Von: APA/AFP/Reuters
Bangladeschs ehemalige Regierungschefin Sheikh Hasina ist in Abwesenheit wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode verurteilt worden. Ein Gericht in Dhaka sprach die 78-Jährige am Montag wegen des gewaltsamen Vorgehens gegen Massenproteste im vergangenen Jahr schuldig. Hasina, die Bangladesch 15 Jahre lang mit harter Hand regiert hatte, war nach den Protesten nach Indien geflohen und lebt seitdem dort im Exil. Sie sprach von einem “politisch motivierten Urteil”.
“Alle Elemente eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit sind gegeben”, sagte Richter Golam Mortuza Mozumder. Das Gericht habe daher die Todesstrafe gegen Hasina verhängt. Nach der Verkündung des Todesurteils brandete im Gerichtssaal Jubel und Applaus auf. Hasina sprach im indischen Exil von einem “politisch motivierten” Urteil: “Ich habe keine Angst, meinen Anklägern in einem ordentlichen Gericht gegenüberzutreten, in dem Beweise fair abgewogen und geprüft werden können.”
Auch Todesurteil gegen Ex-Innenminister Khan
Das Gericht in Dhaka verhängte nun zudem gegen Bangladeschs ehemaligen Innenminister Asaduzzaman Khan, der ebenfalls in Indien lebt und wegen seiner Rolle während der Unruhen angeklagt war, das Todesurteil. Der frühere Polizeichef Abdullah Al-Mamu erhielt eine fünfjährige Haftstrafe. Er hatte in dem Prozess als Kronzeuge gegen Hasina und Khan ausgesagt.
Der Chefankläger Tajul Islam hatte vor der Urteilsverkündung gesagt, er hoffe, dass der “Durst der Menschen nach Gerechtigkeit” gestillt werde und “das Urteil ein Ende der Verbrechen gegen die Menschlichkeit markiert”.
Die Staatsanwaltschaft hatte fünf Anklagepunkte erhoben, darunter die Unterlassung der Verhinderung von Mord, was unter dem Recht in Bangladesch einem Verbrechen gegen die Menschlichkeit gleichkommt. Im Prozess wurden monatelang Aussagen gehört, in denen im Detail beschrieben wurde, wie Hasina Massenmorde anordnete. Sie selbst hatte den Prozess als “rechtswissenschaftlichen Witz” bezeichnet.
Die Denkfabrik International Crisis Group erklärte, die “politischen Auswirkungen” des Urteils seien “erheblich”. Die Aussichten auf ein politisches Comeback der Ex-Regierungschefin in Bangladesch seien nun “sehr gering”.
Parlamentswahlen Anfang Februar
Das Urteil ist wenige Monate vor den für Anfang Februar erwarteten Parlamentswahlen ausgesprochen worden, von denen Hasinas Partei, die Awami-Liga, ausgeschlossen ist. Es wird befürchtet, dass der Schuldspruch zu neuen Unruhen führen könnte. Gegen das Urteil kann Berufung beim Obersten Gerichtshof eingelegt werden. Hasinas Sohn und Berater, Sajeeb Wazed, sagte der Nachrichtenagentur Reuters jedoch am Vorabend des Urteils, man werde nicht in Berufung gehen, solange keine demokratisch gewählte Regierung unter Beteiligung der Awami-Liga im Amt sei.
Die Staatsanwaltschaft hatte während des monatelangen Prozesses erklärt, sie habe Beweise für einen direkten Befehl Hasinas zur Anwendung tödlicher Gewalt aufgedeckt. Damit sollte der Aufstand im vergangenen Jahr unterdrückt werden. Einem Bericht der Vereinten Nationen zufolge wurden bei den Protesten zwischen dem 15. Juli und dem 5. August 2024 bis zu 1400 Menschen getötet und Tausende weitere verletzt. Es waren die schwersten Gewaltausbrüche in Bangladesch seit dem Unabhängigkeitskrieg von 1971.
Hasina streitet Vorwürfe ab
Die 78-jährige Hasina hatte im Vorfeld die Vorwürfe abgestritten. Sie sei nicht persönlich an der Anwendung tödlicher Gewalt oder anderen mutmaßlichen Verbrechen beteiligt gewesen. Ihr von Staats wegen bestellter Pflichtverteidiger hatte die Anklage als unbegründet bezeichnet und auf Freispruch plädiert.
Seit Hasinas Flucht wird das südasiatische Land mit 170 Millionen Einwohnern von einer Übergangsregierung unter der Leitung des Friedensnobelpreisträgers Muhammad Yunus geführt. Obwohl es seitdem weitgehend friedlich blieb, ist die politische Stabilität noch nicht wiederhergestellt. Im Vorfeld der Urteilsverkündung war die Lage angespannt. Landesweit wurden in den vergangenen Tagen mindestens 30 Sprengsätze gezündet und 26 Fahrzeuge in Brand gesetzt. Auch am Montag wurden die verschärften Sicherheitsvorkehrungen in Dhaka und anderen großen Städten fortgesetzt.




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