Nicht dringende Fälle wegen Ärztemangels nach Hause geschickt

Bozen: Tumultartige Szenen in Erster Hilfe

Montag, 27. März 2017 | 12:03 Uhr

Bozen – Am Bozner Krankenhaus stellt die Notaufnahme ein immer größeres Problem dar. Wegen Ärztemangels kommt man mit der Arbeit nicht mehr nach. Von den 22 vorgesehenen Arztstellen sind lediglich 14 besetzt.

Für die Patienten bedeutet dies stundenlanges Warten. Nicht dringende Fälle wurden nun sogar weggeschickt, wie das Taglatt Dolomiten heute schreibt.

Am Freitag musste erstmals kurzerhand der Grüne Kodex für kaum kritische Fälle vorübergehend ausgesetzt werden. Vier Ärzte haben gekündigt, zwei sind im Krankenstand. Rascher Ersatz ist nicht zu finden. Und generell scheint eine baldige Besserung derzeit nicht in Sicht.

Aufgrund der prekären Lage kam es zu teilweise tumultartigen Szenen. Patienten, die bereits mehrere Stunden auf eine Behandlung gewartet hatten, verloren ihre Geduld. Sogar die Polizei musste kurzzeitig eingreifen, um die teils erhitzten Gemüter wieder zu beruhigen.

Umberto Tait, Direktor des Gesundheitsbezirks Bozen, geht davon aus, dass so ein Fall leider auch in Zukunft wieder eintreten kann.

Wenig Verständnis für den äußerst prekären Gesundheitszustand der Notaufnahme am Landeskrankenhaus zeigt Gesundheitslandesrätin Martha Stocker. „Die Notaufnahme hat ihren Dienst zu versehen“, kommentiert sie den Zwischenfall vom Freitag lapidar. Und dies zu gewährleisten, sei Aufgabe des Gesundheitsbetriebes. Sie sei sich allerdings der prekären Lage in der Bozner Notaufnahme durchaus bewusst. „Aber einerseits sollen wir alle Dienste gewährleisten. Und andererseits werden die von uns ausgearbeiteten Lösungen, wie eben die Werksverträge, vor Gericht angefochten. Und natürlich ist auch die Zweisprachigkeit zu beachten“, sagt Stocker.

Notaufnahme nahe am Kollaps: “60 Prozent der Patienten sind in keiner kritischen Lage”

Bezugnehmend auf die Artikel, die in diesen Tagen in den Tageszeitungen erschienen sind, möchte der Bezirksdirektor Dr. Umberto Tait Folgendes richtig stellen: “Unsere Erste Hilfe ist landesweites Bezugszentrum für Politraumas, Schlaganfälle, akuten Myokardinfarkt, komplexe Brüche des Becken- und Rückenbereiches, der Neurochirurgie, der Gefäß- und Thoraxchirurgie, komplexer Leberläsionen, der interventionellen Radiologie usw. Die medizinische Notfallversorgung wird nicht in der Reihenfolge der Ankunft durchgeführt, sondern ist abhängig von der Schwere der Pathologie der/des Patienten und damit haben die roten, orangen und gelben Kodizes immer Vorrang vor anderen Kodizes. Innerhalb von 24 Stunden nutzen durchschnittlich 250 Personen mit Spitzenwerten von mehr als 300 Personen die Erste Hilfe, in einer sicherlich nicht mehr geeigneten Struktur, die auch nicht in der Lage ist, die Privatsphäre zu gewährleisten.”

“60 Prozent dieser Zugänge sind nicht sehr bzw. nicht kritisch und dem grünen oder blauen Kodex zugeteilt. Patientinnen und Patienten mit grünen und blauen Kodizes werden erst nach den Notfällen bzw. dringenden Fällen behandelt und können daher mehrere Stunden warten bis sie untersucht werden. Unter den grünen Kodex fallen generell leichte Schnittverletzungen, die keine Sehnen betreffen und auch nicht sonderlich bluten, Übelkeit und Erbrechen, Fieber unter 38,5 Grad, Verzerrungen und Verdacht auf Frakturen usw. Bei der Zuteilung der Kodizes wird auf jeden Fall der allgemeine Gesundheitszustand der Person berücksichtigt”, so Tait.

“Aus Gründen höherer Gewalt, wie Krankheiten und Kündigungen, musste die Erste Hilfe die Öffnungszeiten der Ambulatorien des grünen Bereiches (B) reduzieren. Es wird betont, dass mit Sicherheit alle Patientinnen und Patienten, die die Erste Hilfe aufsuchen, behandelt werden, auch wenn mit längeren Wartezeiten zu rechnen ist”, erklärt Tait.

Von: luk

Bezirk: Bozen