit. Bei der Ernährung sei der Antrag blauäugig. Es brauche eine Ernährungskultur, die bereits im Kindesalter vermittelt werden sollte. Sehr gut finde er Punkt 5 zum Sport.
Maria Elisabeth Rieder (Team K) bedauerte die Abschaffung der Stiftung Vital, sie habe eine gute Arbeit begonnen. Im Krankenhaus Bruneck habe man sich nach deren Anstoß viel mit der Gesundheit der Mitarbeiter beschäftigt, viele Ideen und viele Initiativen seien daraus entstanden.
Wenn man über einen solchen Antrag diskutiere, zeige man, dass man schon über die Pandemie hinaus denke, meinte Riccardo Dello Sbarba (Grüne). Es sei wichtig, aus der Pandemie die richtigen Schlüsse zu ziehen. Diese habe vor allem die vorbelasteten Personen betroffen. Daher müsse man danach trachten, widerstandsfähiger zu werden, wenn das nächste Virus komme.
Sandro Repetto (Demokratische Partei – Bürgerlisten) mahnte, dass Punkt 1 nicht zu mehr Bürokratie führen dürfe. Bei der Diabetesvorsorge sollten die Fachärzte eingebunden werden, außerdem sollte der Blick auch auf die Herzerkrankungen ausgedehnt werden. Wichtig sei auch die Gesundheitsvorsorge in den Betrieben. Zu Punkt 4 zu den Mensen werde er sich enthalten, während er Punkt 5 und Punkt 6 zustimmen werde.
Andreas Leiter Reber (Freiheitliche) hielt die einzelnen Vorschläge alle, wenigstens im Grundgedanken, unterstützenswert. Zum Schwerpunkt Ernährung in der Schule gebe es bereits einen Beschluss; das zeige, dass sie dem wahrscheinlich nicht entsprochen habe. Positiv sei Punkt 4 zu den Mensen, in die Vergabekriterien sollten auch die Kilometer zur Anlieferung einfließen.
Die Debatte wird morgen fortgesetzt.
Vor Ende der Sitzung kündigte LR Achammer eine neue Bestimmung zum Elternunterricht an (im Rahmen des Haushaltsgesetzes), welche die Bildungslandesräte morgen dem Landtag vorstellen möchten.